Firmen schaffen Behindertenjobs
Unternehmen der Region beschäftigen Behinderte, lehnen gesetzliche Quote aber ab
Unternehmen im Raum Spaichingen lehnen gesetzliche Quote jedoch ab.
- Arbeitgeber müssen Menschen mit Behinderung einstellen – oder zahlen. Ob sie das tun, prüft die Agentur für Arbeit wieder bis Ende März 2019. Zwischenfazit: Die Agentur ist grundsätzlich zufrieden mit dem Fortschritt in der Region Spaichingen/Heuberg. Arbeitgeber sehen die Regelung gespalten.
Klaus Helm von der Agentur für Arbeit Rottweil-Villingen Schwenningen ist mit den Zahlen aus Spaichingen und vom Heuberg zufrieden. Die meisten Unternehmen beschäftigen demnach Menschen mit Behinderung oder lassen sich zumindest von der Agentur beraten. „Aus unserer Sicht dürfte es aber natürlich immer etwas mehr sein“, fügt Helm jedoch hinzu. Die Quote von fünf Prozent gilt gestaffelt für Unternehmen ab 20 Mitarbeitern – wer die Regel nicht erfüllt, zahlt pro verfehlten Monat bis zu 320 Euro (ab 60 Mitarbeitern bei einer Quote von unter zwei Prozent).
Vorteile für Unternehmen gebe es viele: „Der Großteil der Arbeitnehmer mit Behinderung ist gut ausgebildet, bleibt lange im Unternehmen und zeigt oft mehr Engagement.“Aber auch die staatlichen Zuschüsse für die Unternehmen seien zu nennen. So können bis zu 80 Prozent des Ausbildungsgehalts durch Fördergelder beglichen werden, teilweise werden sogar die gesamten Kosten für die nötige Umgestaltung des Arbeitsplatzes übernommen.
Für Helm gibt es kaum „Ausreden“, die Quote nicht einzuhalten. Den Unternehmen fehle es meistens an der richtigen Beratung, „selbst für kleine Probleme, wie den Weg zur Arbeit, finden wir eine Lösung“.
Inklusion ja, Quote nein
Auch der baden-württembergische Dachverband „Arbeitgeber“, der 42 Wirtschaftszweige vertritt, will die Beschäftigung von behinderten Menschen voranbringen. Thorsten Würth ist Sprecher für Arbeitgeberverbände wie Südwestmetall zum Thema Inklusion. „Angesichts der demografischen Entwicklung ist die Einstellung von Menschen mit Behinderung für Betriebe sinnvoll und aus volkswirtschaftlicher Sicht sogar notwendig“, sagt Würth.
Auch er sieht bei den Unternehmen in Baden-Württemberg noch Luft nach oben. Deutschlandweit erreichen die Arbeitgeber einen Anteil an Mitarbeitern mit Behinderung von 4,7 Prozent. In Baden-Württemberg liegt der Wert nur bei 4,3 Prozent. „Für den Landkreis Tuttlingen gibt es keine speziellen Zahlen, der Wert wird ähnlich wie der Landesdurchschnitt sein“, sagt Würth. Oft fehle es an geeigneten Arbeitsplätzen. Das sei aber nicht das eigentliche Problem, sagt Würth: „Die Unternehmen wissen nicht, an wen sie sich wenden können für eine Förderung.“
Trotz seines Engagements für Inklusion am Arbeitsplatz hält Würth nichts von einer Quote. „Die fünf Prozent prüfen beispielsweise nicht, weshalb ein Unternehmen der Beschäftigungspflicht nicht nachkommt.“Für ihn als Vertreter der Arbeitgeber sei Aufklärung, Bewusstseinsbildung und Dialog der Schlüssel zu mehr Arbeit für Menschen mit Behinderung.
Stellen für Behinderte sind Thema in der Region
Auch Markus Hänssler, Geschäftsführer der Hewi GmbH in Spaichingen, findet eine Quotenregelung nicht wirksam. „Es wird nicht einbezogen, wie sinnvoll eine Anstellung ist und ob der Arbeitnehmer seine Stärken einbringen kann“, so Hänssler. Für manche Unternehmen sei es schlicht nicht möglich, angemessene Arbeitsplätze aus dem Boden zu stampfen. Bei Hewi gebe es bei der Einstellung von behinderten Personen überwiegend positive Erfahrungen. „Wir liegen deutlich über der Quote“, sagt Hänssler.
Pina Trusso ist Personalleiterin der Gruner AG in Wehingen. Dort ist man stolz auf das erreichte Ziel: „Die Quote der Agentur für Arbeit halten wir ein.“Investitionen waren dort nicht notwendig. Auch bei der Schnee-Gruppe in Wehingen gibt es Angestellte mit Behinderung. „Wir mussten nicht viel ändern, bei uns gibt es Arbeitsplätze, die für alle Menschen funktionieren“, sagt Personalleiter Michael Lugosch. „Wir liegen über der Fünf-Prozent-Hürde.“
Neben der Außenarbeitsgruppe der Lebenshilfe beschäftigt das Spaichinger Unternehmen Merkt auch im sogenannten ersten Arbeitsmarkt Menschen mit Behinderung. Die GmbH erfülle die Quote bei den normalen Arbeitsplätzen im Unternehmen, sagt die kaufmännische Leiterin Nadine Hauger. Auch Schuhmacher Präzisionsdrehteile in Spaichingen macht laut eigener Aussage „Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung möglich“. Zur Einhaltung der Quote wollte die Sprecherin der Personalabteilung jedoch keine Auskunft geben. Bei der Firma Häring in Bubsheim und der Hermle AG in Gosheim waren die verantwortlichen Personen nicht zu erreichen.