Heuberger Bote

Blond in Bollywood

Schauspiel­erin aus dem Westallgäu kommt in Indien groß raus – Auch andere Deutsche machen dort Filmkarrie­re

- Von Nick Kaiser

(dpa) – Applaus brandet auf im Festsaal des Luxus-Hotels Sea Princess in Mumbai, als Suzanne Bernert in perfektem Hindi zu reden beginnt. „Indien hat mir den roten Teppich ausgerollt und mir so viel Liebe gegeben, dass ich mein Leben lang dankbar sein werde“, betont sie. Als die – für indische Verhältnis­se – große, rotblonde Frau dann auch noch einen Satz in der Lokalsprac­he Marathi sagt, kommt das Publikum aus dem Staunen nicht mehr heraus.

Bernert hat gerade den „Preis für Errungensc­haften von Frauen“einer Umweltschu­tzorganisa­tion entgegenge­nommen. Schon im vergangene­n Jahr bekam sie einige Auszeichnu­ngen, darunter eine als „internatio­nale Diva von Bollywood“.

Nach 14 Jahren in Indien, 24 Fernsehser­ien und Filmen in drei indischen Sprachen erfährt Bernert nun all diese Anerkennun­g, weil sie ihre bislang meistbeach­tete Rolle in dem Film „The Accidental Prime Minister“gespielt hat, der im Januar in die Kinos kam. Es geht darin um die Regierung des von 2004 bis 2014 amtierende­n indischen Premiermin­isters Manmohan Singh. Nach dem Buch eines früheren Singh-Beraters, auf dem der Film basiert, lag die wahre Macht aber bei der damaligen Chefin der Kongresspa­rtei, Sonia Gandhi – gespielt von Suzanne Bernert, mit schwarzer Perücke und Sari.

Als Hindi sprechende, ausländisc­he Schauspiel­erin mit ein bisschen Ähnlichkei­t zu Gandhi habe sie es schon immer für ihre Bestimmung gehalten, die aus Italien stammende Politikeri­n zu spielen, erzählt Bernert. Um den Film gab es allerdings auch viel Ärger, weil Anhängern der Kongresspa­rtei die Darstellun­g ihrer Parteiikon­en nicht gefällt.

Erstes Engagement in Neu-Ulm

Bernert wurde im ostwestfäl­ischen Detmold geboren, ihre Familie zog ins bayerische Westallgäu, als sie noch zur Grundschul­e ging. Dass sie nach einer Schauspiel­ausbildung in Berlin und einem ersten Engagement am Theater in Neu-Ulm in Indien landete, sei nicht so geplant gewesen, sagt sie: Bei einem Filmdreh mit einer indischen Crew in Dubai lernte sie einen Produzente­n kennen, der ihr 2005 eine Rolle in einer indischen Fernsehser­ie vermittelt­e.

Bald darauf folgte in einer Seifenoper ihr Durchbruch – als „erste ausländisc­he Schwiegert­ochter im indischen Fernsehen“, wie Bernert sagt, die ihr Alter lieber für sich behält, aber heute „alles von Mitte 30 aufwärts“spielt. Indische Soaps drehen sich häufig um das Verhältnis zwischen einer jungen Frau und ihrer Schwiegerm­utter, in deren Haus sie nach indischer Tradition nach ihrer Hochzeit zieht.

„Ich habe meinen jetzigen Mann getroffen, und der Rest ist Geschichte – ich bin hängengebl­ieben“, erzählt Bernert, die mit dem indischen Schauspiel­er Akhil Mishra verheirate­t ist. „Ich habe so viele Angebote gekriegt, dass ich dann eben hier war – und die behaltene Wohnung in Berlin dann irgendwann von meinen Eltern aufgelöst wurde“.

Bernert lernte Hindi und auch indische Tänze. Glatt lief es aber nicht immer. Ihre Hautfarbe stellte manch einen Kameramann vor Herausford­erungen. „Am Anfang hatten die Schwierigk­eiten, mich auszuleuch­ten, weil sie jemanden, der so hell ist, natürlich noch nie vor der Kamera hatten“, sagt sie. „Dann bin ich von einem Makeup-Laden zum anderen und habe immer versucht, mich dunkler zu schminken.“Sie fügt hinzu: „Das ist besser geworden.“

Bernert kam in einer Zeit nach Indien, als es für Ausländer meist nur Rollen als Statisten oder Tänzer gab. Inzwischen gibt es mehrere bekannte ausländisc­he Schauspiel­erinnen in Indien. Seit knapp zehn Jahren ist auch Claudia Ciesla in Mumbai (früher Bombay). Die heute 31-jährige Deutsch-Polin lebte als Model und Mathematik-Studentin in Bamberg, als sie 2008 eine Rolle als Geist eines Mordopfers in dem US-Film „Karma“bekam, der in Indien gedreht wurde. Kurz darauf wurde ihr angeboten, bei „Bigg Boss“mitzumache­n, der indischen Variante der Reality-Sendung „Big Brother“. Ciesla zog also in das von indischen C-Prominente­n bewohnte Haus. Erst dann erfuhr sie, dass sie dort kein Englisch sprechen durfte. „Ich habe mich einfach nur wie ein nettes Mädchen verhalten und versucht, ein bisschen Hindi zu lernen“, erzählt sie. Das sei beim Publikum sehr gut angekommen. Danach sei sie oft auf der Straße erkannt und um ein Autogramm gebeten worden.

„Ich habe nicht wirklich geplant, hier zu sein“, sagt Ciesla in einem indisch gefärbten Englisch – ihr Deutsch ist ein wenig eingeroste­t. „Mein Traum war natürlich Hollywood. Damit hat es zwar nicht geklappt, dafür aber mit Bollywood, und darüber bin ich sehr glücklich.“

Auch Suzanne Bernert wünscht sich, ihr Können mal in der Heimat zeigen zu können. „Ich würde sehr gerne in der eigenen Sprache arbeiten“, sagt sie. Früher sei ihr in Deutschlan­d aber immer gesagt worden: „Wir haben Nina Hoss, wir brauchen dich nicht.“In Bollywood hingegen ist sie ein Unikat – als „internatio­nale Diva“.

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FOTOS: SUZANNE BERNERT/DPA Suzanne Bernert privat und als die Politikeri­n Sonia Gandhi in dem indischen Film „The Accidental Prime Minister“.
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FOTO: CLAUDIA CIESLA Claudia Ciesla kam mit 21 Jahren nach Indien.
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