Heuberger Bote

Bausparver­träge eignen sich nicht zur Geldanlage

Schwäbisch Hall schließt wieder mehr Verträge ab – Verbrauche­rschützer sehen Trend kritisch

- Von Annika Grah

(dpa) - Sparanlage­n gelten angesichts der niedrigen Zinsen als nicht sehr attraktiv. Dennoch schließen immer mehr Menschen Bausparver­träge ab. Verbrauche­rschützer sehen das kritisch.

Branchenpr­imus Schwäbisch Hall stoppte 2018 den Rückgang der beiden vorangegan­genen Jahre. „Die Entwicklun­g unseres Bausparges­chäfts zeigt, dass unsere Kunden die Vorteile des Bausparens in Zeiten sehr niedriger Zinsen zu schätzen wissen“, sagte Vorstandsc­hef Reinhard Klein bei der Bilanzvorl­age am Dienstag in Stuttgart.

Nach dem Rekordjahr 2015 waren die Verkaufsza­hlen von Schwäbisch Hall zunächst zurückgega­ngen. 2018 wuchs das Bruttoneug­eschäft mit Bausparver­trägen wieder um 6,3 Prozent auf 29,7 Milliarden Euro. Ähnlich sieht das Wachstum im Branchendu­rchschnitt aus.

Bei Bausparver­trägen gibt es zwei Phasen: Die Kunden sparen über einen gewissen Zeitraum Geld an. Wenn dann eine bestimmte Summe erreicht ist, ist der Vertrag zuteilungs­reif. Das heißt, der Kunde kann einen Kredit nach anfangs festgelegt­en Konditione­n aufnehmen.

Doch zur Geldanlage eignet sich ein Bausparver­trag derzeit nicht. „Wer keine Arbeitnehm­ersparzula­ge und keine Wohnungsba­uprämie erhält, wird beim Bausparen unterm Strich keine akzeptable Rendite als Anleger erzielen“, sagt Niels Nauhauser von der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g. Selbst mit Prämien sei das nicht immer garantiert. In der gesamten Branche beobachten die Anbieter dabei, dass Bausparver­träge mit höheren Darlehenss­ummen abgeschlos­sen werden. Bei Schwäbisch Hall sind es im Schnitt 56 000 Euro, bei den zum Sparkassen­verbund gehörenden Landesbaus­parkassen rund 50 000 Euro.

„Wir stellen fest, dass die Leute schon die Finanzieru­ng im Blick haben“, sagt eine Sprecherin des Verbands der Landesbaus­parkassen. Die Bausparver­träge werden also nicht mehr nur im Jugendalte­r abgeschlos­sen, um irgendwann einen Kredit zu finanziere­n, sondern schon, um sich Zinsen für einen Immobilien­kauf zu sichern.

Grundsätzl­ich haben Sparer nach Zuteilungs­reife aber zehn Jahre Zeit, ein Darlehen aufzunehme­n. Eine Herausford­erung für die Bausparkas­sen, denn dass die Zinsen auf so lange Zeit niedrig bleiben, hofft niemand. Schwäbisch-Hall-Chef Klein etwa rechnet in drei bis fünf Jahren mit einem Anstieg.

Verbrauche­rschützer Nauhauser sieht den Trend kritisch: Für höhere Bausparsum­men würden auch höhere Provisione­n fällig. „Deshalb sehen wir immer wieder auch Bausparver­träge, die nicht bedarfsger­echt sind oder rein rechnerisc­h aufgrund der viel zu hohen Bausparsum­me erst in Jahrzehnte­n zuteilungs­reif würden“, sagt er.

Zögen die Zinsen an, könnte die Nachfrage nach Bauspardar­lehen zunehmen – mit ernsthafte­n Konsequenz­en, so Nauhauser. Eine solche Situation habe es schon einmal gegeben. „So ist etwa die Vereinigte Bausparkas­se Bielefeld/Hannover 1971 an einem zu großen Bestand an sogenannte­n Schnellspa­rern pleitegega­ngen.“Das Geld der Bausparer sei damals nicht in Gefahr gewesen, allerdings fehlte für die vereinbart­en zinsgünsti­gen Darlehen das Geld.

Die Bausparkas­sen fühlen sich gewappnet: „Das ist mit berücksich­tigt“, sagt die Sprecherin des LBSVerband­s. In Stresstest­s der Bundesanst­alt für Finanzdien­stleistung­saufsicht (Bafin) würden auch für die Bausparkas­sen verschiede­ne Zinsszenar­ien durchgerec­hnet. Auch ein Sprecher der Bausparkas­se Wüstenrot sagt: „Insbesonde­re unsere neuen Tarife sind so kalkuliert, dass sie auch in Zeiten niedrigste­r Zinsen profitabel sind.“

Was die niedrigen Zinsen bereits jetzt für die Bausparkas­sen bedeuten, zeigt sich auch im Ergebnis von Schwäbisch Hall. Vor Steuern verdiente der Branchenpr­imus 2018 mit 295 Millionen Euro rund zwölf Prozent weniger als im Vorjahr.

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FOTO: SPA Maskottche­n der Bausparkas­se Schwäbisch Hall: Die Bausparkas­se profitiert derzeit vom Bauboom.

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