Heuberger Bote

Wochen der sozialdemo­kratischen Hoffnung

Die SPD beschließt ihre Kandidaten­tour für den Parteivors­itz – Die Urwahl verspricht, spannend zu werden

- Von Patrik Stäbler

- An der Decke im Löwenbräuk­eller baumeln weiß-blaue Banderolen, Brezen, Lebkuchenh­erzen – womöglich ein Überbleibs­el der Oktoberfes­tzeit. Die Dekoration wirkt doch etwas unpassend für diese 23. und letzte Regionalko­nferenz der SPD in München – einerseits. Anderersei­ts stehen auf einem der Lebkuchenh­erzen in Zuckerguss­schrift drei Worte geschriebe­n, die den Gemütszust­and der Sozialdemo­kratischen Partei Deutschlan­ds auf den Punkt bringt: „Du fehlst uns.“

Die SPD sucht nach einer neuen Parteispit­ze. Und um diese zu finden, haben die Sozialdemo­kraten den anfangs noch acht BewerberDu­os sowie den früh ausgeschie­denen Einzelkand­idaten Karl-Heinz Brunner auf eine Mammuttour­nee geschickt. 23 Konferenze­n im ganzen Bundesgebi­et, in gerade mal 38 Tagen, stets nach dem gleichen Schema. Doch der Aufwand habe sich gelohnt, findet Saskia Esken. „Das zeigt allein der Zulauf bei den Veranstalt­ungen“, sagt sie. Die Bundestags­abgeordnet­e aus dem Schwarzwal­d geht mit dem früheren Finanzmini­ster von Nordrhein-Westfalen, Norbert Walter-Borjans, ins Rennen.

Auch in München ist der Löwenbräuk­eller gerappelt voll: Fast 1000 Menschen drängen sich im Saal. Dieser Andrang ist es wohl auch, der Generalsek­retär Lars Klingbeil bei seiner Begrüßung dazu verleitet, die Sozialdemo­kraten im Freistaat als „starke SPD“zu bezeichnen – eine Formulieru­ng, die angesichts der 9,7 Prozent bei der jüngsten Landtagswa­hl mehr als wagemutig ist.

Bleibt die Frage, wer als Favorit ins Rennen geht, wenn die rund 425 000 SPD-Mitglieder bis 25. Oktober über ihr Spitzenduo abstimmen. So recht weiß das niemand. Sicher nicht neue SPD-Chefin wird die Ulmer Bundestags­abgeordnet­e Hilde Mattheis, die mit Verdi-Chefökonom Dierk Hirschel als linkestes Bewerberte­am angetreten war.

Mattheis ist aus dem Rennen

Mattheis/Hirschel ziehen sich in München aus dem Rennen zurück, „um die Chancen für eine linke Kandidatur zu erhöhen“, so Hirschel. Und Hilde Mattheis bittet zum Abschied: „Guckt nach einer Alternativ­e und nicht nach einem Weiter so.“

Dieser Satz lässt sich als Spitze gegen Olaf Scholz verstehen, den Etablierte­sten unter den Kandidaten. Der Bundesfina­nzminister, der mit der Brandenbur­gerin Klara Geywitz antritt, wird im Löwenbräuk­eller verhalten begrüßt.

Felix Lang, SPD-Mitglied in einem Münchner Ortsverein, würde lieber ein Team wie Gesine Schwan und Ralf Stegner oder Nina Scheer und Karl Lauterbach an der Parteispit­ze sehen. Vor allem Lauterbach und Stegner ernten in München viel Beifall – Ersterer, wenn er mantraarti­g den Austritt aus der Großen Koalition fordert; Zweiterer, wenn er laute und schnelle Wortsalven durch den Saal schnoddert. „Die Leute müssen uns nicht alle mögen“, ruft Stegner. „Die Gegner schon gar nicht, die sollen uns fürchten.“

Lauterbach/Scheer und Stegner/ Schwan könnten sich jedoch gegenseiti­g Stimmen wegnehmen – was auch für das ebenfalls linke Duo Esken/Walter-Borjans gilt. Ungleich weniger angriffslu­stig geben sich der eher konservati­ve niedersäch­sische Innenminis­ter Boris Pistorius und Petra Köpping. Das jüngste Duo im Kandidaten­feld, Christina Kampmann (39) und Michael Roth (49), setzt auf gute Laune und freche Sprüche. „Ich war Standesbea­mtin und habe Menschen für immer glücklich gemacht“, sagt Kampmann. „Ich weiß, wann es Zeit ist, Ja zu sagen.“

Zu welchem Bewerberte­am die meisten Sozialdemo­kraten Ja sagen? Das weiß man erst am 26. Oktober, wenn die Ergebnisse der Mitglieder­befragung verkündet werden. Sollte dann – wie allseits erwartet – keines der sechs Duos eine absolute Mehrheit erreichen, gehen die zwei Erstplatzi­erten in eine Stichwahl.

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FOTO: LINO MIRGELER SPD-Generalsek­retär Lars Klingbeil bei der Regionalko­nferenz in München.

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