Jetzt kommen die Bücher zu den Lesern
Stadtbücherei Trossingen will mit einem Lieferservice für Literatur den Bürgern helfen
G- Weil die Landesregierung im Zuge der Corona-Schutzmaßnahmen auch alle Büchereien geschlossen hat, bringt Trossingens Büchereileiter die Bücher nun persönlich zu den Menschen. Die Trossinger Zeitung hat den Praxistest gemacht.
„Welche Bücher dürfen es denn sein?“, fragt Ralf Sorg, Leiter der Stadtbücherei Trossingen, so professionell, dass man meinen könnte, er sei schon ewig in der Telefonzentrale eines Onlinehandels tätig. Dabei haben er und sein Team sich erst vor rund einer Woche auf die neuen Bedingungen einstellen müssen. „Wir lassen die Bücherei offen, solange es geht“, hatte Sorg zu Beginn der Krise gesagt. Und weil das nun eben nicht mehr möglich ist, hat er die Idee der fahrenden Bücherei entwickelt.
„Literatur gehört für mich zur Grundversorgung mit dazu“, sagt er. „Wir alle sind aufgerufen, soziale Kontakte so weit es nur geht zu beschränken. Da braucht man wenigstens etwas Gutes zum Lesen.“
Ralf Sorg ist nicht nur Leiter der Stadtbücherei Trossingen, sondern auch erfahrener freiwilliger Feuerwehrmann. Der Krisenmodus scheint ihn erst mal nicht zu beunruhigen. „Natürlich ist es ganz wichtig, dass wir alle Vorsichtsmaßnahmen einhalten, aber das kriegen wir gut hin.“Körperlichen Kontakt hat er mit den Ausleihenden nämlich nicht. „Bitte stellen Sie einen Korb oder eine Tasche vor die Haustür“, bittet er, nachdem er die Bücherwünsche notiert hat, läuft zum Auto und geht auf Tour. „Unser Angebot muss sich noch etwas rumsprechen“, sagt er. „In den ersten drei Tagen hatten wir aber immerhin schon 28 Kunden.“
An der jeweiligen Adresse angekommen, legt er die gewünschten Bücher in den bereitgestellten Korb, nimmt Bücher, die zurückgegeben werden, mit, klingelt und läuft ein gutes Stück von der Haustür weg. „Sicherheitsabstand für alle Beteiligten“, sagt er lachend. Denn für ein kurzes Hallo reicht es auch so. „Wir wollen helfen, dass sich die Menschen, die nun zuhause bleiben müssen, nicht vom normalen Leben abgeschnitten fühlen. Die einen freuen sich über Lesestoff für sich selbst, andere brauchen dringend neues Material um die Kinder zu bespaßen“, so seine Erfahrung der vergangenen Tage.
Ein Leser hat sich sogar per Mail bei der Stadtbücherei bedankt: „Ohne Bücher wäre die jetzige Krisenzeit noch trostloser geworden“, liest Sorg vor. „Den Menschen geht schon genug von ihren Lebensgewohnheiten verloren, wenigstens auf Bücher sollen sie nicht verzichten müssen“, sagt er.
Aber auch wer bislang kein Kunde bei der Stadtbücherei ist, der kann vom neuen Service profitieren. Denn wer dieser Tage von zuhause aus versucht zu arbeiten und das mit Kindern im Hintergrund, der weiß, wie wichtig Bücher, CDs oder im allergrößten Notfall Filme zur Beschäftigung sind. Eine grobe Idee, was man möchte, sollte man haben, denn im Onlinekatalog der Bücherei kann
man gezielt suchen, aber nicht wirklich stöbern. Wer gar keine Idee hat, dem hilft das Büchereiteam aber auf die Sprünge und bringt gegebenenfalls eine kleine Auswahl nach Hause.
Die Anmeldung, die eigentlich nur persönlich funktioniert, läuft in Corona-Zeiten rein digital. „Einfach bei uns melden, den Rest können wir per Mail und Überweisung regeln“, sagt Ralf Sorg.