Gladbach und der KSC zeigen den Weg
Fußballer verzichten freiwillig auf Gehalt, auch Stuttgarts Hitzlsperger will vorangehen
(SID/dpa) - Max Eberl machte aus seiner Erleichterung keinen Hehl. „Ich bin sehr stolz auf die Jungs. Wir stehen zusammen, in guten wie in schlechten Zeiten“, sagte der Sportdirektor von Borussia Mönchengladbach über einen in der Bundesliga-Geschichte einmaligen Schritt – der im Laufe des Tages auch Nachahmer in Baden-Württemberg fand. Als erste Fußballprofis der Liga verzichten die Gladbacher in der Corona-Krise freiwillig auf Gehalt, um ihrem Verein zu helfen.
Der Impuls sei aus der Mannschaft gekommen und nicht von ihm, betonte Eberl. „Die Spieler wissen, was los ist, sie haben sich Gedanken gemacht. Die Mannschaft hat angeboten, auf Gehalt zu verzichten, wenn sie dem Club und damit auch den Mitarbeitern helfen kann“, sagte der 46-Jährige. Nach Angaben der „Rheinischen Post“spart die Borussia auf diese Art monatlich mehr als eine Million Euro.
Rein rechtlich ist kein Profi zu freiwilligen Einbußen verpflichtet, auch die Clubs dürfen Gehälter nicht kürzen. „Einseitige Gehaltskürzungen sind nicht möglich“, sagte Arbeitsrechtler Lennard Martin Lürwer. Auch Gehaltsstundungen oder die Durchsetzung von Kurzarbeit gehen nur über eine „individuelle Vereinbarung mit dem Spieler“.
In Zeiten ausbleibender TV-Gelder, fehlender Zuschauereinnahmen und Sponsoren mit eigenen Sorgen geht es jedoch bei vielen Clubs ans Eingemachte. Gladbach erlebe „die schwierigste Situation seit 1999“, sagte Geschäftsführer Stephan Schippers. Damals war der fünfmalige Meister erstmals in die 2. Bundesliga abgestiegen und auch finanziell schwer angeschlagen.
Auch bei anderen Clubs ist die Frage nach einem Gehaltsverzicht in Krisenzeiten längst kein Tabu mehr. Die Profis des Zweitligisten Karlsruher SC verzichten ebenfalls auf Teile ihres Gehalts. Wie der Verein mitteilte, verzichten die Spieler in den Monaten März, April und Juni auf einen Teil ihres Gehalts (laut t-online.de auf etwa zehn Prozent), um mögliche Einnahmeverluste des Vereins abzumildern. „Für uns als Mannschaft steht außer Frage, dass wir im Verein noch näher zusammenrücken und unseren Teil dazu beitragen wollen, damit der KSC die Situation bestmöglich durchstehen kann“, sagte Kapitän David Pisot.
Beim VfB Stuttgart sind sie noch nicht ganz so weit. Allerdings will hier der Boss als gutes Beispiel fungieren. „Sie können davon ausgehen, dass ich beim Thema Gehaltsverzicht vorangehen werde“, sagte der Vorstandsvorsitzende Thomas Hitzlsperger der „Stuttgarter Zeitung“. Auch mögliche Folgen für die Profis sind beim schwäbischen Zweitligisten Thema und sollen im Gespräch mit den Spielern angesprochen werden. „Wir wollen darstellen, welchen Beitrag jeder Einzelne leisten kann, um die Handlungsfähigkeit des Clubs möglichst lange aufrechtzuerhalten“, sagte Hitzlsperger. „Wir werden nichts unversucht lassen, diese Krise gemeinsam zu überstehen.“
Doch damit nicht genug: Borussia Dortmund, die TSG Hoffenheim, Werder Bremen und Mainz 05 wollen das Thema intern besprechen. „Die Bereitschaft, auf Gelder zu verzichten, ist definitiv da. Wir wollen da was tun, da ist jeder Spieler bereit dazu“, sagte der Mainzer Sportvorstand Rouven Schröder. Je nach Club werden die gesparten Summen naturgemäß höchst unterschiedlich ausfallen. Bei der Borussia schloss sich der Stab um Cheftrainer Marco Rose dem Verzicht ebenfalls an, auch die Funktionäre zogen nach. Doch nicht nur das: Auch eine Inanspruchnahme der Kurzarbeit sei nicht ausgeschlossen. „Wir sind dabei, das zu prüfen“, sagte Schippers. Ziel sei es, den Verein ohne betriebsbedingte Kündigungen durch die Krise zu bringen. Helfen sollen dabei auch die Fans. In der vergangenen Woche hatte die Borussia gegen den 1. FC Köln (2:1) das erste Geisterspiel der LigaGeschichte bestritten, der Verlust lag bei etwa zwei Millionen Euro. Jeder Ticketinhaber habe das Recht auf eine Erstattung, betonte Schippers: „Aber ich sage es ganz offen: Jeder Euro, den wir nicht zurückerstatten müssen, wird uns helfen.“
Noch größer wiegt aber der Verzicht der Profis. Im Geschäftsjahr 2018 lagen die Personalkosten laut Gladbachs Geschäftsbericht bei 82,9 Millionen Euro. Bis zur Wiederaufnahme des Spielbetriebs gilt es also zusammenzurücken. Nicht nur in Gladbach und Karlsruhe.