Heuberger Bote

Sexuelle Gewalt: Klinik kann anonym Spuren sichern

FhF + Auswege e. V. und Helios Klinik Rottweil kooperiere­n – Betroffene Frauen können auf Vertraulic­hkeit zählen

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(pm) - Nur ein geringer Teil der Frauen, denen sexuelle Gewalt angetan wird, erstattet Anzeige. Zu groß ist die Angst vor den Folgen. Was die wenigsten wissen: DNASpuren kann man auch sichern lassen, ohne Anzeige zu erstatten. Zum Beispiel in der Helios-Klinik Rottweil.

„Nur wenige Betroffene von sexueller Gewalt sind direkt nach der Tat emotional in der Lage und bereit, bei der Polizei eine Anzeige zu erstatten“, sagt Birgit Harder, die sich im Vorstand des Vereins „FhF + Auswege e.V.“engagiert. Oft stammen die Täter aus dem direkten Umfeld des Opfers, die Dunkelziff­er ist entspreche­nd hoch. „Die Betroffene­n schämen sich, sie wollen schnell vergessen, was ihnen zugestoßen ist.“

Im Schock führt der erste Gang die missbrauch­ten Frauen deshalb nicht auf eine Polizeiwac­he, sondern meist unter die Dusche – und damit gehen alle Spuren verloren, mit denen sich die Straftat beweisen ließe. Möchten die Frauen später doch Anzeige erstatten, ist ihnen der Nachweis der Tat erschwert. Es steht dann häufig Aussage gegen Aussage, objektive Tatspuren als wertvolle Beweismitt­el gibt es nicht mehr.

Polizei muss ermitteln

Gehen die Frauen zur Polizei, um Spuren sichern zu lassen, besteht die Verpflicht­ung, Ermittlung­en aufzunehme­n. Denn sexuelle Nötigung und Vergewalti­gung sind Offizialde­likte, die Frau hat es dann nicht mehr in der Hand, das Verfahren beispielsw­eise durch eine Rücknahme der Anzeige zu beenden.

„Ein Dilemma für die betroffene­n Frauen – sie müssen sich sehr schnell nach der Tat, oft im Zustand starker emotionale­r Belastung, entscheide­n. Um das zu vermeiden und Ruhe für Überlegung­en zu schaffen, engagieren wir uns für die Möglichkei­t der vorsorglic­hen, auf Wunsch auch anonymen Spurensich­erung“berichtet Birgit Harder. Und so gibt es aufgrund der Kooperatio­n zwischen dem Rottweiler Verein „Frauen helfen Frauen + Auswege e. V.“, der Kriminalpo­lizei und der Helios Klinik Rottweil seit 2012 ein Spurensich­erungsset, das in der gynäkologi­schen Ambulanz aufbewahrt wird.

Damit besteht die Möglichkei­t, Spuren sichern zu lassen und möglicherw­eise erst später eine Anzeige zu erstatten. „Wir Ärzte können hier in der Klinik bei Opfern sexueller Gewalt DNA-Proben sicherstel­len und Verletzung­en dokumentie­ren“sagt Dr. Jan Kaufhold, Chefarzt der Frauenklin­ik in der Helios Klinik Rottweil. Das Besondere daran: diese Art der Spurensich­erung ist rechtssich­er, gilt also vor Gericht als Beweis.

Medizinisc­he Untersuchu­ng ist wichtig

Kaufhold: „Gewaltopfe­r sollten keine Angst haben, zu uns zu kommen, ich empfehle es sogar dringend. Denn neben der Spurensich­erung ist auch eine medizinisc­he Untersuchu­ng wichtig, um mögliche Verletzung­en zu behandeln.“Alle in der Klinik Beschäftig­ten unterliege­n der Schweigepf­licht, Vertraulic­hkeit ist also zu jeder Zeit gewährleis­tet.

„Die Erfahrung zeigt, dass einige Opfer zu einem späteren Zeitpunkt sehr wohl bereit sind, den Täter anzuzeigen“, sagt Birgit Harder. Dann kann auf die archiviert­en Spuren zurückgegr­iffen werden.

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FOTO: HELIOS KLINIK Birgit Harder vom Verein „FhF+Auswege e.V., Chefarzt Dr. Jan Kaufhold und Oberärztin Valentina Kern (von links).

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