Demokraten wollen Trump weiter angreifen
Partei fordert ungeschwärzten Mueller-Bericht – US-Präsident bezeichnet Report als unwahr
WASHINGTON (dpa) - Nach der Veröffentlichung des Berichts von Sonderermittler Robert Mueller zur Russland-Affäre kündigen die Demokraten an, die Untersuchungen gegen US-Präsident Donald Trump im Kongress weiterzutreiben. Der demokratische Vorsitzende des Justizausschusses im Repräsentantenhaus, Jerry Nadler, forderte am Freitag unter Strafandrohung bis zum 1. Mai den gesamten Mueller-Bericht ohne Schwärzungen an. Das Gremium will auch Mueller selbst so schnell wie möglich anhören. Führende Demokraten mahnten, Trump müsse für seine Handlungen zur Verantwortung gezogen werden.
Der Präsident kritisierte den Report dagegen scharf. In dem „verrückten Mueller-Bericht“würden zum Teil Aussagen über ihn getroffen, die „fabriziert und total falsch“seien, schrieb Trump am Freitag auf Twitter. Der 72-Jährige bezeichnete die gesamte Untersuchung erneut als illegalen Schwindel, der nie hätte vorkommen dürfen. Auch andere Republikaner mahnten am Freitag, die Debatte müsse nun enden.
Aus dem mehr als 400-seitigen und in Teilen geschwärzten Bericht, der am Donnerstag öffentlich wurde, geht hervor, dass Trump die Russland-Ermittlungen anfangs als ernste Bedrohung seiner Präsidentschaft sah. Als Reaktion auf den Start der Ermittlungen im Frühjahr 2017 soll Trump nach dem Bericht in einer internen Runde gesagt haben: „Oh mein Gott. Das ist furchtbar. Das ist das Ende meiner Präsidentschaft. Ich bin erledigt.“Der Präsident sorgte sich demnach um seine Handlungsfähigkeit in der Regierung.
Mueller hatte fast zwei Jahre lang zwei große Fragenkomplexe untersucht: ob Trumps Team geheime Absprachen mit Vertretern Russlands getroffen hat und ob Trump die Justiz behinderte. Hintergrund ist die mutmaßliche Einmischung Moskaus in den US-Präsidentschaftswahlkampf 2016. Trump hatte die Ermittlungen immer wieder als „Hexenjagd“bezeichnet.
- Als Robert Mueller zum Sonderermittler berufen wurde, um die Russlandakte unter die Lupe zu nehmen, bekam Donald Trump einen Wutanfall. „Oh mein Gott, das ist furchtbar. Das ist das Ende meiner Präsidentschaft“, soll er getobt haben. Es gipfelte in Worten, die man besser in der Originalsprache wiedergibt. „I’m fucked.“
Detailgenau schildert der ehemalige FBI-Chef Mueller, was damals im Weißen Haus passiert ist. Es ist eine bemerkenswerte Passage seines Berichts, den er nach 22 Monaten akribischer Recherche über das schrieb, was Kritiker Trumps die Russlandaffäre nennen. Seit Donnerstag ist der Report publik. Justizminister William Barr hat ihn freigegeben, allerdings mit geschwärzten Passagen. Seit Donnerstag lässt sich auf 448 Seiten nachlesen, was Mueller zu Papier brachte – sehr viel differenzierter, als es Barr im März in verkürzter Form dargelegt hatte.
Pro-Trump-Stimmung im Kreml
Die Regierung Russlands, schreibt Mueller, sei 2016 davon ausgegangen, dass es in ihrem Sinn wäre, wenn demnächst Donald Trump und nicht Hillary Clinton im Oval Office regierte. Daher habe sie den Republikaner unterstützt, daher hätten Hacker im Auftrag des russischen Militärgeheimdiensts die Computer der Parteizentrale der Demokraten attackiert und E-Mails gestohlen, die dann bei Wikileaks veröffentlicht wurden. Trumps Team habe sich Vorteile davon versprochen, resümiert Mueller. Allerdings lasse dies nicht den Schluss zu, dass es sich mit dem Kreml abgesprochen habe, um die Wahl zu beeinflussen.
Brisanter liest sich, was Mueller zum zweiten zentralen Verdachtsmoment zusammengetragen hat: zur Frage, ob Trump die Justiz behinderte, als diese der vermeintlichen „Russia Connection“auf den Grund ging. In vielen Einzelheiten, auch bislang unbekannten, skizziert er, wie energisch sich der Präsident gegen die Nachforschungen stemmte – ohne Skrupel bereit, seine Mitarbeiter zum Gesetzesbruch anzustiften.
Den obersten Rechtsberater der Regierungszentrale, Donald McGahn, rief er an einem Wochenende im Juni 2017 zu Hause an, auf dass er Muellers Entlassung organisiere. Der Jurist weigerte sich, der Anweisung zu folgen. Auch Corey Lewandowski, einst Trumps treu ergebener Kampagnenmanager, soll sich dagegen gewehrt haben, Muellers Arbeit zu behindern. Der Versuch des Präsidenten, Einfluss auf die Untersuchungen zu nehmen, sei daran gescheitert, dass sich Personen in seinem Umfeld weigerten, seine Befehle auszuführen, fasst Mueller zusammen.
Dies gelte auch für James Comey, den damaligen FBI-Direktor, dem Trump nahelegte, Michael Flynn, seinen geschassten Sicherheitsberater, in Ruhe zu lassen. Allein mit Comeys Rauswurf im Mai 2017 sehen Kritiker Trumps den Tatbestand der Justizbehinderung erfüllt. Mueller hingegen überließ es Barr, juristisch zu bewerten, was er an Fakten gesammelt hatte. „Während dieser Bericht nicht feststellt, dass der Präsident eine Straftat begangen hat, entlastet er ihn auch nicht“, schreibt er. Hätte man nach gründlicher Prüfung der Fakten die Gewissheit gehabt, „dass der Präsident die Justiz eindeutig nicht behinderte, hätten wir es auch so formuliert“.
Justizminister Barr stützt Trump
Barr dagegen war vor vier Wochen zu dem Schluss gelangt, dass die Beweise nicht ausreichten, um Anklage gegen Trump zu erheben. Am Donnerstag, als er Muellers Report kurz vor dessen Freigabe vor der Presse kommentierte, ging Barr noch einen Schritt weiter. Noch eindeutiger als erwartet stellte er sich vor den Präsidenten. Trump habe sich nach seinem Amtsantritt in einer Lage befunden, die es so noch nie gegeben habe, sagte er. Im Übrigen, betonte Barr, habe das Weiße Haus ohne Abstriche mit Muellers Team kooperiert.
Bei Mueller liest es sich anders. Zunächst, dokumentiert er, habe man Trump um schriftliche Antworten auf offene Fragen gebeten. Der habe daraufhin in mehr als 30 Fällen erklärt, dass er sich nicht mehr erinnern könne. Daraufhin, so der Sonderermittler, habe er um ein Treffen von Angesicht zu Angesicht gebeten. Trump lehnte ab, womit er dem Rat seiner Anwälte folgte. Die hatten befürchtet, er könnte sich dabei in Widersprüchen verheddern.