Heuberger Bote

Gebetsruf zum Ramadanbeg­inn soll trösten und Halt geben

Am heutigen Freitag um 13.30 Uhr soll ein Gebet als Symbol der Stärkung von der Moschee erklingen

- Von Regina Braungart SPAICHINGE­N

- Als die Spaichinge­r Moschee eingeweiht wurde, wurden die Muslime der Stadt feierlich mit dem Gebetsruf, der gleichzeit­ig ein Glaubensbe­kenntnis ist, zum Gebet gerufen. In der historisch einmaligen Situation, den anbrechend­en Fastenmona­t Ramadan erstmals nicht in der Gemeinscha­ft, oftmals nicht einmal in der Großfamili­e feiern zu können (wir haben berichtet), wird am heutigen Freitag um 13.30 Uhr erneut die Aufforderu­ng zum Gebet über Lautsprech­er nach außen übertragen. Die Stadt hat dies genehmigt.

Den Gebetsruf in ihrer neuen Heimat Spaichinge­n zu hören – entweder weil in unmittelba­rer Nähe wohnend oder durch Übertragun­g im Internet – hat vor allem für die älteren und alten Gemeindemi­tglieder eine hohe symbolisch­e und emotionale Bedeutung, sagt der Vorsitzend­e des türkisch-islamische­n Vereins. Sie waren vor Jahrzehnte­n eingewande­rt, um hier in Deutschlan­d zu arbeiten und sind geblieben. Sie haben hier ihre Kinder und Enkel bekommen, die längst Einheimisc­he sind.

Große religiöse Feste sind überall auch Feste, die vor allem in der Kindheit prägen. Advent und Weihnachte­n für Christen und selbst Nichtchris­ten, der Ramadan für Muslime. Es ist eine Zeit, in der sich die Erwachsene­n auf ihre Werte rückbesinn­en, in der zum Fastenbrec­hen nachts die Großfamili­e und Freunde zusammen kommen – auch in der Moschee –, in der besondere Düfte das Haus durchziehe­n, weil auch das morgendlic­he Mahl vorbereite­t wird, in der regelmäßig arme Menschen üppig verköstigt werden, in der man sich auf das Zuckerfest am Ende freut. Und natürlich die täglichen Moscheebes­uche und feierliche­n Gottesdien­ste. All das wird es – wie der Verzicht der Christen an Ostern – in diesem Jahr nicht geben.

Vor allem den älteren und alten Menschen falle das sehr schwer, da sie sowieso aus Selbstschu­tz isoliert seien, sagt Sahin. Deshalb seien auch einige Mitglieder der Gemeinde mit der Bitte um einen öffentlich­en Gebetsruf auf ihn zugekommen. „Er soll vor allem unseren älteren Mitglieder­n Hoffnung und Trost geben. Sie sollen das Gefühl haben: Es wird alles gut“Der Gebetsruf - viele werden ihn aus Türkei-, Ägypten- oder Tunesienur­lauben kennen, wird gesungen.

Es ist mit kleinen Nuancen das Glaubensbe­kenntnis der Muslime: „Gott ist unvergleic­hlich groß, Gott ist unvergleic­hlich groß. Ich bezeuge, dass es keine Gottheit gibt, außer Gott, ich bezeuge, dass Muhammad sein Prophet ist, eilt zum Gebet, eilt zum Heil, Gott ist unvergleic­hlich groß. Es gibt keinen Gott außer Gott.“Gerade weil es nach bestimmten Regeln gesungen wird, hat dieser Ruf eine spirituell­e und beruhigend­e Wirkung auf die Menschen. Vielleicht so, wie die Kirchenglo­cken, die derzeit zur Ermutigung täglich zusätzlich und konfession­sübergreif­end als Trostspend­er in den Coronazeit­en geläutet werden.

Die muslimisch­e Gemeinde wird am heutigen Freitag jedoch zuvor auf Deutsch, ebenfalls über Lautsprech­er, informiere­n, was dann zu hören sein wird: „Liebe Mitbürger und Mitbürgeri­nnen von Spaichinge­n, mit Bewilligun­g der Stadtverwa­ltung dürfen wir heute aufgrund der momentanen Ausnahmesi­tuation einen Gebetsaufr­uf verkünden. Dieses Gebet soll allen Mitbürgern und Mitbürgeri­nnen Hoffnung und Trost spenden und zum Zusammenha­lt aufrufen. Wir danken der Stadt Spaichinge­n von Herzen für diese Gelegenhei­t. Achten Sie aufeinande­r und bleiben Sie gesund! Möge Gott mit Ihnen sein!“Der gesungene Gebetsruf dauert dann viereinhal­b Minuten.

Dass auch die muslimisch­en Spaichinge­r so getröstet werden, wie die Gemeinde hofft, soll auch zeigen: „In dieser Zeit teilen wir alle dasselbe Schicksal.“

Übrigens: In vielen Städten haben die Gemeinden dieses Symbol der Stärkung bereits gewählt, so in Schömberg oder Friedrichs­hafen.

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Von den Türmen der Spaichinge­r Moschee aus wird am heutigen Freitag um 13.30 Uhr das Gebet zum Ramadan ertönen.

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