Foodwatch contra Klöckner
Debatte um Verantwortung für Lebensmittelskandale
(dpa) - Listerien in der Wurst, Durchfallerreger in der Milch, Plastik im Brot: Regelmäßig rufen Hersteller Lebensmittel wegen Verunreinigungen zurück. Zwar sollen Kontrollen die Sicherheit der Produkte gewährleisten. Doch die jüngsten Vorfälle um keimbelastete Wurst und Milch zeigen Schwächen des derzeitigen Kontrollsystems. Nun ist eine Debatte entbrannt, wer dafür die Verantwortung trägt.
Ernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) nahm am Wochenende die Bundesländer für die Lebensmittelkontrollen in die Pflicht. „Ich lege Wert darauf, wenn die Länder stets ihre Zuständigkeit hier betonen, dass sie ihrer Verantwortung auch mit ausreichend Personal für diese Aufgabe gerecht werden“, sagte sie der „Bild“-Zeitung. „Die Länder müssen bereit sein, über stärkere Konzentration und Bündelung von Verantwortlichkeiten zu sprechen, um die Lebensmittelkontrolle zu optimieren.“
Laut „Bild“will Klöckner eine Runde mit den Agrarministerien der Länder einberufen. „Ich verlange schnelle Aufklärung, damit solche Fälle, die die Gesundheit unserer Bürger gefährden, sich nicht wiederholen.“
Dagegen warf die Verbraucherorganisation Foodwatch Klöckner schwere Versäumnisse vor. „Indem Frau Klöckner allein an die Bundesländer appelliert, unternimmt sie einen ebenso plumpen wie billigen Versuch, von der eigenen Verantwortung abzulenken“, erklärte Geschäftsführer Martin Rücker. Klöckner habe in ihrer Amtszeit „keinerlei Initiative“ergriffen. „Mit dieser Haltung ist die Ministerin das größte Risiko für die Lebensmittelsicherheit in Deutschland.“Das Ministerium wies die Kritik am Sonntag zurück: Es sei „plump und billig“zu suggerieren, „der Bund könne nach Gutsherrenart in die Kompetenz der Länder eingreifen“, erklärte ein Sprecher.
Der Bundesverband der Lebensmittelkontrolleure Deutschlands (BLVK) plädierte für mehr Kontrolleure in den Behörden. „Mit dem vorhandenen Personal schaffen wir nur rund 45 Prozent der notwendigen Kontrollen“, sagte die Vorsitzende Anja Tittes der „Welt am Sonntag“. Schätzungen zufolge würden 1500 bis 2500 weitere Prüfer benötigt. Die Kontrollzahlen seien zuletzt jedes Jahr gesunken, sagte der stellvertretende BVLK-Vorsitzende Maik Maschke.