Was die Demokraten jetzt vorhaben WASHINGTON
Parteilinke für Amtsenthebung – Sprecherin Pelosi will um andere Themen kämpfen
- Es ist ein einziger, wenn auch relativ langer Satz im Bericht Robert Muellers, der allein schon verdeutlicht, was für ein politisches Tauziehen der Veröffentlichung des Reports noch folgen kann. Wenn der Kongress die Gesetze in Sachen Justizbehinderung auf die korrupte Amtsführung des Präsidenten anwende, schreibt der Sonderermittler, dann stehe dies sowohl im Einklang mit dem Verfassungssystem der „checks and balances“als auch mit dem Prinzip, dass niemand über dem Gesetz stehe. Es ist ein Satz, an dem sich sofort heftiger Streit entzündet hat.
Die Demokraten, zumindest einige ihrer prominentesten Vertreter, lesen ihn als Ermunterung, wenn nicht sogar als Aufforderung zum Handeln. Nach Muellers Ermittlungen, so sehen sie es, liegt der Ball in der Spielhälfte des Parlaments. Wobei, um bei Sport-Metaphern zu bleiben, allenfalls Pause ist, auch wenn Donald Trump das Match mit den Worten „Game over!“für beendet erklärt. Die Republikaner dagegen, jedenfalls diejenigen, die sich bislang zu Wort meldeten, wollen von einer zweiten Halbzeit nichts wissen. In ihren Augen wäre es reine Zeitverschwendung, sollte das Repräsentantenhaus, die von den Demokraten beherrschte Kammer, noch einmal der Frage nachgehen, ob Trump die Justiz behinderte, als er Mueller Knüppel zwischen die Beine zu werfen versuchte.
Jerrold Nadler, demokratischer Parlamentsveteran aus New York, der den Justizausschuss der Abgeordnetenkammer leitet, hat schon jetzt skizziert, was an weiteren Spielzügen folgen soll. Als Nächstes will er den Justizminister William Barr zwingen, seinem Komitee eine unredigierte Fassung des Mueller-Berichts zukommen zu lassen – mit dem vollständigen Beweismaterial, das ihm zugrunde liegt. Nun stehe der Kongress in der Verantwortung, den Präsidenten zur Rechenschaft zu ziehen.
Wie das konkret aussehen soll, daran scheiden sich die Geister, auch in den Reihen der Opposition. Vertreter des linken Flügels der Demokraten fordern, ein Amtsenthebungsverfahren Trumps in Angriff zu nehmen. Soll ein solches Verfahren von Erfolg gekrönt sein, muss aber letztlich eine Zweidrittelmehrheit des Senats die Ablösung des Staatschefs verlangen. Aus heutiger Sicht eine Illusion, wenn man bedenkt, dass die konservative Senatsmehrheit Trump – bis auf wenige Ausnahmen – die Treue hält, kaum ein Wort der Kritik an seiner Amtsführung übend.
In kühler Beurteilung der Lage versucht Nancy Pelosi, die Sprecherin des Repräsentantenhauses, denn auch schon seit Längerem, den Punkt Amtsenthebung aus der Agenda ihrer Partei zu streichen. Ihrer Überzeugung nach sind die Demokraten besser beraten, wenn sie sich auf Probleme konzentrieren, die dem Gros der Wähler unter den Nägeln brennen – von exorbitant teuren Krankenversicherungen bis hin zu stagnierenden Löhnen.