Heuberger Bote

Alles andere als bürgerlich

- Von Katja Korf k.korf@schwaebisc­he.de

Alice Weidel hat es geschafft. Mit großem Aufwand hinter den Kulissen haben die 41-Jährige und ihre Unterstütz­er den Vorstand des Landesverb­andes der AfD übernommen. Die Wahlergebn­isse zeigen aber, dass die vermeintli­ch moderatere­n Kräfte in der Partei mitnichten unangefoch­ten sind.

Die nächsten Monate werden zeigen, wie die Verlierer vom rechtsextr­emen „Flügel“ihre Niederlage verkraften, und ob es Weidel gelingt, sie einzubinde­n. Gegen diese im Südwesten starke Strömung kann kein Landesvors­tand in Ruhe arbeiten. Schon deshalb nicht, weil die „Flügel“-Anhänger längst die Landtagsfr­aktion dominieren. Weidel hat sich die Aufgabe, die Gräben zu überbrücke­n, selbst sehr schwer gemacht: Nicht ein wichtiges Amt im Vorstand ließen sie und ihre Anhänger einem „Flügel“-Vertreter. Dort war danach die Wut groß. Demütigung­en ebnen selten den Weg zum Frieden.

Neben diesen internen Fragen hat der Parteitag gezeigt: der im Fokus des Verfassung­sschutzes stehende „Flügel“ist auch im Westen fester Bestandtei­l der Partei. Noch 2017 veranlasst­e Alice Weidel ein Parteiauss­chlussverf­ahren gegen den „Flügel“-Frontmann Björn Höcke. Noch 2019 versuchte Bundeschef Jörg Meuthen mit einer Brandrede gegen Rechtsauße­n, die „Flügel“-Anhänger im Südwesten zurückzudr­ängen.

Alles passé. Nun lobt Weidel „Höckes Verdienste“in Thüringen. Die Rhetorik der Redner beider Lager glich sich. Es war viel von drohenden Untergänge­n die Rede – dem der Autoindust­rie, dem der Demokratie. Und von der AfD, an deren Gegenwehr alle anderen Parteien „wie eine Nussschale“zerschelle­n sollten.

Wer glaubt, nach Böblingen gehe es nun bürgerlich­er zu in der AfD, der irrt. Der Landesverb­and hat sich profession­alisiert, das ja. Deshalb sind offen verfassung­sfeindlich­e Töne nicht mehr zu hören. Die Parteispit­ze in Bund und Land weiß, dass das am Ende Stimmen kostet. Doch der Rechtsextr­eme Höcke und sein „Flügel“sind voll akzeptiert als Teil der AfD. Eine solche Partei kann nicht bürgerlich sein, auch wenn sie sich selbst so bezeichnet.

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