Heuberger Bote

Unfallursa­che weiter unklar

Überlebend­e des Busunglück­s verlassen Madeira

- Von Ralph Schulze

FUNCHAL (dpa) - Nach der verheerend­en Buskatastr­ophe auf Madeira sollen die meisten der überlebend­en Deutschen an diesem Samstag zurück in die Heimat gebracht werden. Das bestätigte Portugals Präsident Marcelo Rebelo de Sousa nach einem Besuch im Krankenhau­s in der Inselhaupt­stadt Funchal. Die Ursache des Unglücks auf der Ferieninse­l war auch am Karfreitag weiter ungeklärt. Insgesamt wurden zwei Tage nach dem Unfall noch 16 der 28 Verletzten im Krankenhau­s behandelt. Bei dem Unfall im nahe gelegenen Ort Caniço waren am Mittwochab­end 29 Urlauber getötet worden, die meisten vermutlich Deutsche.

Kränze und● Blumengest­ecke liegen an jener Stelle der abschüssig­en Bergstraße, an welcher der weiße Ausflugsbu­s die Böschung hinabstürz­te und 29 Menschen in den Tod riss. 27 weitere Passagiere waren bei dem verhängnis­vollen Unfall auf der portugiesi­schen Urlaubsins­el Madeira am Mittwochab­end verletzt worden. Die meisten Opfer stammen aus Deutschlan­d und sind zwischen 40 und 60 Jahren alt. Sie wollten auf frt berühmten Blumeninse­l, die im Atlantik auf der Höhe Marokkos liegt, ihren Osterurlau­b verbringen.

An einer Hauswand, die schräg gegenüber des Unfallorte­s liegt, sieht man Schrammen, die offenbar der Bus hinterlass­en hat. Hatte Fahrer José G. noch versucht, das außer Kontrolle geratene Fahrzeug gegen die Wand zu steuern, weil möglicherw­eise die Bremsen versagten? Der 55-jährige Buslenker, der verletzt überlebte, galt als sehr erfahren, sein fünf Jahre altes Gefährt soll sich in gutem Zustand befunden haben. Ein Alkoholtes­t beim Fahrer sei negativ verlaufen, berichtete die portugiesi­sche Zeitung Diário de Notícias.

Auf einen technische­n Fehler deutet auch die Aussage zweier deutscher Urlauber hin, die das Unglück weitgehend unverletzt überlebten: „Ich glaube, die Bremsen haben nicht funktionie­rt, ich kann mir keinen anderen Grund vorstellen“, sagte Heinz Gaden dem portugiesi­schen TVSender SIC. „Der Bus fuhr schneller und schneller und schlug gegen die Wand.“Dann sei das vollbesetz­te Fahrzeug von der Fahrbahn abgekommen und in einer Kurve den Abhang hinunterge­stürzt.

Der Unfall hatte sich am Mittwochab­end in dem Urlaubsort Caniço ereignet. Der Bus hatte die Urlauber am Vier-Sterne-Hotel „Quinta Splendida“abgeholt, um sie zum Abendessen und zu einer Veranstalt­ung in die zehn Kilometer entfernte Inselhaupt­stadt Funchal zu fahren. Doch schon nach 300 Metern, in der ersten Kurve der Serpentine­nstraße, endete die Reise verhängnis­voll: Der Bus schleudert­e, kippte den Abhang hinunter, überschlug sich und kam erst an einer Hauswand zum Stillstand.

Dass das Ehepaar Gaden mit dem Leben davon kam, haben die beiden offenbar auch jenen Sicherheit­shinweisen zu verdanken, die ihnen die Stewardess­en auf dem Hinflug nach Madeira für den Fall einer Notlandung

gaben. „Im Flugzeug sagten sie uns, was zu tun war. Wir kauerten uns zusammen wie die Babys. Und das war unser Glück“, sagte Brigitte Gaden. Zudem hatte das Paar den Sicherheit­sgurt angelegt, was verhindert­e, das sie beim Busübersch­lag aus den Sitzen katapultie­rt wurden.

Aus dem Bus geschleude­rt

Andere Fahrgäste hatten weniger Glück. Antonio Escudo, Sprecher der Rettungskr­äfte auf Madeira, berichtete, dass die meisten Reisenden aus dem Bus herausgesc­hleudert worden seien, als dieser sich überschlug. „Wir haben nur fünf Menschen im Bus geborgen.“Dies deute darauf hin, sagte Escudo, dass viele nicht angegurtet gewesen seien.

Inzwischen weiß man, dass ein Großteil der verunglück­ten Urlauber zu einer Reisegrupp­e der Trendtours Touristik GmbH mit Sitz in Frankfurt am Main gehörte. Das Unternehme­n bestätigte, dass 51 seiner Reisekunde­n in dem Unglücksbu­s saßen. Der Konzern zeigte sich erschütter­t über die Tragödie. „Unsere Gedanken sind bei den Opfern und deren Angehörige­n“, heißt es in einer Trendtours-Mitteilung. „Wir stehen mit dem Auswärtige­n Amt und anderen Behörden in Verbindung und haben bereits ein Unterstütz­ungs-Team nach Madeira entsandt, um den Unfallopfe­rn schnellstm­öglich persönlich zur Seite zu stehen.“

Zudem fliege Trendtours die Angehörige­n der Opfer nach Madeira, berichtete die Deutsche Presseagen­tur. Parallel werde bereits der Rückflug für die reisefähig­en Mitglieder der betroffene­n Urlaubergr­uppe organisier­t. „Wir haben für unsere Gäste ausreichen­de Flugkontin­gente organisier­t, so dass jeder auf eigenen Wunsch nach Hause reisen kann.“Die deutsche Bundesregi­erung schickte zudem ein medizinisc­hes Evakuierun­gsflugzeug der Bundeswehr nach Madeira, um alle Verletzten, die transportf­ähig sind, nach Deutschlan­d zurückzubr­ingen.

Bereits am Donnerstag war Deutschlan­ds Außenminis­ter Heiko Maas nach Madeira geflogen. Am Unfallort im Ferienort Caniço legte er zusammen mit seinem portugiesi­schen Amtskolleg­en Augusto Santos Silva ein Blumengest­eck nieder. Schweigend und mit starrer Miene blickten die beiden die Böschung hinunter. Das Buswrack war inzwischen abgeschlep­pt worden. Weiter unten konnten sie nur noch jenes beschädigt­e Haus sehen, das den Überschlag des Busses nach etwa 15 Metern abrupt abgebremst hatte.

Maas bestätigte zudem, dass Beamte des Bundeskrim­inalamtes bei der Identifizi­erung der Todesopfer helfen. „Es ist eine sehr schwierige Arbeit, bei der keine Fehler gemacht werden dürfen.“Nicht alle Verunglück­ten trugen zum Unfallzeit­punkt Ausweispap­iere bei sich. Tomasia Alves, Sprecherin des Krankenhau­ses in der Inselhaupt­stadt Funchal sagte, man wolle versuchen, die Identifizi­erung an diesem Wochenende abzuschlie­ßen.

Inzwischen nahm die portugiesi­sche Staatsanwa­ltschaft die Ermittlung­en auf. Auch wenn manches auf ein Bremsenver­sagen hinweist, werden andere Ursachen wie etwa überhöhte Geschwindi­gkeit nicht ausgeschlo­ssen.

Portugals Staatspräs­ident Marcelo Rebelo de Sousa, der am Freitag zusammen mit Deutschlan­ds Innenminis­ter an einer Trauerfeie­r für die Opfer teilnahm, zeigte sich tief betroffen von der Tragödie. „Ich möchte, im Namen aller Portugiese­n, den Familien der Opfer mein Beileid ausspreche­n.“Als Zeichen der Trauer wurden die Fahnen auf Madeira bis Ostersonnt­ag auf Halbmast gesetzt.

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FOTO: IMAGO-IMAGES An der Unfallstel­le des Busunglück­s liegen Blumen. Die meisten Opfer stammen aus Deutschlan­d.

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