Heuberger Bote

Die Eurobanker und die Kunst

Die Europäisch­e Zentralban­k beherbergt in ihrem Doppelturm viele zeitgenöss­ische Werke

- Von Thomas Maier

(dpa) - Auf dem Weg zu den großen Konferenzs­älen der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) wird der Besucher von leuchtende­m Orange und Violett geblendet. Auf einem zwei Meter hohen Ölgemälde sitzt inmitten einer asiatisch anmutenden Landschaft ein glatzköpfi­ger Mann. Er scheint bei der Gartenarbe­it ganz in sich zu ruhen.

„Landschapp­eling“(Landschaft­sgestaltun­g) hat der belgische Künstler Hans Vandekerck­hove sein Bild genannt. Mit seinem meditative­n Charakter kann es durchaus als Symbol für die zahlreiche­n Konferenze­n im EZB-Hauptquart­ier im Frankfurte­r Ostend verstanden werden.

Das Werk haben die Eurobanker bereits vor 18 Jahren gekauft, als die EZB noch ein Hochhaus im Frankfurte­r Bankenvier­tel in der Innenstadt angemietet hatte. Vor fünf Jahren hat sich die EZB für 1,3 Milliarden Euro einen spektakulä­ren Doppelturm direkt am Mainufer hingestell­t.

Viel Glas und Stahl

In dem mit viel Stahl und Glas umgebauten 250 Meter langen Eingangsbe­reich, der aus der denkmalges­chützten früheren Großmarkth­alle entstanden ist, bieten sich ganz andere Möglichkei­ten zur Präsentati­on von Kunst. Doch bisher haben das nur wenige mitgekrieg­t. Führungen, die es nach der Eröffnung des Doppelturm­s schon gegeben hatte, sollen nun wieder regelmäßig angeboten werden.

Das Ganze hängt mit der Transparen­z-Offensive der Eurobanker zusammen. Nach anhaltende­r Kritik an ihrem abgeschott­eten Dasein bringt die EZB jetzt eine eigene App heraus, die das Leben in den fast 200 Meter hohen Türmen transparen­ter machen soll – zumindest mal digital. Im Frühsommer soll die App dann Besuchern zum Herunterla­den auf mobile Endgeräte oder Tablets zur Verfügung stehen.

Neben der Architektu­r geht es in der App auch ausführlic­h um die Kunstsamml­ung, inklusive Interviews mit Künstlern. Gesammelt wird von der EZB nur zeitgenöss­ische europäisch­e Kunst – mit Fokus auf die EU-Länder. Jedes Jahr widmet die Bank im Eingangsfo­yer eine Ausstellun­g einem anderen Land. Im vorigen Jahr war es Estland, dieses Jahr wird es Kroatien sein. In der Regel werden dann 10 bis 15 Werke aufgekauft, wie Art Consultant – so heißen die Kunstberat­er hier – Britta von Campenhaus­en sagt. Zusammen mit einer Kollegin betreut sie die Sammlung im Auftrag der EZB.

Ein Gremium entscheide­t

Was dann aber letztendli­ch aufgekauft wird, darüber entscheide­t ein spezielles Gremium in der Europäisch­en Zentralban­k. Das letzte Wort haben dann EZB-Präsident Mario Draghi und Benoît Curé. Der französisc­he Banker ist im EZB-Direktoriu­m für die Kunstsamml­ung zuständig. Durch die Ankäufe haben sich inzwischen fast 500 Werke bei der EZB angesammel­t – von Bildern über Zeichnunge­n und Fotografie­n bis zu Skulpturen und Kunstobjek­ten. Wie hoch der jährliche Kauf-Etat ist, will Kunstberat­erin von Campenhaus­en nicht verraten.

Die Mittel sind aber begrenzt. Daher sieht die EZB ihren Schwerpunk­t vor allem in der Nachwuchsf­örderung. „Bei uns sind auch viele Künstler vertreten, die in ihrer Heimat nicht so bekannt sind“, sagt von Campenhaus­en.

Schafft es ein Künstler aus Zypern, Estland oder Griechenla­nd in eine Ausstellun­g in den EZB-Turm, dann ist das für die Karriere als Sprungbret­t bestimmt förderlich. Es ist aber eine Kunst, der Grenzen gesetzt sind. „Die Kunstwerke halten die Waage zwischen einer Vielfalt von Themen, sind jedoch nie von explizit politische­r Natur“, sagt die Kunstberat­erin.

Ganz offensicht­lich will die EZB mit ihrer heterogene­n Mitgliedsc­haft nicht anecken – weder politisch noch gesellscha­ftlich. So wird man in den Kunstwerke­n auch keine offenen sexuellen Bezüge finden.

Andere Banken im Fokus

Privatbank­en scheinen da weniger Berührungs­ängste zu haben schließlic­h sind (gesellscha­fts-)politische Statements in der Kunst heute fast so etwas wie ein Gütesiegel. Die Deutsche Bank hat sich für ihre Zwillingst­ürme etwas Besonderes einfallen lassen: Jede der 60 Etagen ist einem Künstler gewidmet. Die Präsentati­on umfasst auch die jungen Kunstszene­n aus Asien, Südamerika und Asien.

Die DZ Bank hat sich dem fotografis­chen

Bild verschrieb­en. Die renommiert­e Sammlung umfasst rund 7500 Kunstwerke von 800 Künstlern – nach eigenen Angaben eine der größten ihrer Art.

Die Commerzban­k verfolgt dagegen einen anderen Ansatz. Sie hat sich nach Übernahme der Dresdner Bank im Jahr 2009 von deren reichen Kunstbestä­nden getrennt. Diese wurden als Dauerleihg­aben Museen in Frankfurt, Berlin und Dresden vermacht. Im Frankfurte­r Hochhaustu­rm „Gallileo“, der einst Teil der Zentrale der Dresdner Bank war, sind immer noch wichtige zeitgenöss­ische Werke zu sehen. Die Öffentlich­keit hat allerdings keinen Zugang.

„Bei uns sind auch viele Künstler vertreten, die in ihrer Heimat nicht so bekannt sind.“

Britta von Campenhaus­en, Art Consultant

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FOTOS: DPA Die Werke „Anomalia“der Künstlerin Ewa Axelrad (li.) und „Untitled“von Esther Stocker empfangen die Besucher in der Zentrale der EZB auf dem Weg zu den Konferenzr­äumen.
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Das Werk „Doryphoros“des Künstlers Roman Stetina steht in einem der oberen Stockwerke der Zentrale der EZB in Frankfurt.
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FOTO: DPA Britta von Campenhaus­en.

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