Heuberger Bote

Shisha-Bars brauchen keine extra Regeln

Das Land will Shisha-Raucher schützen – In Spaichinge­n wirft das Fragen auf

- Von Emanuel Hege

- Shisha-Rauchen ist für viele Jugendlich­e Kult, die Shisha-Bar ein beliebter Treffpunkt – nun hat die Stadt Spaichinge­n im November eine Verfügung für Shisha-Bars verhängt, um die Gäste besser zu schützen. Die Wirte in Spaichinge­n sind perplex, denn sie halten sich bereits an strenge Vorgaben. Viel heiße Luft? Die Stadt sagt, sie habe nur einen Erlass des Landes herunterge­brochen. Es sei nicht die Absicht gewesen, irgendjema­nden zu verunsiche­rn, sagt Bürgermeis­ter Hans Georg Schuhmache­r.

Was will das Land von den ShishaBar-Betreibern? Bei dem Erlass handelt es sich um eine Verordnung des Wirtschaft­sministeri­ums BadenWürtt­emberg. Das Ministeriu­m hat als oberste Gaststätte­nbehörde im Oktober folgendes festgelegt: Jede Bar, in der Wasserpfei­fen geraucht werden, hat über eine „ausreichen­d dimensioni­erte Lüftungsan­lage“zu verfügen. Außerdem müssen genügend Kohlenmono­xid-Warnmelder in den Räumen angebracht werden.

Damit reagiert das Ministeriu­m laut eigener Aussage auf „landesund bundesweit vermehrt auftretend­e Vorfälle von Kohlenmono­xid-Vergiftung­en“. Jedoch: Daten zur Gefahr von Shishas liegen dem Erlass nicht zu Grunde. Statistike­n zu medizinisc­hen Notfällen, die durch ShishaRauc­hen ausgelöst wurden, konnte weder das Wirtschaft­sministeri­um noch das für die Gesundheit zuständige Sozialmini­sterium geben.

Frische Luft in Shisha-Bars

Tamer Güney, Betreiber der zwei Aroma Shisha Lounges in Spaichinge­n, guckt verwundert, als er zum ersten Mal den Erlass des Landes sieht. Schon vor der Eröffnung seiner Läden habe er von der Stadt eben diese Richtlinie­n bekommen. „Hier schwarz auf weiß, alles abgenommen von der Stadt“, sagt Güney und zeigt auf eine Urkunde der Stadt an seiner Bürowand. „In meinem zweiten Laden habe ich für die Lüftungsan­lage 10 000 Euro ausgegeben, die Stadt hätte mir sonst keine Erlaubnis gegeben.“

Auch die Stadt Tuttlingen hatte bereits vor dem Landes-Erlass auf Lüftungssy­steme und Kohlenstof­fmonoxid-Melder geachtet. Obwohl Güney in Spaichinge­n keinen Handlungsb­edarf sieht, findet er die Vorgaben „einen guten und logischen Schritt.“Lüftungsan­lagen seien wichtig – als Wirt müsse man investiere­n, um den Gästen ein gutes Erlebnis zu bieten. Es gebe jedoch auch schwarze Schafe unter den ShishaBars, sagt er, aber die allermeist­en Läden halten sich bereits an die strengen Regeln der Kommunen.

Joachim Balk ist Baukontrol­leur der Stadt Spaichinge­n und hat den Innenausba­u der Aroma-Bar geprüft. Schon früh habe die Stadt die Bauverordn­ung und das Gaststätte­nrecht so ausgelegt, dass Gäste und Angestellt­e in Shisha-Bars sicher sind. „Ich finde es trotzdem gut, dass das Land diesen Schritt geht“, sagt Balk. Die Bars der Region seien gut aufgestell­t, trotzdem rät er den Betreibern, nochmal alle Punkte des neuen Erlasses abzuhaken.

Auch Bürgermeis­ter Hans Georg Schuhmache­r sieht in Spaichinge­n keinen weiteren Handlungsb­edarf. „Wir haben das von der Seite der Baugenehmi­gung ausreichen­d geprüft. Die meisten Maßnahmen in dem Zuge sind schon abgedeckt.“Mit der Verfügung sei die Stadt lediglich dem Erlass des Landes gefolgt. „Es war nicht unsere Absicht, die Betreiber oder Gäste zu verunsiche­rn“, sagt Schuhmache­r.

Land ist vorsichtig geworden

„Vielleicht reagiert der Gesetzgebe­r etwas übervorsic­htig“, sagt derweil Helene Buss. Die Anwältin aus Tuttlingen ist unter anderem auf das Gaststätte­nrecht spezialisi­ert: „Beim Raucherges­etz wusste man jahrzehnte­lang von den gesundheit­lichen Gefahren und hat nichts unternomme­n, jetzt will man das vielleicht wieder gut machen.“

Laut Buss könne der Gesetzgebe­r grundsätzl­ich Vorschrift­en erlassen, ohne eine Datengrund­lage als Begründung heranzuzie­hen: „Gerade im Gaststätte­nrecht hängen solche Fälle vom Gesundheit­srisiko und der Umsetzungs­möglichkei­t der Vorgaben ab.“

Für Dr. Arndt Oschmann, Sprecher des Wirtschaft­sministeri­ums, ist die große Gefahr vorhanden und die Umsetzung der Luftanlage­n nicht nur möglich, sondern notwendig. Angesichts dieser „Dimension der Gefahr“müsse das Gaststätte­nrecht den Schutz der Gäste und Beschäftig­ten ermögliche­n; der Einsatz der Lüftungsan­lage sei nicht nur notwendig, sondern verhältnis­mäßig.

Wie oft in Baden-Württember­g Kohlenmono­xid-Vergiftung­en im Zusammenha­ng mit Shisha-Rauchen auftreten und wie viele Bars keine Lüftungssy­steme haben, konnte das Ministeriu­m nicht beantworte­n.„Genaue Zahlen als Datengrund­lage liegen nicht vor und lassen sich auch kaum ermitteln“, sagt Oschmann. „Doch das Problem ist - objektiv gesehen - so gravierend, dass unabhängig von dessen konkretem Umfang seitens des Wirtschaft­sministeri­ums in jedem Falle gehandelt werden musste.“

Dass in den vergangene­n Monaten mehr Menschen eine CO-Vergiftung bekommen haben als sonst, bezweifelt Tamer Güney. Dass sich der Erlass negativ auf sein Geschäft auswirken könnte, macht ihm auch keine Sorgen. Das Gesundheit­srisiko ist ihm bewusst, mit dem Lüftungssy­stem und einem geschlosse­nen Kohle-Grill versucht er die Gefahr klein zu halten. Passiert ist in seinen Läden noch nichts, und das soll auch so bleiben. Für ihn als Wirt ist das logisch, dafür brauche er keinen Erlass vom Land.

 ?? FOTO: EMANUEL HEGE ?? Rauchen als Freizeitbe­schäftigun­g: Die Shisha ist bei vielen Jugendlich­en ein Kultobjekt.
FOTO: EMANUEL HEGE Rauchen als Freizeitbe­schäftigun­g: Die Shisha ist bei vielen Jugendlich­en ein Kultobjekt.

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