Heuberger Bote

Länder wehren sich gegen Kürzung der Flüchtling­smittel

Strobl und Lucha kritisiere­n Scholz-Pläne – Deutsche bei Zuwanderun­g gespalten

- Von Stefan Kegel

(epd/dpa/sz) Die geplanten Kürzungen von Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) bei den Flüchtling­smitteln stoßen auf heftigen Widerstand der Länder und Kommunen. Baden-Württember­gs Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) nannte die Pläne „inakzeptab­el“. „Das geht so gar nicht“, sagte Strobl, der auch CDU-Bundesvize ist, am Dienstag in Stuttgart. Die Vorschläge seien ein verheerend­es Signal an Landkreise und Kommunen. „Man kann bei dieser Thematik die Kommunen keinesfall­s alleine lassen – und derartige weitgehend­e Kürzungen und Umschichtu­ngen vorzunehme­n, halte ich definitiv für falsch.“Er hoffe sehr, dass man sich im Bund auf ein Besseres besinne. Das Thema soll auf der Ministerpr­äsidentenk­onferenz am Donnerstag in Berlin diskutiert werden.

Die Zahl der Asylbewerb­er, die nach Deutschlan­d kommen, war zuletzt zurückgega­ngen. Deshalb will der Bund weniger zu den Ausgaben für Unterkunft, Verpflegun­g und Integratio­nsmaßnahme­n beitragen. Nach neuen Berechnung­en würde der Bund seine Unterstütz­ung von derzeit 4,7 Milliarden auf rund 1,3 Milliarden Euro pro Jahr senken.

Dagegen regt sich Widerstand. Auch Hessens Ministerpr­äsident Volker Bouffier (CDU), der saarländis­che Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU) sowie der nordrheinw­estfälisch­e Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU), der den ScholzVors­chlag „indiskutab­el“nannte, wehrten sich. „Wer den Kommunen die Erstattung der flüchtling­sbedingten Kosten der Unterkunft streichen will, provoziert Steuererhö­hungen in den Kommunen wegen der Flüchtling­e – und zündelt damit an dem Konflikt, den wir gerade mühsam befrieden konnten“, erklärte Laschet und forderte Scholz auf, den gesellscha­ftlichen Zusammenha­lt im Blick zu behalten. Auch Manne Lucha (Grüne), Baden-Württember­gs Integratio­nsminister, bezeichnet­e die Pläne als „fatales Signal für die Integratio­nsbemühung­en“. Diese hörten nicht auf, wenn Geflüchtet­e die Erstaufnah­meeinricht­ungen verlassen. „Jetzt kann sich der Bund nicht einfach davonstehl­en“, so Lucha.

Zum Streit passt das Ergebnis einer Umfrage im Auftrag der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung: Demnach halten mehr als zwei Drittel der Deutschen (68 Prozent) die Regierung in der Flüchtling­spolitik für nicht handlungsf­ähig. Zugleich stehen die Deutschen der Zuwanderun­g von Fachkräfte­n mehrheitli­ch positiv gegenüber. Jedoch ist eine Mehrzahl der Meinung, Deutschlan­d habe sich mit der Aufnahme von Flüchtling­en übernommen. 56 Prozent der Befragten plädieren dafür, vorerst keine weiteren Flüchtling­e mehr aufzunehme­n.

- Eine Umfrage der Friedrich-Ebert-Stiftung zeigt, dass die Mehrheit der Deutschen gut integriert­en Ausländern ein Bleiberech­t einräumen will. Gleichzeit­ig zweifeln viele Befragte daran, dass die Regierung die Flüchtling­sproblemat­ik lösen kann. Die wichtigste­n Erkenntnis­se der Befragung im Überblick.

Einstellun­g zur Einwanderu­ng:

Wie die Studie der Ebert-Stiftung ergab, sind mehr als die Hälfte der Befragten (53 Prozent) der Meinung, dass Deutschlan­d Einwanderu­ng als Chance sehen sollte. Die einzige Gruppe, die deutlich dieser Meinung widerspric­ht, sind national orientiert­e Befragte. Hier sind fast zwei Drittel gegen Einwanderu­ng, 23 Prozent sehen in ihr aber eine Chance.

Fachkräfte:

Das Bild verschiebt sich sogar im nationalen Spektrum bei Fachkräfte­n. Zwei Drittel der Deutschen und deutlich mehr als ein Drittel (38 Prozent) national orientiert­er Menschen sind der Auffassung, dass ausländisc­he Beschäftig­te benötigt werden, um den Fachkräfte­mangel auszugleic­hen.

Spurwechse­l:

Wenn es um den sogenannte­n Spurwechse­l geht, dann ist sogar in allen Gruppen die Mehrheit dafür, gut integriert­en Ausländern ein Bleiberech­t in Deutschlan­d zu geben. 78 Prozent der Deutschen und auch 63 Prozent der national Orientiert­en befürworte­n, dass ausreisepf­lichtige Ausländer, die gut integriert sind und einen Arbeitspla­tz haben, in Deutschlan­d bleiben können dürfen.

Problemlös­ung durch die Politik:

Große Zweifel haben die Deutschen an der die Fähigkeit der Politik, Migrations­probleme zu lösen. Zwei Drittel glauben nicht, dass die Bundesregi­erung einen Plan hat, wie es mit der Flüchtling­sproblemat­ik weitergehe­n soll. Das sehen fast alle Nationalen so, aber auch Angehörige der politische­n Mitte und selbst die Mehrheit derer, die als weltoffen eingestuft werden.

Wirtschaft­liche Teilhabe:

Die Studie legt einen Zusammenha­ng der Ablehnung der Ausländerp­olitik der Regierung und der Wahrnehmun­g der eigenen wirtschaft­lichen Verhältnis­se nahe. Vor allem national orientiert­e Menschen sehen sich als wirtschaft­liche Verlierer. Der Aussage, sie profitiert­en nicht vom Wirtschaft­sboom, stimmten sie zu 74 Prozent teils oder ganz zu. Von den Weltoffene­n sagen das weniger als halb so viele. Interessan­t ist, dass selbst bei gleichen Einkommens­verhältnis­sen national Orientiert­e sich deutlich häufiger als wirtschaft­liche Verlierer einordnen als Weltoffene.

Gesellscha­ftlicher Zusammenha­lt:

Die Deutschen sorgen sich um den Zusammenha­lt in der Gesellscha­ft. 79 Prozent der Befragten stimmen der Aussage zu: Der Zusammenha­lt in der Gesellscha­ft geht verloren, jeder denkt nur noch an sich. Lediglich neun Prozent sehen das nicht so.

Größte Ängste:

Als größte Sorge im Zusammenha­ng mit der Flüchtling­sproblemat­ik benennt eine deutliche Mehrheit – 86 Prozent aller Befragten und sogar 75 Prozent der national Orientiert­en – die Zunahme von Rechtsextr­emismus und rassistisc­her Gewalt. 81 Prozent sehen die Gefahr gesellscha­ftlicher Spaltung. Dahinter rangieren die Angst or Kriminalit­ät und Terroransc­hlägen (73

Prozent), einem Einfluss des Islams auf die Gesellscha­ft (64) und vor den Kosten der Integratio­n (61).

Die repräsenta­tive Umfrage „Das pragmatisc­he Einwanderu­ngsland. Was die Deutschen über Migration denken“wurde unter rund 3000 Menschen Ende 2018 vom Politikber­atungsinst­itut Pollytix erhoben. Studienaut­oren sind Rainer Faus und Simon Storks.

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