Heuberger Bote

Nationalko­nservative feiern Triumph

Polens Regierungs­partei PiS kann weiter alleine regieren

- Von Gabriele Lesser

- In Polen haben die Wähler ein eindeutige­s Votum abgegeben; Sie wollen, dass die nationalko­nservative Regierungs­partei Recht und Gerechtigk­eit (PiS) weiterregi­ert. Nach Auszählung fast aller Wahlkreise gewann die PiS am Sonntag 43,76 Prozent der Stimmen und konnte damit ihre absolute Mehrheit im Abgeordnet­enhaus verteidige­n. Sie kann also wie bisher allein regieren, ohne auf die Opposition Rücksicht nehmen zu müssen.

Die größte Verliereri­n der polnischen Parlaments­wahlen 2019 ist die liberalkon­servative Bürgerkoal­ition, die mit 27,24 Prozent der Stimmen weit abgeschlag­en auf dem zweiten Platz landete. Dabei hatte die Bürgerplat­tform unter Donald Tusk, dem noch bis Dezember 2019 amtierende­n EU-Ratspräsid­enten, zweimal hintereina­nder die Regierung gestellt. Ihr derzeitige­r Parteichef Grzegorz Schetyna hatte den Wählern aber kaum etwas anderes als einen Anti-PiS-Kurs anzubieten. Uninspirie­rt, ohne jedes Charisma und seine Ansichten je nach aktuellen Umfrageerg­ebnissen ändernd, ist er seit Jahren einer der unbeliebte­sten Politiker Polens.

Linke kann zufrieden sein

Grund zur Freude hingegen hat die Koalition der linken Parteien, die unter dem Schirm der postkommun­istischen Linksallia­nz (SLD) startete. Die SLD, die Partei Frühling (Wiosna), Anfang des Jahres gegründet vom charmanten und sich offen als schwul bekennende­n Robert Biedron, sowie die linksalter­native Partei Gemeinsam (Razem) unter Adrian Zandberg kamen auf 12,52 Prozent. Die Koalition überließ es Zandberg, sie in allen großen Debatten zu repräsenti­eren. Er gilt als Politiker, der gut reden kann, klug und auch in der Lage ist, schwierige Situatione­n zu meistern. So könnte Zandberg das neue Zugpferd der Linken werden.

Auch die liberale Bauernpart­ei PSL, die gemeinsam mit der Partei des ehemaligen Rocksänger­s Pawel Kukiz, der selbsterkl­ärten „Anti-Systempart­ei“Kukiz’15, in die Wahlen startete, kann mit 8,58 Prozent Zustimmung einen Erfolg verbuchen. Manche Umfragen hatten sie unter der Fünfprozen­thürde gesehen. Einen großen Teil ihrer eigentlich­en Wähler in den Dörfern und auf dem Land hat die PSL verloren, nachdem sie sich einen kurzen Flirt mit der PO und der SLD geleistet hatte. Dies brachte vor allem die Priester der katholisch­en Kirche auf, die in den ländlichen Gebieten den politische­n Ton angeben.

Die PiS verstärkte diesen Entfremdun­gsprozess noch, indem sie einflussre­ichen Kirchenmän­nern wie dem Redemptori­sten-Pater Tadeusz Rydzyk, der ein Medienimpe­rium kontrollie­rt, Millionen Zlotys an Steuergeld überwiesen. Die Kirchenmän­ner revanchier­ten sich mit Predigten gegen Schwule, Lesben und den angeblich „moralisch degenerier­ten Westen“. Da wollte die PSL nicht mitmachen.

Aller Wahrschein­lichkeit nach zieht auch die nationalis­tischrecht­sradikale Konföderat­ion Freiheit und Unabhängig­keit ins polnische Parlament ein. Nach Auszählung von 99,49 Prozent aller Wahlkreise kommt sie auf 6,79 Prozent der Stimmen. Die PiS, die eigentlich keine noch rechtere Partei neben sich dulden wollte, hat nun zwei Möglichkei­ten, mit der Konföderat­ion umzugehen: entweder umgarnt sie einzelne ihrer Abgeordnet­en und zieht sie mit Karriere-Verspreche­n zu sich herüber, sodass die Konföderat­ion als Fraktion zerfällt. Oder sie positionie­rt sich lautstark als angeblich volksnahe, aber nicht rechtsradi­kale Alternativ­e zur Konföderat­ion.

Die katholisch­e Kirche warb wieder kräftig für die PiS und dürfte in den nächsten Jahren davon finanziell profitiere­n. Mittelfris­tig aber ist ihr Einfluss nicht gesichert: Schon jetzt bleiben in den Städten viele Gläubige den Gottesdien­sten fern. Die Botschaft von der angebliche­n „Regenbogen-Seuche“durch Schwule und Lesben, die der Krakauer Erzbischof Marek Jedraszews­ki im Einklang mit der PiS verbreitet, entfremdet einen Teil der Katholiken von ihrer Kirche.

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