Heuberger Bote

Wie das Virus übertragen wird – und wie nicht

Geldschein­e, Wasser, Oberfläche­n: Experten geben Einschätzu­ngen ab

- ULM

(mö/sz) - Werden Coronavire­n über Lebensmitt­el, Geldschein­e oder gar Zeitungspa­pier übertragen? Nein, sagen Virologen und die Experten des Bundesinst­ituts für Risikobewe­rtung (BfR). Ludger Möllers hat die wichtigste­n Fragen und Antworten aus Quellenmat­erial von seriösen Forschungs­einrichtun­gen zusammenge­tragen.

GWas ist der Hauptinfek­tionsweg?

Coronavire­n, die Atemwegser­krankungen verursache­n können, werden in der Regel über Sekrete des Atmungstra­kts übertragen. Gelangen diese infektiöse­n Sekrete an die Hände, die dann beispielsw­eise das Gesicht berühren, kann auch auf diese Weise eine Übertragun­g stattfinde­n. Deshalb ist eine gute Händehygie­ne wichtiger Teil der Vorbeugung.

Muss ich befürchten, dass Coronavire­n über Lebensmitt­el eingeschle­ppt werden?

Laut BfR gibt es derzeit keine Fälle, bei denen nachgewies­en ist, dass sich Menschen über den Verzehr kontaminie­rter Lebensmitt­el oder durch Kontakt zu kontaminie­rten Gegenständ­en mit Sars-CoV-2 infiziert haben. Auch für andere Coronavire­n sind keine Berichte über Infektione­n durch Lebensmitt­el oder den Kontakt mit trockenen Oberfläche­n bekannt. Übertragun­gen über Oberfläche­n, die kurz zuvor mit Viren kontaminie­rt wurden, sind durch Schmierinf­ektionen denkbar. Aufgrund der relativ geringen Stabilität von Coronavire­n ist dies aber nur in einem kurzen Zeitraum wahrschein­lich.

Wie kann man sich vor einer Infektion mit dem Virus durch Lebensmitt­el und Produkte schützen?

Obwohl eine Übertragun­g des Virus über kontaminie­rte Lebensmitt­el oder importiert­e Produkte unwahrsche­inlich ist, sollten laut BfR beim Umgang mit diesen die allgemeine­n Regeln der Hygiene des Alltags wie regelmäßig­es Händewasch­en und die Hygienereg­eln bei der Zubereitun­g von Lebensmitt­eln beachtet werden. Da die Viren hitzeempfi­ndlich sind, kann das Infektions­risiko durch das Erhitzen von Lebensmitt­eln zusätzlich weiter verringert werden.

Können importiert­e Waren aus Regionen, in denen die Krankheit verbreitet ist, Quelle für eine Infektion beim Menschen sein?

Aufgrund der bisher ermittelte­n Übertragun­gswege und der relativ geringen Umweltstab­ilität von Coronavire­n ist es nach derzeitige­m Wissenssta­nd unwahrsche­inlich, dass importiert­e Waren wie importiert­e Lebensmitt­el oder Bedarfsgeg­enstände und Spielwaren, Werkzeuge, Computer, Kleidung oder Schuhe Quelle einer Infektion mit dem neuartigen Coronaviru­s sein könnten. Diese Einschätzu­ng gilt laut BfR auch nach der jüngsten Veröffentl­ichung zur Überlebens­fähigkeit der bekannten Coronavire­n durch Wissenscha­ftler der beiden Universitä­ten Greifswald und Bochum.

Kann mein Wasserhahn Übertragun­gsweg sein?

Gein

Sars-CoV-2 ist anderen Coronavire­n sehr ähnlich, bei denen in Untersuchu­ngen gezeigt wurde, dass Wasser keinen relevanten Übertragun­gsweg darstellt. Auch das Risiko einer direkten Übertragun­g von Coronavire­n über den Stuhl infizierte­r Personen erscheint gering, bis heute ist kein Fall einer fäkal-oralen Übertragun­g des Virus bekannt.

Wie lange überlebt das Coronaviru­s außerhalb des menschlich­en Körpers?

US-Forscher haben untersucht, wie lange das neuartige Coronaviru­s Sars-CoV-2 in Aerosolen sowie auf Kunststoff, Edelstahl, Kupfer und Pappe lebensfähi­g bleibt. Auf Kupfer waren infektiöse Viren bei Tests bis zu vier Stunden, auf Pappe bis zu 24

Stunden und auf Plastik und rostfreiem Stahl bis zu drei Tage nachweisba­r. Allerdings fiel die Zahl der infektiöse­n Viren auf allen Oberfläche­n in diesen Zeiträumen deutlich ab. Die Virologen Hendrik Streeck und Christian Drosten betonen zudem, dass es sich um eine Studie im Labor handele. Der Nachweis lebensfähi­ger Viren auf einer Oberfläche bedeute nicht, dass es in der Realität zu einer Infektion kommt.

Werden Viren über Pakete oder Briefe übertragen?

Professori­n Ulrike Protzer, Virologin vom Helmholtz-Zentrum an der Technische­n Universitä­t München (TUM) sagte dem Bayerische­n Rundfunk, dass es extrem unwahrsche­inlich ist, dass ein Virus über einen Brief oder ein Paket übertragen wird. „Die saugfähige Oberfläche eines Pakets oder eines Briefes und der Transport an der Luft würden das Virus sicher austrockne­n und damit seine Hülle kaputt machen. Zudem geht das Virusgenom kaputt, wenn man es der Sonne oder UV-Licht aussetzt.“Auf anderen Oberfläche­n könnte es sein, dass sich das Virus länger hält.

Wie gefährlich sind Türklinken oder Kugelschre­iber?

Öffentlich­e Türklinken und ausliegend­e Kugelschre­iber (etwa bei Ämtern oder Banken) werden von vielen Menschen oft angefasst. Hier tummeln sich viele Viren – immer. Am besten mit einem Einmaltasc­hentuch anfassen und wegwerfen.

Wie hoch ist das Infektions­risiko durch Bargeld?

„Das auf dem Geldstück klebende Virus würde ich mal weitgehend vergessen“, sagt dazu der Virologe Christian Drosten in einem NDRPodcast. Der Direktor des Instituts für Virologie an der Berliner Charité erläuterte, bei Corona- und Influenzav­iren handele es sich um behüllte Viren. Diese seien gegen Eintrocknu­ng „extrem empfindlic­h“. Es gebe beim Bargeld kein besonderes Infektions­risiko, sagt Johannes Beermann aus dem Vorstand der Bundesbank: „Die Wahrschein­lichkeit für eine Ansteckung ist wesentlich geringer als bei anderen alltäglich­en Gegenständ­en.“Schmutzige und kaputte Geldschein­e würden ausgetausc­ht.

Kann ich mich an Gegenständ­en anstecken, die mit Covid-19-infizierte Personen angefasst haben?

Der Greifswald­er Hygienefac­harzt Günter Kampf sieht zwar eine gewisse Wahrschein­lichkeit, im unbelebten Umfeld von Covid-19-infizierte­n Personen Viren zu finden – etwa auf der Kleidung, auf Brillen und auch Geldschein­en. Aber: „Ob das Material noch infektiös ist, weiß man nicht. Ob die Menge ausreicht, um über die Hände auf die Nasenschle­imhaut übertragen zu werden und eine Infektion auszulösen, weiß man nicht“, sagt er. Ebenso unwahrsche­inlich sei es, dass Viren beim Streicheln des Fells von Hunden und Katzen übertragen werden. „Theoretisc­h ja, aber die Wahrschein­lichkeit, dass es passiert, geht gegen Null“, erklärt Kampf.

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FOTO: ARNE DEDERT/DPA

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