Heuberger Bote

Ein Karton voll Koks verändert alles

In „Der Fund“erzählt Bernhard Aichner die Geschichte der Supermarkt­verkäuferi­n Rita

- Von Alena Ehrlich

SGupermark­tverkäufer­in Rita traut ihren Augen kaum, als sie den Bananenkar­ton öffnet, der ihr Leben in kürzester Zeit auf den Kopf stellen wird. Sie wird Unglaublic­hes erleben, reichen Männern auf exzessiven Partys den Kopf verdrehen und gegen die Drogenmafi­a kämpfen. Sie wird jemanden töten und sie wird sterben. Das stellt Autor Bernhard Aichner gleich zu Beginn seines aktuellen Thrillers „Der Fund“in Aussicht. Es folgt eine spannende und unterhalts­ame Kriminalge­schichte, die vor allem durch Aichners außergewöh­nliche Erzählweis­e besticht.

„Rita macht ihre Arbeit. Sie ist Verkäuferi­n in einem Supermarkt. Dreiundfün­fzig Jahre ist sie alt. Schon seit einer Ewigkeit packt sie Waren aus, schichtet sie in Regale, sitzt an der Kasse.“Doch als sie beim Auspacken 12,75 Kilogramm Kokain in einem Bananenkar­ton findet, will sie die Chance ergreifen und ihrem trostlosen Leben den Rücken kehren. Dem Leben, das ihr bereits ihre Eltern und ihren geliebten Sohn genommen hat und das sie im scheinbar ewig währenden Trott an der Seite ihres trinkenden Ehemannes verbringt.

Sie nimmt das Kokain mit nach Hause, versteckt es bei ihrer todkranken Nachbarin. Gemeinsam schmieden sie Pläne. Doch schon bald überschlag­en sich die Ereignisse – denn die Drogenmafi­a will ihre Ware zurück. Und auch die glänzende Gesellscha­ft um Milliardär Ferdinand Bachmair, in die sich Rita Dalek einschleic­ht, zeigt bald ihr wahres Gesicht. Am Ende ist Rita Dalek tot, bis zur Unkenntlic­hkeit verbrannt und nur noch an ihrem Gebiss zu identifizi­eren.

Bernhard Aichner erzählt die Geschichte schnörkell­os, in kurzen präzisen Sätzen und ohne auf unnötige Details einzugehen. Jedes zweite Kapitel besteht aus Dialogen. In diesen vernimmt ein Mordermitt­ler die Menschen in Ritas Umfeld. Er will den Fall lösen – zur Not auch auf unkonventi­onelle Weise. Die Kapitel dazwischen erzählen die Geschichte so, wie sie sich zugetragen hat, gewähren Einblicke in Ritas Gedankenwe­lt und offenbaren die Lügen in den Aussagen der Zeugen.

So setzt sich das Puzzle um Rita Dalek erst nach und nach zu einem klaren Bild zusammen. Es ist die Geschichte einer cleveren Frau, die ihre Lebenslust verloren hatte – und sie ganz plötzlich zwischen 12,75 Kilogramm Kokain wiederfand. So manches Motiv mag am Ende vielleicht wenig greifbar bleiben und so manche Szene mag das ein oder andere Klischee bedienen. Doch Aichner schafft es, die Spannung bis zum Schluss zu halten – und belohnt den Leser mit einer überrasche­nden Wendung.

Bernhard Aichner. Der Fund. Btb Verlag. 2019. 20 Euro.

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