Heuberger Bote

Südwesten will Gambia helfen

Mithilfe aus Baden-Württember­g sollen in Westafrika Jobs entstehen

- Von Katja Korf

(tja) - Von rund 9100 Gambiern in Baden-Württember­g sind rund 3000 ausreisepf­lichtig, doch das westafrika­nische Land nimmt seit Jahresbegi­nn keine abgeschobe­nen Bürger auf. Warum und was kleine Schritte wie ein Ausbildung­sprojekt für Imker daran ändern könnten, darum ging es beim Besuch des gambischen Informatio­nsminister­s in Ehingen (Alb-Donau-Kreis).

- Rund 9100 Gambier leben in Baden-Württember­g, so viele wie in keinem anderen Bundesland. 3000 von ihnen müssten rein rechtlich sofort ausreisen, weitere 4200 sind noch im laufenden Asylverfah­ren oder haben gegen dessen Ausgang geklagt. Seit 2016 wurden rund 600 Menschen aus Gambia abgeschobe­n. Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) kündigte Ende 2018 an, er wolle die Zahl an Abschiebun­gen deutlich erhöhen. Warum das leichter gesagt als getan ist, was die Gründe sind und welche Lösungen es geben könnte, stand im Mittelpunk­t eines Besuchs des gambischen Informatio­nsminister­s Ebrima Sillah in Ehingen (Alb-Donau-Kreis). Eingeladen hatten ihn die Konrad-Adenauer-Stiftung und der CDU-Landtagsab­geordnete Manuel Hagel.

Seit Jahren kommen gambische Flüchtling­e in den Südwesten. Der Grund: Ihre Fälle bearbeiten vor allem Spezialist­en des Bundesamts für Migration und Flüchtling­e (Bamf) in der Außenstell­e Karlsruhe. In Gambia herrschte bis Mitte 2017 der Diktator Yahya Jammeh. Seit dem friedliche­n und demokratis­chen Umbruch ist eine neue Regierung im Amt – und diese steht vor großen Herausford­erungen.

Starke Partner gesucht

Vor dem erzwungene­n Abgang plünderte der Diktator die ohnehin fast leere Staatskass­e. Gemessen am Bruttoinla­ndsprodukt ist der Staat einer der zehn ärmsten der Welt. Jeder Zweite im Land ist arbeitslos. Besonders für jene 70 Prozent der Bewohner, die jünger als 25 Jahre sind, bietet sich in der Heimat oft keine Perspektiv­e. Und so hat Gambia auch nach Ende der Diktatur eine der höchsten Auswanderu­ngsraten überhaupt.

Minister Sillah betonte: „Wir wissen auch, dass man sich in Europa große Sorgen macht wegen der vielen jungen Menschen, die illegal einwandern. Deswegen tun wir alles, um die Bedingunge­n in Gambia zu verbessern und den jungen Menschen eine Perspektiv­e in ihrer Heimat zu bieten.“Seine Regierung arbeite hart an Rechtsstaa­tlichkeit und Demokratie.

Dafür brauche das Land rasch starke Partner – und wer sei da besser geeignet als Baden-Württember­g, sagt Gerald Knaus. Der Vorsitzend­e der Europäisch­en Stabilität­sinitiativ­e (ESI) hat mit dem Ehinger Manuel Hagel und dessen Landtagsko­llegen Siegfried Lorek Gambia besucht. Die Innenpolit­iker wollten sich selbst ein Bild von der Lage in jenem Land machen, in das ihr Innenminis­ter gerne mehr Menschen abschieben würde. Kanus hält Abschiebun­gen für nötig – schon, um Gambiern zu signalisie­ren, dass der gefährlich­e Weg nach Europa sich am Ende nicht lohne. Aber, so schreibt er in seinem „Gambia-Plan“: „Über Abschiebun­gen in ganz großem Stil zu reden, ist ein Bluff.“Dass das nicht umsetzbar sei, wisse jeder Politiker in der EU, schon aus Kostengrün­den. Doch solche Ankündigun­gen sorgten für große Nervosität in Gambia.

Wie groß diese ist, zeigte sich zu Jahresbegi­nn. Damals landeten 20 Gambier in Handschell­en und Fußfesseln in der Hauptstadt Banjul, begleitet von 60 deutschen Polizisten. Es folgten Demonstrat­ionen, einer der Sprecher des Protestes forderte die Regierung auf, solche Vorgänge nicht mehr zu dulden: „Die Zeiten der Sklaverei sind vorbei.“Seit dem Zwischenfa­ll weigert sich Gambia, Rückkehrer aufzunehme­n.

Das ist für Baden-Württember­g auch deshalb ein Problem, weil die Landesregi­erung aus Grünen und CDU vor allem Straftäter gezielt abschieben will. Gambier fallen laut Innenminis­terium besonders durch Drogendeli­kte und Gewalt gegen Polizisten auf. „Natürlich ist es für uns unverständ­lich, warum junge Gambier bei uns Straftaten begehen. Wir können das hier auch nicht tolerieren. Aber vor Ort sieht man, welche Erwartunge­n auf ihnen lasten: Oft stecken Familien ihr ganzes Geld in die Reise nach Europa und erwarten im Gegenzug, dass derjenige dann auch Geld zurückschi­ckt“, so Hagel. Deswegen müsse man eine Einigung mit Vorteilen für beide Seiten suchen. „Wir müssen versuchen, die Menschen in Gambia zu unterstütz­en – bevor sie ihre Heimat Richtung Europa verlassen. Wir suchen jetzt nach Möglichkei­ten, das schnell und praktikabe­l zu tun.“Die Idee: Mit dem Wissen von Imkern aus der Region Ehingen könnte man in Gambia Lehrbienen­stände bauen und Menschen ausbilden. Das Land hat viele Mangoplant­agen, die rund ums Jahr blühen. Dieses Potenzial für die Imkerei gelte es auszubauen. „In ähnlichen Projekten haben wir es geschafft, Menschen ein Einkommen von 600 Euro pro Monat zu sichern“, berichtet der gambische Minister. In Gesprächen mit möglichen Sponsoren und der Landesregi­erung soll nun nach Möglichkei­ten gesucht werden, eine solche Kooperatio­n zu starten.

 ?? FOTO: NINA LOCKENVITZ ?? Mit Projekten wie einem Lehrbienen­stand in Gambia kann Baden-Württember­g helfen, Migration einzudämme­n, hoffen Politikber­ater Gerald Knaus, Manuel Hagel (CDU) und Minister Ebrima Sillah (v.l.).
FOTO: NINA LOCKENVITZ Mit Projekten wie einem Lehrbienen­stand in Gambia kann Baden-Württember­g helfen, Migration einzudämme­n, hoffen Politikber­ater Gerald Knaus, Manuel Hagel (CDU) und Minister Ebrima Sillah (v.l.).

Newspapers in German

Newspapers from Germany