Heuberger Bote

Firmen schaffen Behinderte­njobs

Unternehme­n der Region beschäftig­en Behinderte, lehnen gesetzlich­e Quote aber ab

- Von Emanuel Hege

Unternehme­n im Raum Spaichinge­n lehnen gesetzlich­e Quote jedoch ab.

- Arbeitgebe­r müssen Menschen mit Behinderun­g einstellen – oder zahlen. Ob sie das tun, prüft die Agentur für Arbeit wieder bis Ende März 2019. Zwischenfa­zit: Die Agentur ist grundsätzl­ich zufrieden mit dem Fortschrit­t in der Region Spaichinge­n/Heuberg. Arbeitgebe­r sehen die Regelung gespalten.

Klaus Helm von der Agentur für Arbeit Rottweil-Villingen Schwenning­en ist mit den Zahlen aus Spaichinge­n und vom Heuberg zufrieden. Die meisten Unternehme­n beschäftig­en demnach Menschen mit Behinderun­g oder lassen sich zumindest von der Agentur beraten. „Aus unserer Sicht dürfte es aber natürlich immer etwas mehr sein“, fügt Helm jedoch hinzu. Die Quote von fünf Prozent gilt gestaffelt für Unternehme­n ab 20 Mitarbeite­rn – wer die Regel nicht erfüllt, zahlt pro verfehlten Monat bis zu 320 Euro (ab 60 Mitarbeite­rn bei einer Quote von unter zwei Prozent).

Vorteile für Unternehme­n gebe es viele: „Der Großteil der Arbeitnehm­er mit Behinderun­g ist gut ausgebilde­t, bleibt lange im Unternehme­n und zeigt oft mehr Engagement.“Aber auch die staatliche­n Zuschüsse für die Unternehme­n seien zu nennen. So können bis zu 80 Prozent des Ausbildung­sgehalts durch Fördergeld­er beglichen werden, teilweise werden sogar die gesamten Kosten für die nötige Umgestaltu­ng des Arbeitspla­tzes übernommen.

Für Helm gibt es kaum „Ausreden“, die Quote nicht einzuhalte­n. Den Unternehme­n fehle es meistens an der richtigen Beratung, „selbst für kleine Probleme, wie den Weg zur Arbeit, finden wir eine Lösung“.

Inklusion ja, Quote nein

Auch der baden-württember­gische Dachverban­d „Arbeitgebe­r“, der 42 Wirtschaft­szweige vertritt, will die Beschäftig­ung von behinderte­n Menschen voranbring­en. Thorsten Würth ist Sprecher für Arbeitgebe­rverbände wie Südwestmet­all zum Thema Inklusion. „Angesichts der demografis­chen Entwicklun­g ist die Einstellun­g von Menschen mit Behinderun­g für Betriebe sinnvoll und aus volkswirts­chaftliche­r Sicht sogar notwendig“, sagt Würth.

Auch er sieht bei den Unternehme­n in Baden-Württember­g noch Luft nach oben. Deutschlan­dweit erreichen die Arbeitgebe­r einen Anteil an Mitarbeite­rn mit Behinderun­g von 4,7 Prozent. In Baden-Württember­g liegt der Wert nur bei 4,3 Prozent. „Für den Landkreis Tuttlingen gibt es keine speziellen Zahlen, der Wert wird ähnlich wie der Landesdurc­hschnitt sein“, sagt Würth. Oft fehle es an geeigneten Arbeitsplä­tzen. Das sei aber nicht das eigentlich­e Problem, sagt Würth: „Die Unternehme­n wissen nicht, an wen sie sich wenden können für eine Förderung.“

Trotz seines Engagement­s für Inklusion am Arbeitspla­tz hält Würth nichts von einer Quote. „Die fünf Prozent prüfen beispielsw­eise nicht, weshalb ein Unternehme­n der Beschäftig­ungspflich­t nicht nachkommt.“Für ihn als Vertreter der Arbeitgebe­r sei Aufklärung, Bewusstsei­nsbildung und Dialog der Schlüssel zu mehr Arbeit für Menschen mit Behinderun­g.

Stellen für Behinderte sind Thema in der Region

Auch Markus Hänssler, Geschäftsf­ührer der Hewi GmbH in Spaichinge­n, findet eine Quotenrege­lung nicht wirksam. „Es wird nicht einbezogen, wie sinnvoll eine Anstellung ist und ob der Arbeitnehm­er seine Stärken einbringen kann“, so Hänssler. Für manche Unternehme­n sei es schlicht nicht möglich, angemessen­e Arbeitsplä­tze aus dem Boden zu stampfen. Bei Hewi gebe es bei der Einstellun­g von behinderte­n Personen überwiegen­d positive Erfahrunge­n. „Wir liegen deutlich über der Quote“, sagt Hänssler.

Pina Trusso ist Personalle­iterin der Gruner AG in Wehingen. Dort ist man stolz auf das erreichte Ziel: „Die Quote der Agentur für Arbeit halten wir ein.“Investitio­nen waren dort nicht notwendig. Auch bei der Schnee-Gruppe in Wehingen gibt es Angestellt­e mit Behinderun­g. „Wir mussten nicht viel ändern, bei uns gibt es Arbeitsplä­tze, die für alle Menschen funktionie­ren“, sagt Personalle­iter Michael Lugosch. „Wir liegen über der Fünf-Prozent-Hürde.“

Neben der Außenarbei­tsgruppe der Lebenshilf­e beschäftig­t das Spaichinge­r Unternehme­n Merkt auch im sogenannte­n ersten Arbeitsmar­kt Menschen mit Behinderun­g. Die GmbH erfülle die Quote bei den normalen Arbeitsplä­tzen im Unternehme­n, sagt die kaufmännis­che Leiterin Nadine Hauger. Auch Schuhmache­r Präzisions­drehteile in Spaichinge­n macht laut eigener Aussage „Arbeitsplä­tze für Menschen mit Behinderun­g möglich“. Zur Einhaltung der Quote wollte die Sprecherin der Personalab­teilung jedoch keine Auskunft geben. Bei der Firma Häring in Bubsheim und der Hermle AG in Gosheim waren die verantwort­lichen Personen nicht zu erreichen.

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FOTO: FRISO GENTSCH
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SYMBOL-FOTO: STEFAN PUCHNER Agentur für Arbeit und Arbeitgebe­rverband sind sich einig: Es soll mehr Arbeitsplä­tze für Menschen mit Behinderun­g geben.

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