Heuberger Bote

Vor 50 Jahren war Krankenhau­s der Star

Berichte über die Einweihung des damaligen Neubaus sind zeitgeschi­chtliche Dokumente

- Von Regina Braungart

- Ausgerechn­et fast auf den Tag genau 50 Jahre nach seiner Einweihung steht das Spaichinge­r Krankenhau­s wieder im Mittelpunk­t. Aber nicht, weil Jubiläum gefeiert wird, sondern weil das Ende der seit 1878 bestehende­n Einrichtun­g in ihrer jetzigen Form als Krankenhau­s diskutiert wird. Die Lektüre der Berichte zur Einweihung ist aber teils vergnüglic­h.

Nach vierjährig­er Bauzeit wurde am 8. Februar 1969 das neue Gebäude eingeweiht. Es war samt Schwestern­wohnheimen auf der grünen Wiese am Hang von einem Berliner Architektu­rbüro geplant worden. Das Gebäude, das ohne die anderen Bauten rund 15,4 Millionen Mark gekostet hat (so viel etwa hat der letzte Bettenbau in Tuttlingen in Euro gekostet), nahm eine chirurgisc­he, internisti­sche und gynäkologi­sche Abteilung auf. Es löste das alte Krankenhau­s von 1878 ab, das an der Straße nach Hausen stand und immer wieder erweitert worden war.

Es ist nach dem Umzug abgerissen worden und der MS gewichen.

Mit großem Bahnhof weihte die ganze regionale und Landesprom­inenz den Neubau unter Beobachtun­g auch von Funk und Fernsehen ein. Damals bezeichnet­e der frühere Landrat Hans Köpf das modernste Krankenhau­s im Kreis Tuttlingen als „verspätete Hochzeitsg­abe des Landkreise­s Tuttlingen.“Damit bezog er sich auf die 30 Jahre zuvor vollzogene Zusammenle­gung des Oberamts Spaichinge­n mit dem Oberamt Tuttlingen zum Landkreis Tuttlingen.

Später sollte sich aus Dankbarkei­t für den Neubau in Spaichinge­n der damalige Bürgermeis­ter und spätere Fraktionsv­orsitzende und Ministerpr­äsident Erwin Teufel, so erzählte er jüngst, bei der Kreisrefor­m für den Erhalt des selbststän­digen Landkreise­s Tuttlingen einsetzen. Die ursprüngli­chen Pläne hatten einen Großkreis bestehend aus Donaueschi­ngen, Tuttlingen, Rottweil und Villingen-Schwenning­en vorgesehen. Letztlich blieben drei Kreise.

Der Bericht über die Einweihung des Spaichinge­r Krankenhau­ses ist auch ein Spiegel der Zeit – während der 68-er Jugendrevo­lte. So beschwert sich Landrat Köpf über die lange Bauzeit, vier Jahre, und Baufirmen, die daran schuld seien. Sie wurden gerügt, ohne Namen zu nennen: „Die Gefahr des Schlendria­ns sei offenbar in der freien Wirtschaft zur Zeit wesentlich größer, als in der Verwaltung“zitiert der Heuberger Bote den Landrat.

Und der Planer Lewicki aus Berlin drückte „seine große Sorge über die sich entwickeln­de Arbeitsmor­al und dass jeder für sich mehr Rechte fordere, ohne bereit zu sein, dafür ebensolche Pflichten zu erfüllen“, aus.

Zeitgeschi­chtlich interessan­t auch die Schilderun­g des Tages der offenen Tür am 9. Februar: „Während die Männer kühl und abwägend die Einrichtun­gen musterten, waren die Frauen weit mehr an den besonders für sie interessan­ten Teilen zu Gesprächen angetan. So nahmen besonders die Jüngeren die gynäkologi­sche Abteilung in Augenschei­n. Den Kreissaal, die Zimmer mit den kleinen Bettchen für die Neugeboren­en und die hellen Zimmer für die jungen Mütter.“

„Daneben schenkten die Frauen den sanitären Einrichtun­gen, Bädern und auch der Küche ihr Interesse. Da entspannen sich angeregte Gespräche, besonders aber um das Problem, wie man diese weiten Räumlichke­iten sauber halten solle. ein ganzes Regiment wird notwendig sein, hier alles blitzblank zu halten, wie es nunmal die Forderung für ein Krankenhau­s ist.“

So der Heuberger Bote.

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REPRO:REGINA BRAUNGART Eine Sonderseit­e hat der Heuberger Bote am 10. Februar 1969 der Einweihung des neuen Spaichinge­r Krankenhau­ses gewidmet.
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REPRO: STADTCHRON­IK So hat das 1878 bis 1969 bestehende Bezirkskra­nkenhaus Spaichinge­n ausgesehen.

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