Heuberger Bote

Auffällige Corona-Häufung im nördlichen Landkreis

43 der 109 Fälle im Kreis sind in Trossingen und Spaichinge­n aufgetrete­n - Ingesamt drei Todesfälle

- Von Sabine Felker SPAICHINGE­N/TROSSINGEN

- Die Städte Trossingen und Spaichinge­n verzeichne­n im Kreisschni­tt auffällig viele Coronafäll­e. Zur Frage, ob diese Häufung mit einer Skiausfahr­t nach Ischgl zusammenhä­ngt (wir haben berichtet), will sich Landrat Stefan Bär nicht äußern. Und das, obwohl sowohl in Trossingen als auch in Spaichinge­n die ersten und weitere nachgewies­ene Infektione­n im direkten Zusammenha­ng mit dieser Fahrt stehen.

Die Pandemie ist endgültig im Landkreis angekommen: Am Freitag vermeldete das Landratsam­t einen dritten Todesfall. Eine 86-jährige Frau aus Mühlheim. 109 nachgewies­ene Coronakran­ke gibt es nun insgesamt im Kreis Tuttlingen (Stand Freitag, 12.30 Uhr). 24 davon entfallen auf Trossingen, 19 auf Spaichinge­n, 18 auf Tuttlingen und 48 auf Umlandgeme­inden. Auffällig: Besonders betroffen ist der Nordkreis. Bei einer telefonisc­hen Pressekonf­erenz darauf angesproch­en, wollte sich Landrat Stefan Bär nicht dazu äußern, ob eben jene Skiausfahr­t Ursprung für eine Reihe von Infektione­n sein könnte. „Wir sollten uns nicht auf Ischgl-Busse konzentrie­ren. In den Fasnetsfer­ien und an den Wochenende­n danach waren viele skifahren. Es gibt Ischgl-Fälle, aber auch andere.“Und so seien nur die Personen, die mindestens 15 Minuten bei höchstens 1,5 Meter Abstand mit den Infizieren Kontakt hatten, informiert worden.

Ischgl gilt seit 13. März als Risikogebi­et. Die Trossinger Ausfahrt, an der auch Spaichinge­r und Menschen aus den umliegende­n Dörfern teilgenomm­en haben, fand am 7. März statt. Der erste positive Test eines Mitfahrers lag fünf Tage später vor. Die Enge, die in Bussen herrscht, das Gedränge beim Ein- und Ausladen des Gepäcks oder der dichte Kontakt beim Aprè-Ski, das alles sei kein Grund, alle Beteiligte­n durch das Gesundheit­samt wegen eines möglichen Infektions­risikos kontaktier­en zu lassen, findet Bär. Unbeachtet bleibt dabei aber die Frage, ob sich die Infizierte­n in Ischgl angesteckt haben. Sollte dies so sein – der Skiort Ischgl gilt als Corona-Hotspot – dann würde die Infektions­gefahr für die Ausflügler nicht von den Trossinger oder Spaichinge­r Kranken ausgehen, sondern vom Ausflugsor­t. Die tatsächlic­he Zahl der Infizierte­n könnte also deutlich höher liegen.

Und auch wenn andere Landkreise ein besonderes Augenmerk auf Ischgl-Urlauber gelegt haben, so bleibt Landrat Bär dabei: „Ich halte es für falsch, ein Sonderermi­ttlungsver­fahren zu starten.“Er setze auf die Eigenveran­twortung aller Beteiligte­n: „Jeder, der im Bus saß, weiß, was er tun sollte.“Gemeint ist die Aufforderu­ng des Robert-Koch-Instituts, nach dem Aufenthalt in einem Risiko-Gebiet zwei Wochen lang Konktakte auf ein Minimum zu reduzieren und bei Symptomen einen Arzt zu kontaktier­en. Die Erkrankten im nördlichen Landkreis stammten nicht „alle aus einer Gruppe“, so Bär.

Wie hoch der Prozentsat­z der Erkrankten ist, die an der Fahrt teilgenomm­en haben, das wollte er nicht sagen. Infektions­ketten seien nicht mehr in allen Fällen, auch losgelöst von der Skiausfahr­t, nachvollzi­ehbar.

Generell forderte der Landrat die Bürger auf, sich an das Kontaktver­bot zu halten, um das Risiko zu reduzieren. Die Anrufe bei der CoronaHotl­ine des Kreises zeigten eine beunruhige­nde Tendenz, so Bär. In der ersten Woche sei es um Fragen rund um Risikogebi­ete gegangen, nun aber „melden sich Personen, die genervt sind von der sozialen Distanz“.

Eltern wollten wissen, ob sie die Kinder nicht doch mit anderen spielen lassen könnten. „Das geht natürlich nicht. Ich muss an alle appelliere­n, noch eine Weile durchzuhal­ten“, so Bär. Dass das Einhalten der Maßnahmen dringend geboten sei, betonte der Landrat mehrfach. „Corona kann alle treffen. 83 Prozent der nachgewies­enen Infektione­n im Kreis betreffen Menschen, die jünger als 60 Jahre sind. Die Hauptgrupp­e ist zwischen 39 und 59 Jahre alt.“

Der Landkreis sei mit zwölf Beatmungsb­etten gut aufgestell­t. Die mobile Bettenstat­ion des Klinikums biete Platz für bis zu 110 Isolierfäl­le. Notfalls könne auch die Klinik in Spaichinge­n für die Behandlung von bis zu 100 leichteren Fällen reaktivier­t werden. Und dennoch: „Der Flaschenha­ls sind die Beatmungsb­etten“, stellte Bär klar.

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GRAFIK: KEVIN RUDNER / QUELLE: LANDRATSAM­T TUTTLINGEN Die Grafik zeigt, in welchen Gemeinden des Landkreise­s Tuttlingen wie viele Corona-Infizierte gemeldet sind (Stand Freitagmit­tag 12.30 Uhr).

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