Bewährungsprobe für Industriepolitiker Altmaier
Monopolkommission lehnt Zollern-Antrag auf Joint Venture ab – Sigmaringer sind weiter zuversichtlich
- Der Fall eines Unternehmens aus Sigmaringen könnte darüber entscheiden, ob die von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) skizzierte Industriepolitik ein ernstzunehmendes Konzept für die Zukunft – oder doch nur ein Papiertiger ist. Der traditionsreiche schwäbische Maschinenbauer Zollern möchte sein Gleitlagergeschäft mit dem des österreichischen Rivalen Miba in einer Gemeinschaftsfirma fusionieren.
Das Bundeskartellamt hält nichts davon und hat das Joint Venture verboten. Nun hat sich auch die Monopolkommission gegen den Zusammenschluss ausgesprochen. Die Allgemeinwohlgründe, die eine solche Fusion ausnahmsweise möglich machen könnten, seien im Falle von Zollern und Miba nicht gegeben, heißt es in einem am Donnerstag fertiggestellten Gutachten, das der „Schwäbischen Zeitung“vorliegt. Die beiden Antragsteller seien insbesondere bei Gleitlagern für Großmotoren, wie sie in Schiffen und Lokomotiven eingebaut werden, zu stark, sodass potenziellen Kunden nach einer Fusion die Auswahl fehlen würde.
Nun steht noch eine Stellungnahme aus – die von Altmaiers eigenem Ministerium. Und dann muss der Minister im Sommer entscheiden, ob er den Ratschlägen der Behörden folgt – oder ob er sich über sie mit einer Ministererlaubnis hinwegsetzt. Und dafür gebe es gute Gründe – meint auf alle Fälle Zollern-Chef Klaus Erkes. Er sieht den beantragten Zusammenschluss als „prototypisches Beispiel“für die von Altmaier im Januar vorgestellte Industriepolitik.
„In seinen Überlegungen zur Industriepolitik ist Peter Altmeier in der richtigen Richtung unterwegs: Die Märkte entwickeln sich global, deshalb muss man auch die Welt betrachten, wenn es um Wettbewerbspolitik geht“, sagt Erkes im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Die Einschätzung der Monopolkommission ändere erst einmal nichts an der Strategie von Zollern, denn am Ende entscheide der Wirtschaftsminister allein. „Er kann seinem Gewissen folgen und die ersten Einschätzungen aufgrund von volkswirtschaftlichen Überlegungen überstimmen.“Und da sprechen aus Sicht von Klaus Erkes einige Argumente für die Position von Zollern. „Wir machen Geschäfte in einem schrumpfenden Markt, und die Kunden und der Markt gehen nach Asien“, erläutert Erkes. „Vor allem aber: Unsere Aufwendungen für Forschung und Entwicklung verdreifachen sich bei stagnierenden Preisen und einem schrumpfenden Markt: wegen sich verschärfender Umweltauflagen, wegen des wachsenden Konkurrenzdrucks aus Asien und weil wir neue Produkte entwickeln müssen.“Wenn eine Volkswirtschaft also wolle, dass künftig weiterhin Hightech-Produkte in Europa und in Deutschland entstehen, müsse man dafür sorgen, dass die Unternehmen es mit der asiatischen Konkurrenz aufnehmen können.
Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) unterstützt den Vorstoß von Zollern und sieht im Gegensatz zur Monopolkommission die Allgemeinwohlgründe einer Gemeinschaftsfirma sehr wohl als gegeben an. „Angsichts des globalen Konkurrenzkampfes wiegen die gesamtwirtschaftlichen Vorteile und das Interesse der Allgemeinheit mögliche geringfügige Wettbewerbsbeschränkungen auf“, schreibt Hoffmeister-Kraut in einem Brief an Altmaier, der der „Schwäbischen Zeitung“vorliegt. „Ein Zusammenschluss würde den Gleitlagerstandort Deutschland erhalten und stärken und technologisches Knowhow für die deutsche Motoren- und Maschinenbauindustrie bewahren.“
Nun gilt’s, Herr Minister
„Wir wollen kein Geld, wir wollen die Erlaubnis für eine Fusion, damit wir die Forschungskraft und Forschungsexpertise von zwei Mittelständlern zusammenlegen können“, erläutert Zollern-Chef Erkes. Das klingt ganz ähnlich wie die Überlegungen von Peter Altmaier, als er sein Konzept vorstellte, mit dem er europäische Konzerne für den Wettbewerb mit Asien und den USA stärken wollte. Nun gilt es für den Minister: Am Fall des Sigmaringer Unternehmens kann Peter Altmaier zeigen, wie ernst sein Vorstoß gemeint war.