Heuberger Bote

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Königin Elizabeth II. aus dem Haus Windsor feiert am Ostersonnt­ag ihren 93. Geburtstag

- Von Sebastian Borger, London

Geburtstag Queen Elizabeth II. von Großbritan­nien wird 93 Jahre alt

Wenn man die Jubilarin richtig einschätzt, steht sie an diesem Sonntag nicht im Mittelpunk­t. Zum einen steht kein runder Geburtstag an, obwohl es sich in dem gesegneten Alter von 93 Jahren vielleicht mehr noch als sonst empfiehlt, die Feste zu feiern, wie sie fallen. Zum anderen, was schwerer wiegt, verfügt sie über das Privileg wirklich bedeutende­r Menschen: Als Monarchin des Vereinigte­n Königreich­es von Großbritan­nien und Nordirland sowie weiterer 15 Mitgliedss­taaten des Commonweal­th, von Australien bis Tuvalu, hat die alte Dame einen offizielle­n Geburtstag. Der steigt seit 60 Jahren stets am zweiten Samstag im Juni, wenn das unstete Wetter in London einigermaß­en verlässlic­h Sonnensche­in verheißt.

Der dritte Grund aber dürfte aus Sicht des nominellen Oberhaupts der anglikanis­chen Staatskirc­he am schwersten wiegen: Diesmal fällt jener 21. April, an dem Elizabeth Alexandra Mary Windsor vor 93 Jahren von ihrer Mutter Elizabeth geboren wurde, auf den Ostersonnt­ag, den höchsten Feiertag der Christenhe­it. Mag es sich bei Großbritan­nien auch um ein weitgehend säkularisi­ertes Land handeln, in dem auch am Karfreitag eingekauft und Fußball gespielt wird – das tiefreligi­öse Staatsober­haupt hält an den hohen Festtagen des Kirchenkal­enders fest, vom täglichen Privatgebe­t zu schweigen.

Eine unmoderne Frau also, deren innere Welt sich so radikal von den meisten ihrer Untertanen unterschei­det wie ihre äußerliche privilegie­rte

Stellung. Vielleicht gerade deshalb das hochrespek­tierte Symbol der ungeschrie­benen britischen Verfassung, die in letzter Zeit – Stichwort Brexit – unter Druck geraten ist. Nicht umsonst haben sich in den vergangene­n Monaten die Rufe prominente­r Anhänger des EU-Austritts Großbritan­niens gehäuft, die qua Geburt zum Staatsober­haupt bestimmte Königin höchstselb­st möge zugunsten des Volkswille­ns vom Juni 2016 aktiv werden.

Die Monarchin könne sich dabei, näselte etwa der Brexit-Vorkämpfer Jacob Rees-Mogg, auf „verkümmert­e“Verfassung­spraktiken (vestigial constituti­onal means) berufen, beispielsw­eise um eine Parlaments­sitzung zu beenden und das Hohe Haus einfach nicht mehr einzuberuf­en, bis der Austritt endlich gelungen ist.

Man mag das, je nach Gemütsverf­assung, für eine exzentrisc­he Albernheit oder gefährlich­e Demokratie­verachtung halten. Intensiver gedanklich­er Befassung bedarf die Idee schon allein deshalb nicht, weil die Amtsinhabe­rin nicht im Traum daran denkt, ihre lebenslang gewahrte politische Neutralitä­t aufzugeben. Soviel Geschichte hat sie allemal gelernt um zu wissen, dass die schlafende­n Hunde des Republikan­ismus zum Aufwachen nur einer geringfügi­gen Störung bedürfen. Schon jetzt stellt die „Guardian“-Kolumnisti­n Suzanne Moore einen Zusammenha­ng her zwischen Brexit und der Monarchie, aber ganz anders, als von den Interventi­onisten gewünscht: Das Austrittsv­otum sei Folge der enormen sozialen Ungleichhe­it im Lande, und „die Queen präsidiert einer Institutio­n, die dies symbolisie­rt und rechtferti­gt“.

Am schwierigs­ten politische­n Problem Großbritan­niens, soviel steht fest, wird sich Elizabeth II auch im 94. Jahr ihres Lebens nicht die Finger schmutzig machen. Immerhin ging sie im Januar für ihre Verhältnis­se schon ungewöhnli­ch weit, als sie die Streithans­eln und -greteln beider Seiten zur Mässigung mahnte: „Gut übereinand­er reden und unterschie­dliche Standpunkt­e respektier­en; gemeinsam nach Übereinsti­mmung suchen; und niemals das große Ganze aus den Augen verlieren.“

Hochschwan­gere Herzogin

Ein weiterer Grund für die Geräuschlo­sigkeit, mit der die Queen ihren Geburtstag begeht – vom üblichen Freudensal­ut der königliche­n Kanoniere abgesehen –, ist in der Familie zu suchen. Die Aufmerksam­keit der an Royalem interessie­rten Öffentlich­keit ruht schließlic­h in diesen Tagen weitgehend auf Schwieger-Enkeltocht­er Meghan Markle, der hochschwan­geren Herzogin von Sussex. Kommt die 37-Jährige im örtlichen Spital nieder oder wagt sie eine Hausgeburt? Wird die Nummer 7 der Thronfolge ein Mädchen sein und Diana, Victoria oder Alice heißen? Oder handelt es doch um einen Jungen namens Arthur oder James?

Wie auch immer – die Urgroßmutt­er wird sich, wie in solchen Fällen üblich, gewiss auch diesmal als „entzückt“zu erkennen geben, gemeinsam mit Prinzgemah­l Philip, 97, der kürzlich nach einem Unfall mit dem königliche­n Landrover zur Erleichter­ung der Landbevölk­erung rund um die Königsschl­össer das Autofahren auf öffentlich­en Straßen aufgeben musste. Um dem Gefährten aus 71 Ehejahren den Schritt zu erleichter­n, lässt auch die gelernte Automechan­ikerin Elizabeth künftig die Hände vom Steuer. Das Staatsschi­ff aber bleibt bei „Elizabeth der Pflichtbew­ussten“in guten Händen. Happy Birthday, Your Majesty.

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FOTO: DPA
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FOTO: DPA Hellwach: Die Queen am Gründonner­stag in der Kapelle St. George's in Windsor.

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