„Das bringt ein bisschen Normalität zurück“
Die Trossinger Einzelhändler freuen sich, dass sie ihre Geschäfte wieder öffnen dürfen
- Seit Montag haben in Trossingen viele Einzelhandelsgeschäfte mit einer Verkaufsfläche von unter 800 Quadratmetern wieder geöffnet. Die Freude und Erleichterung darüber sind spürbar - bei Inhabern wie Kunden.
Der Verkehr auf der Trossinger Hauptstraße unterschied sich am Montagvormittag kaum von dem der vergangenen Wochen: Die meisten Parkplätze waren frei, sehr viel weniger Autos und Laster rollten die Straße zwischen den beiden Kreisverkehren entlang als in der Zeit vor Corona. Auch wenn es in Baden-Württemberg keine Maskenpflicht gibt, so trug ein Großteil der wenigen Passanten doch einen Mund-NasenSchutz. Keines der Geschäfte auf der Trossinger Hauptstraße ist größer als die von der Landesregierung festgelegte Grenze von 800 Quadratmetern. So durften am Montag alle Einzelhändler ihre Läden wieder öffnen, während die Cafés und Restaurants weiterhin geschlossen bleiben mussten. Auch die Friseure müssen noch warten, sie sollen am 4. Mai wieder öffnen dürfen.
In Mory’s Hofbuchhandlung waren gleich mehrere Mitarbeiter damit beschäftigt, das Geschäft auf die neuen Gegebenheiten umzurüsten. So gibt es dort nun eine Einbahnstraßenregelung, um die Besucher in eine Richtung zu lenken. An der Kasse schützt ein improvisierter Spuckschutz Personal wie Kunden. Außerdem können Kunden – wie auch schon vor Corona – ihre Bücher telefonisch bestellen und dann im Geschäft abholen.
Viel Wert auf Schutzmaßnahmen legt auch Andrea Graf, Inhaberin des Geschäfts Kandis. Das Wechselgeld gibt sie ihren Kunden in einem Körbchen heraus, sie selbst trägt eine Mundmaske. „Das mache ich schon länger“, sagt sie, „Man gewöhnt sich ziemlich schnell daran.“Von ihrer Stammkundschaft schauten einige am Montag direkt vorbei. „Schön, dass Sie wieder aufhaben“, freut sich eine Kundin. Das Gespräch wendet sich der Osterdeko zu: „Die Sachen musste ich leider unverkauft wieder wegräumen, kann sie aber nächstes Jahr wieder verwenden“, erzählt Graf. Das Ostergeschäft brach dieses Jahr komplett weg. „Leider, denn über die Feiertage kaufen die Leute sonst gerne Mitbringsel.“Im April und Mai wird sie ihren Laden nur bis 18 Uhr statt 18.30 Uhr geöffnet lassen. „Es gibt derzeit weniger Laufkunden. Dass die Stadt insgesamt ruhiger ist, macht sich natürlich bemerkbar.“
Bei Naht und Rat werden die Masken nicht nur getragen, sondern auch verkauft. Inhaberin Margarete Bakk hat in den vergangenen vier Wochen zahlreiche Masken genäht, wie sie erzählt. Gleichzeitig ist sie Anlaufstelle für viele, die selbst Masken nähen. „Die Leute kaufen unheimlich viel Baumwollstoff. Ich musste schon nachbestellen“, sagt Bakk. „Außerdem habe ich hunderte Meter Gummiband verkauft.“Dass sie jetzt wieder zu den regulären Zeiten öffnen kann, freut sie sehr. „Ich habe meinen Laden ja erst seit zwei Jahren und konnte noch nicht viele Rücklagen bilden. Da geht es dann auch um die Existenz, wenn man wochenlang schließen muss“, stellt sie fest. Sie habe allerdings viel Solidarität von ihren Trossinger Kunden erfahren. So wurde beispielsweise der Lieferservice, den sie ins Leben gerufen hat, gut angenommen.
Damit hat auch Mode Messner gute Erfahrungen gemacht. Das Unternehmen hatte für seine Kunden Kleider verschickt oder auch selbst geliefert. Dazu gab es in Form von selbstgedrehten Videos regelmäßig in den sozialen Netzwerken wie auf Facebook und Instagram Inspiration für die Kunden. „Die Nachfrage war da“, sagt Bianca Hauser. „Die Leute hatten Lust auf neue Mode.“Denn eigentlich wäre jetzt der Saisonstart für die neuen Frühjahrskollektionen gewesen - eine starke Umsatzzeit. Die Erleichterung bei den Mitarbeitern ist groß, dass wieder geöffnet ist. „Das bringt ein bisschen Normalität zurück“, sagt Hauser.
Auch beim Modehaus Bilger Exclusiv erhielten Stammkunden Pakete. Den Kontakt hielt das Geschäft über Videochats, wie Geschäftsführerin Annette Drössler erzählt. „Aber das ist natürlich nicht dasselbe, wie unsere Kunden im Laden beraten zu können“, meint sie. „Wie sind deshalb superglücklich, wieder öffnen zu können.“
Ganz neue Wege war Spielwaren Schrödl während der vergangenen vier Wochen gegangen, berichtet Chefin Andrea Schrödl. „Wir hatten vorher noch nie einen Online-Handel. Jetzt haben wir aus der Not heraus einen auf die Beine gestellt“, sagt sie. „Das ist aber natürlich nichts dasselbe, wie den Laden öffnen zu können.“Dementsprechend froh sei sie, dass jetzt wieder auf ist. „Die Kunden freuen sich auch. Gerade auf Wolle haben viele gewartet. Beliebt sind auch Spielsachen als Beschäftigung für die Kinder.“
Andrea Schrödl spricht von harten vier Wochen. Ostern sei normalerweise eine wichtige Saison fürs Geschäft, gerade, was den Bastelbereich betreffe. Einen Teil davon werde sie 2021 wieder nutzen können alles jedoch nicht.
Beim Schuhhaus Dufner indessen boomte im vergangenen Monat der Online-Handel so sehr, dass das Geschäft erst am Donnerstag wieder öffnen kann. „Wir sind recht leergeräumt“, sagt Dirk Messmer. „Wir mussten permanent Schuhe nachbestellen.“Speziell zum Beispiel bei Kinderschuhen sei der Bedarf da gewesen: „Wenn die alten zu klein sind, braucht das Kind eben neue.“Der Online-Handel sei sehr wichtig für das Geschäft gewesen, sagt Messmer: „Das hat uns sehr geholfen.“Trotzdem sei er froh, jetzt wieder öffnen zu können: „Der Laden ist ein ebenso wichtiges Standbein wie online.“
Auch im Floristikfachgeschäft Florem ist die Erleichterung groß, die Türen wieder öffnen zu können. „Im Mai ist bei uns immer viel los, auch wegen Muttertag“, erzählt Mitarbeiterin Simone Schirling. Das sei immerhin ein kleiner Trost für das weggebrochene Ostergeschäft, das sonst im Blumenladen stark sei. „Da fehlt viel, das merken wir schon“, so Schirling. Nun hoffen sie und ihre Kollegin Monika Wilkens, dass das Geschäft in den kommenden Wochen wieder anläuft - ganz so, wie auch die anderen Trossinger Einzelhändler.