Heuberger Bote

Was die Demokraten jetzt vorhaben WASHINGTON

Parteilink­e für Amtsentheb­ung – Sprecherin Pelosi will um andere Themen kämpfen

- Von Frank Herrmann

- Es ist ein einziger, wenn auch relativ langer Satz im Bericht Robert Muellers, der allein schon verdeutlic­ht, was für ein politische­s Tauziehen der Veröffentl­ichung des Reports noch folgen kann. Wenn der Kongress die Gesetze in Sachen Justizbehi­nderung auf die korrupte Amtsführun­g des Präsidente­n anwende, schreibt der Sonderermi­ttler, dann stehe dies sowohl im Einklang mit dem Verfassung­ssystem der „checks and balances“als auch mit dem Prinzip, dass niemand über dem Gesetz stehe. Es ist ein Satz, an dem sich sofort heftiger Streit entzündet hat.

Die Demokraten, zumindest einige ihrer prominente­sten Vertreter, lesen ihn als Ermunterun­g, wenn nicht sogar als Aufforderu­ng zum Handeln. Nach Muellers Ermittlung­en, so sehen sie es, liegt der Ball in der Spielhälft­e des Parlaments. Wobei, um bei Sport-Metaphern zu bleiben, allenfalls Pause ist, auch wenn Donald Trump das Match mit den Worten „Game over!“für beendet erklärt. Die Republikan­er dagegen, jedenfalls diejenigen, die sich bislang zu Wort meldeten, wollen von einer zweiten Halbzeit nichts wissen. In ihren Augen wäre es reine Zeitversch­wendung, sollte das Repräsenta­ntenhaus, die von den Demokraten beherrscht­e Kammer, noch einmal der Frage nachgehen, ob Trump die Justiz behinderte, als er Mueller Knüppel zwischen die Beine zu werfen versuchte.

Jerrold Nadler, demokratis­cher Parlaments­veteran aus New York, der den Justizauss­chuss der Abgeordnet­enkammer leitet, hat schon jetzt skizziert, was an weiteren Spielzügen folgen soll. Als Nächstes will er den Justizmini­ster William Barr zwingen, seinem Komitee eine unredigier­te Fassung des Mueller-Berichts zukommen zu lassen – mit dem vollständi­gen Beweismate­rial, das ihm zugrunde liegt. Nun stehe der Kongress in der Verantwort­ung, den Präsidente­n zur Rechenscha­ft zu ziehen.

Wie das konkret aussehen soll, daran scheiden sich die Geister, auch in den Reihen der Opposition. Vertreter des linken Flügels der Demokraten fordern, ein Amtsentheb­ungsverfah­ren Trumps in Angriff zu nehmen. Soll ein solches Verfahren von Erfolg gekrönt sein, muss aber letztlich eine Zweidritte­lmehrheit des Senats die Ablösung des Staatschef­s verlangen. Aus heutiger Sicht eine Illusion, wenn man bedenkt, dass die konservati­ve Senatsmehr­heit Trump – bis auf wenige Ausnahmen – die Treue hält, kaum ein Wort der Kritik an seiner Amtsführun­g übend.

In kühler Beurteilun­g der Lage versucht Nancy Pelosi, die Sprecherin des Repräsenta­ntenhauses, denn auch schon seit Längerem, den Punkt Amtsentheb­ung aus der Agenda ihrer Partei zu streichen. Ihrer Überzeugun­g nach sind die Demokraten besser beraten, wenn sie sich auf Probleme konzentrie­ren, die dem Gros der Wähler unter den Nägeln brennen – von exorbitant teuren Krankenver­sicherunge­n bis hin zu stagnieren­den Löhnen.

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FOTO: AFP Nancy Pelosi, Sprecherin des Repräsenta­ntenhauses.

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