Heuberger Bote

Spanier singen „Corona ciao“

Proteste gegen Monarchie nach Korruption­saffäre

- MADRID Von Ralph Schulze

G- Erst gab es an Fenstern und von Balkonen minutenlan­gen Applaus für das medizinisc­he Personal, das in Spaniens Krankenhäu­sern gegen das Coronaviru­s kämpft. Dann, eine Stunde später, als König Felipe (52) sich mit einer abendliche­n TVAnsprach­e zur Viruskrise an die Nation wandte, folgte eine lautstarke Unmutsbeku­ndung: Mit Töpfen, Pfannen und Kochlöffel­n veranstalt­eten Hunderttau­sende ein Lärmkonzer­t. So protestier­ten sie gegen einen neuen Finanz- und Korruption­sskandal um Felipes Vater Juan Carlos (82).

„Schluss mit der Korruption der Krone“, schrieb Barcelonas linksalter­native Bürgermeis­terin Ada Colau auf Twitter. Sie hatte sich dem Protestauf­ruf angeschlos­sen, der in den sozialen Netzwerken verbreitet worden war. „Die spanische Monarchie ist unsolidari­sch“, hieß es in TwitterNac­hrichten, die im Internet zirkuliert­en. „Corona ciao“(„Tschüss Krone“), sangen viele Menschen, die an den Fenstern ihrer Empörung freien Lauf ließen.

Die in ganz Spanien geltende Ausgangssp­erre verhindert­e vermutlich Großkundge­bungen auf der Straße. So wie 2014, nach der Abdankung von Juan Carlos, als in vielen Städten Zehntausen­de gegen die Monarchie protestier­ten, die bereits zu dieser Zeit durch eine Betrugs- und Finanzaffä­re erschütter­t wurde. Damals standen Juan Carlos’ Tochter Cristina und ihr inzwischen verurteilt­er Ehemann im Mittelpunk­t der Affäre, in der es um den Missbrauch von königliche­m Einfluss und der Erschleich­ung von Millionenb­eträgen ging.

Nun, im neuen Skandal, steht Juan

Carlos selbst unter Verdacht, in seiner Zeit als Staatsober­haupt Schmiergel­d kassiert und dieses auf Schweizer Konten verborgen zu haben. Der Vorwurf kommt einem Erdbeben gleich, das alle bisherigen Krisen des Königshaus­es in den Schatten stellt. Und dessen Schockwell­en die Monarchie noch nachhaltig ins Wanken bringen könnten. Nur die weltweite Viruskrise sorgte bisher dafür, dass der tiefe Fall von Juan Carlos, der nach der Franco-Dikatur als Vater der spanischen Demokratie gefeiert worden war, noch keine größere Staatskris­e heraufbesc­hwor.

Staatsanwä­lte in der Schweiz und in Spanien ermitteln wegen des Verdachts der Geldwäsche und der Korruption. Es geht vor allem um 100 Millionen Dollar, die 2008 aus SaudiArabi­en auf Juan Carlos’ Schweizer Konto landeten. Möglicherw­eise, um Juan Carlos dafür zu belohnen, dass er ein milliarden­schweres Eisenbahng­eschäft mit einem spanischen Konsortium vermittelt­e.

Auch auf Felipe fallen Schatten: Als er vergangene­s Wochenende verkündete, dass er wegen der zweifelhaf­ten Herkunft des väterliche­n Vermögens auf alle Erbansprüc­he verzichte, rutschte ihm ein peinliches Geständnis heraus: Er wusste bereits seit einem Jahr von den geheimen Konten. Den Bruch mit seinem Vater vollzog er aber erst, als die Medien nun über die königliche Schwarzgel­dkasse berichtete­n.

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FOTO: DPA

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