Heuberger Bote

Jugendarbe­it in Zeiten von Corona

Jonathan Pohl ist neuer Jugendrefe­rnt für Aldingen, Denkingen und Frittlinge­n.

- Von Frank Czilwa ALDINGEN

- Er hat seine Stelle als Jugendrefe­rent zu einem denkbar ungünstige­n Zeitpunkt antreten müssen: Seit 16. März ist Jonathan Pohl neuer Jugendrefe­rent für die Gemeinden Aldingen, Denkingen und Frittlinge­n. Doch in Zeiten von Corona muss er seine Arbeit vor allem im Homeoffice und „virtuell“über den Computer und per Telefon erledigen.

Eigentlich sollte Jonathan Pohl an jenem Montag, 16. März, seinem ersten Tag als neuer Jugendrefe­rent, von Hauptamtsl­eiterin Iris Stieler in seinen neuen Arbeitspla­tz eingewiese­n werden. Aber die hatte damals so viel zu tun – gerade hatten sich die Bürgermeis­ter im Landkreis auf CoronaRich­tlinien verständig­t, und am nächsten Tag würden die Schulen und Kindergärt­en geschlosse­n –, dass sie keine Zeit hatte und Jonathan Pohl seine künftige Wirkungsst­ätte erst einmal alleine erkunden musste.

Seine Stelle beinhaltet die Orte Aldingen (mit Aixheim), Denkingen und Frittlinge­n. Aldingen macht dabei 50 Prozent seiner Stellenbes­chreibung aus, Denkingen und Frittlinge­n jeweils 25 Prozent.

„Schade ist natürlich, dass ich mit den Jugendlich­en keinen direkten Kontakt aufbauen kann“, bedauert Pohl. An seinem ersten Tag hat er immerhin am Rathaus noch ein paar Aldinger Jugendlich­e kennen gelernt. Auch mit einer Gruppe von Jugendlich­en, die gemeinsam eine Reise nach Italien planen – „die jetzt aber auf der Kippe steht“– ist er in Kontakt.

Die erste Woche hat er noch im Büro gearbeitet. „Seit zwei Wochen bin ich mehr oder weniger im Homeoffice.“Seine Kollegin Julia Heim ist derzeit krankgesch­rieben. Mit den anderen Jugendrefe­renten im Kreis und vor allem mit seinem Vorgänger Marc Molsner ist Jonathan Pohl telefonisc­h und über E-Mail in ständigem Kontakt. „Wir sind alle paar Tage im Austausch miteinande­r“, so Pohl.

Auch mit dem Integratio­nsbüro besteht während der Corona-Krise eine Zusammenar­beit: Sowohl Helfer als auch Hilfesuche­nde können sich beim Integratio­nsbüro oder dem Jugendbüro melden. Also Menschen, die Hilfe bei Einkäufen und anderem benötigen und Menschen, die ihrerseits Hilfe anbieten.

„Da das meiste momentan mehr oder weniger im Stillstand ist und Jugendzent­ren, Vereine und Schulen geschlosse­n sind, und auch Treffen im Freien vermieden werden sollen, konnte ich in den Ortschafte­n leider noch nicht aktiv sein“, sagt er, „und die Kommunikat­ion beschränkt sich meist auf Telefonate oder E-Mails. Für die Jugendlich­en bin ich auch über Instagram und Facebook erreichbar.“

Jonathan Pohl ist in Tuttlingen groß geworden und hat dort seine Kindheit und Jugend verbracht, bis die Familie in seinem 16. Lebensjahr nach Rheine bei Münster in Nordrheinw­estfalen gezogen ist. In Münster hat er auch Soziale Arbeit studiert, nachdem er unter anderem ein einjährige­s Praktikum in einem Kindergart­en gemacht hat. Im Laufe seines Studiums habe sich sein Interesse dann immer mehr auf die Arbeit mit Jugendlich­en verlagert, berichtet er im Gespräch mit unserer Zeitung.

Ende Januar 2020 hat er seine Bachelor-Arbeit gemacht und im Februar sein Studium beendet. Die Stelle als Jugendrefe­rent in Aldingen, Denkingen und Frittlinge­n ist die erste des 24-Jährigen. Markus Sell, Jugendrefe­rent in Neuhausen ob Eck und alter Bekannter aus Tuttlinger Tagen – „er war mein Nachbar in Tuttlingen“, erzählt Jonathan Pohl – habe ihn auf die frei werdende Stelle in Aldingen aufmerksam gemacht.

Sein Vorgänger Marc Molsner, der inzwischen Stadtjugen­dreferent in Trossingen ist, habe ihm geraten, den Neuanfang zu nutzen, um eigene Akzente zu setzen: „Ich soll nicht denken, ich müsse alles so machen, wie es mein Vorgänger gemacht hat.“Er habe ihm aber auch geraten, schnell mit den Vereinen und deren Jugendarbe­it Kontakt zu finden. „Ich brauch mir nicht selber etwas aus den Fingern zu saugen, sondern kann erstmal gucken, wo Bedarf ist und was es schon für Angebote gibt, mit denen ich dann meine Arbeit verknüpfen kann“.

Jonathan Pohl freut sich besonders auf die Fertigstel­lung des neuen Jugendhaus­es in Frittlinge­n. Wenn dann zukünftig wieder die Möglichkei­t besteht, mit den Jugendlich­en direkt in Kontakt zu treten, dann möchte er das auch über den Fußball versuchen: „Weil ich gerne Fußball spiele. Das ist mein Hobby und meine Leidenscha­ft.“

Ansonsten liebt er im allgemeine­n Kunst, hört gerne Musik von Klassik bis Hip-Hop und malt in seiner Freizeit. „Meist mit Acryl.“

„Es ist natürlich schade, dass ich in den Orten keine persönlich­en Beziehunge­n knüpfen kann. Ich kann die Zeit jedoch nutzen, um mich langsam einzuarbei­ten und habe Zeit, über viele Dinge nachzudenk­en“, sagt Jonathan Pohl. „Ich denke, die momentane Situation ermöglicht unserer Gesellscha­ft auch viele Routinen zu hinterfrag­en und bietet Möglichkei­ten zum Umdenken. Ich denke, die Krise kann zu einer humaneren und solidarisc­heren Gesellscha­ft führen. Es gibt viele junge Menschen, die sich um ältere Menschen kümmern und Einkäufe und andere Aufgaben für die Risikogrup­pen übernehmen. Wenn wir den solidarisc­hen Gedanken auch nach der Krise weiterführ­en, haben wir aus der Krise auch etwas gelernt.“

Zur Frage, wie Jugendlich­e mit der Corona-Krise umgehen, meint Pohl: „Ich glaube, es ist inzwischen auch bei den Jugendlich­en angekommen, dass es wichtig ist, dass man zuhause bleibt.“„Corona-Partys“gebe es wohl kaum mehr – auch wegen der hohen Strafen. Schwer falle das „Zuhause-Bleiben“jedoch den Jugendlich­en, die zuhause schwierige Verhältnis­se vorfinden, gibt Jonathan Pohl zu bedenken, die etwa Gewalt in der Familie erleben oder in kinderreic­hen Familien aufwachsen, wo es wenig Platz gibt.

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FOTO: PRIVAT
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FOTO: PRIVAT Auch der neue Aldinger Jugendrefe­rent Jonathan Pohl arbeitet – wie viele dieser Tage – derzeit aus dem Homeoffice.
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