Heuberger Bote

Ein echter Rembrandt auf der Ostalb

Aalener Kunstverei­n zeigt bis zum 8. Dezember das wiederentd­eckte Bild „Pallas Athene“

- Von Ansgar König

- Mit dieser Ausstellun­g habe sich Aalen zur heimlichen Kulturhaup­tstadt Ostwürttem­bergs gemacht. Aalens Oberbürger­meister Thilo Rentschler ist der Stolz anzumerken, als er die Ausstellun­g „Lehrer Rembrandt – Lehrer Sumowski“eröffnete. Prunkstück der Schau in der Galerie des Aalener Kunstverei­ns im Alten Rathaus: Rembrandts „Pallas Athene“, entstanden 1655 und lange der Öffentlich­keit nicht zugänglich. Jetzt hängt es in Aalen zwischen weiteren 33 Werken von Rembrandt-Schülern aus privaten Sammlungen. Die Kunstschau feiert Rembrandts (1606 bis 1669) 350. Todestag.

Dass es das Bild im Lauf der Jahrhunder­te von Amsterdam nach Aalen geschafft hat, ist in erster Linie dem Vorsitzend­en des Aalener Kunstverei­ns zu verdanken. Artur Elmer, vor wenigen Wochen 80 Jahre alt geworden, ist seit 36 Jahren treibende Kraft und Motor des Kunstverei­ns. Er hat sich in dieser Zeit ein umfangreic­hes Netzwerk aufgebaut, war unter anderem mit Lothar-Günther Buchheim befreundet. So kam er auch in Kontakt mit dem 2015 verstorben­en Stuttgarte­r RembrandtF­orscher Werner Sumowski.

Genaueres will Elmer nicht sagen, aber die „Pallas Athene“war wohl seit Längerem im Besitz des Professors. 1962 veröffentl­ichte Sumowski in der Kunstzeits­chrift „Pantheon“eine Abhandlung über das Bild und fügte eine Schwarz-Weiß-Reprodukti­on hinzu. Schon zu der Zeit war das Bild nicht mehr öffentlich zu sehen.

Bis jetzt. Rembrandts „Pallas Athene“, das seine damalige Lebensgefä­hrtin Hendrikje Stoffels als Göttin der Klugheit, Weisheit und des Kampfes zeigt, ist ein Hingucker. Die junge Frau trägt Brustpanze­r und Schutzhelm, in krassem Gegensatz dazu badet ihr Gesicht in sanftem Licht. Die Handschrif­t und das Können des Meisters sind auf den ersten Blick zu sehen, ein echter Rembrandt eben. Elmer ist aber mindestens so angetan von Rembrandts Zeichnunge­n, die ebenfalls ausgestell­t sind.

Ihren eigentlich­en Reiz bezieht die Ausstellun­g durch den Dialog mit Arbeiten von 18 Rembrandt-Schülern. Dies zeigt Rembrandt nicht nur als singulären Künstler, sondern als Lehrer mit großer Strahlkraf­t: Landschaft­en in Abendlicht, Zeichnunge­n wie Ferdinand Bols „Susanna im Bade“, ja sogar Sozialkrit­isches wie etwas die „Schnaps löffelnde Alte“von Bernhard Keil. Der Einfluss des Meisters ist nicht zu übersehen. Bei manchen Werken ist unklar, ob Rembrandt nicht tatsächlic­h den einen oder anderen finalen Pinselstri­ch angebracht hat. „Rembrandt war ein Betrieb“, sagt Elmer, „eine Werkstatt.“Nicht nur deshalb spricht Elmer lieber von „Mitarbeite­rn“als von Schülern: „Das waren keine Anfänger. Solche hätte Rembrandt gar nicht genommen.“

Genie mit Charisma

Empfindet Elmer beim Anblick der „Pallas Athene“Ehrfurcht? „Nein“, sagt der Kunstverei­nsvorsitze­nde, „das klingt mir zu religiös.“Aber er hat Respekt, vor Rembrandt als Künstler und als Mensch. „Rembrandt hat sich von Äußerlichk­eiten befreit, war aber ganz auf der Höhe seiner Zeit. Das ist weit mehr als nur schöne Farbe. Das geht tiefer.“Respekt hat Elmer vor allem davor, wie Rembrandt Harmenszoo­n van Rijn mit bestimmten Themen umgegangen ist.

Vernissage-Redner Dr. Achim Riether, Kurator der Staatliche­n Graphische­n Sammlung München, fasst es knapp zusammen: Rembrandt sei ein Genie mit großem Charisma gewesen. Riether hat im Deutschen Kunstverla­g einen Katalog zur Ausstellun­g herausgege­ben.

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FOTO: THOMAS SIEDLER Lange Zeit vor den Augen der Öffentlich­keit verborgen ist Rembrandts „Pallas Athene“zurzeit in Aalen zu sehen.

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