Shisha-Bars brauchen keine extra Regeln
Das Land will Shisha-Raucher schützen – In Spaichingen wirft das Fragen auf
- Shisha-Rauchen ist für viele Jugendliche Kult, die Shisha-Bar ein beliebter Treffpunkt – nun hat die Stadt Spaichingen im November eine Verfügung für Shisha-Bars verhängt, um die Gäste besser zu schützen. Die Wirte in Spaichingen sind perplex, denn sie halten sich bereits an strenge Vorgaben. Viel heiße Luft? Die Stadt sagt, sie habe nur einen Erlass des Landes heruntergebrochen. Es sei nicht die Absicht gewesen, irgendjemanden zu verunsichern, sagt Bürgermeister Hans Georg Schuhmacher.
Was will das Land von den ShishaBar-Betreibern? Bei dem Erlass handelt es sich um eine Verordnung des Wirtschaftsministeriums BadenWürttemberg. Das Ministerium hat als oberste Gaststättenbehörde im Oktober folgendes festgelegt: Jede Bar, in der Wasserpfeifen geraucht werden, hat über eine „ausreichend dimensionierte Lüftungsanlage“zu verfügen. Außerdem müssen genügend Kohlenmonoxid-Warnmelder in den Räumen angebracht werden.
Damit reagiert das Ministerium laut eigener Aussage auf „landesund bundesweit vermehrt auftretende Vorfälle von Kohlenmonoxid-Vergiftungen“. Jedoch: Daten zur Gefahr von Shishas liegen dem Erlass nicht zu Grunde. Statistiken zu medizinischen Notfällen, die durch ShishaRauchen ausgelöst wurden, konnte weder das Wirtschaftsministerium noch das für die Gesundheit zuständige Sozialministerium geben.
Frische Luft in Shisha-Bars
Tamer Güney, Betreiber der zwei Aroma Shisha Lounges in Spaichingen, guckt verwundert, als er zum ersten Mal den Erlass des Landes sieht. Schon vor der Eröffnung seiner Läden habe er von der Stadt eben diese Richtlinien bekommen. „Hier schwarz auf weiß, alles abgenommen von der Stadt“, sagt Güney und zeigt auf eine Urkunde der Stadt an seiner Bürowand. „In meinem zweiten Laden habe ich für die Lüftungsanlage 10 000 Euro ausgegeben, die Stadt hätte mir sonst keine Erlaubnis gegeben.“
Auch die Stadt Tuttlingen hatte bereits vor dem Landes-Erlass auf Lüftungssysteme und Kohlenstoffmonoxid-Melder geachtet. Obwohl Güney in Spaichingen keinen Handlungsbedarf sieht, findet er die Vorgaben „einen guten und logischen Schritt.“Lüftungsanlagen seien wichtig – als Wirt müsse man investieren, um den Gästen ein gutes Erlebnis zu bieten. Es gebe jedoch auch schwarze Schafe unter den ShishaBars, sagt er, aber die allermeisten Läden halten sich bereits an die strengen Regeln der Kommunen.
Joachim Balk ist Baukontrolleur der Stadt Spaichingen und hat den Innenausbau der Aroma-Bar geprüft. Schon früh habe die Stadt die Bauverordnung und das Gaststättenrecht so ausgelegt, dass Gäste und Angestellte in Shisha-Bars sicher sind. „Ich finde es trotzdem gut, dass das Land diesen Schritt geht“, sagt Balk. Die Bars der Region seien gut aufgestellt, trotzdem rät er den Betreibern, nochmal alle Punkte des neuen Erlasses abzuhaken.
Auch Bürgermeister Hans Georg Schuhmacher sieht in Spaichingen keinen weiteren Handlungsbedarf. „Wir haben das von der Seite der Baugenehmigung ausreichend geprüft. Die meisten Maßnahmen in dem Zuge sind schon abgedeckt.“Mit der Verfügung sei die Stadt lediglich dem Erlass des Landes gefolgt. „Es war nicht unsere Absicht, die Betreiber oder Gäste zu verunsichern“, sagt Schuhmacher.
Land ist vorsichtig geworden
„Vielleicht reagiert der Gesetzgeber etwas übervorsichtig“, sagt derweil Helene Buss. Die Anwältin aus Tuttlingen ist unter anderem auf das Gaststättenrecht spezialisiert: „Beim Rauchergesetz wusste man jahrzehntelang von den gesundheitlichen Gefahren und hat nichts unternommen, jetzt will man das vielleicht wieder gut machen.“
Laut Buss könne der Gesetzgeber grundsätzlich Vorschriften erlassen, ohne eine Datengrundlage als Begründung heranzuziehen: „Gerade im Gaststättenrecht hängen solche Fälle vom Gesundheitsrisiko und der Umsetzungsmöglichkeit der Vorgaben ab.“
Für Dr. Arndt Oschmann, Sprecher des Wirtschaftsministeriums, ist die große Gefahr vorhanden und die Umsetzung der Luftanlagen nicht nur möglich, sondern notwendig. Angesichts dieser „Dimension der Gefahr“müsse das Gaststättenrecht den Schutz der Gäste und Beschäftigten ermöglichen; der Einsatz der Lüftungsanlage sei nicht nur notwendig, sondern verhältnismäßig.
Wie oft in Baden-Württemberg Kohlenmonoxid-Vergiftungen im Zusammenhang mit Shisha-Rauchen auftreten und wie viele Bars keine Lüftungssysteme haben, konnte das Ministerium nicht beantworten.„Genaue Zahlen als Datengrundlage liegen nicht vor und lassen sich auch kaum ermitteln“, sagt Oschmann. „Doch das Problem ist - objektiv gesehen - so gravierend, dass unabhängig von dessen konkretem Umfang seitens des Wirtschaftsministeriums in jedem Falle gehandelt werden musste.“
Dass in den vergangenen Monaten mehr Menschen eine CO-Vergiftung bekommen haben als sonst, bezweifelt Tamer Güney. Dass sich der Erlass negativ auf sein Geschäft auswirken könnte, macht ihm auch keine Sorgen. Das Gesundheitsrisiko ist ihm bewusst, mit dem Lüftungssystem und einem geschlossenen Kohle-Grill versucht er die Gefahr klein zu halten. Passiert ist in seinen Läden noch nichts, und das soll auch so bleiben. Für ihn als Wirt ist das logisch, dafür brauche er keinen Erlass vom Land.