Eisenmann will Regeln für Corona-Geld
Kultusministerin möchte sicherstellen, dass Landesmittel auch bei Familien ankommen
- 100 Millionen Euro für ein „Hilfsnetz für Familien“: So lautete das Versprechen der grünschwarzen Landesregierung zum Ausbruch der Corona-Krise Ende März. Eltern sollten etwa keine KitaGebühren mehr zahlen, wenn das Kind ohnehin nicht in die Kita darf. Ist das Geld angekommen? Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) bezweifelt das. In einem Brief an Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) fordert sie nun „konkrete und verbindliche Vereinbarungen“, die an die Zahlungen des Landes an die Kommunen geknüpft sind.
Ende März verkündeten Sitzmann und Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) 100 Millionen Euro für Städte, Gemeinden und Landkreise, „wenn Kommunen im März und April aufgrund der Corona-Epidemie auf Elternbeiträge und Gebühren für geschlossene Kindertagesstätten, Kindergärten, Horte und andere Betreuungseinrichtungen verzichten“. Laut einem Sprecher Eisenmanns haben sich seitdem aber viele Eltern, manch Bürgermeister und freie Träger „mit Fragen und Unmutsbekundungen“ans Kultusministerium gewandt. Das Problem: Es gebe keine Verbindlichkeiten, wie etwa freien Kita-Trägern die Kosten erstattet werden. „Noch nebulöser erscheint uns die Situation der privaten Bildungseinrichtungen und privaten Musikschulen“, so Eisenmanns Sprecher. Wie die Kommunen das Geld verwenden, entscheiden allein diese.
Einer der größten freien Träger von Kitas im Land ist die Diakonie. Hier sei noch kein Geld geflossen, sagt Bettina Stäb, stellvertretende Geschäftsführerin des evangelischen Landesverband Tageseinrichtungen für
Kinder in Württemberg. „Die Eltern sind im April entlastet worden, weil alle Träger auf den Einzug der Elterngebühren verzichtet haben.“Nun hofften die Träger, dass ihre finanziellen Ausfälle von den Kommunen erstattet werden. „Das Thema ist wirklich, dass das Verfahren noch nicht geregelt ist, wie das Landesgeld an die Kommunen und dann an freie Träger weitergeleitet wird“, sagt Stäb.
Ob Eltern weiter für den Schulbus zahlen müssen, obwohl die Schulen geschlossen sind, hängt vom Wohnort ab. Manche Verkehrsverbünde verzichten auf den Monatsbeitrag, andere bitten Eltern, die Zahlung nicht auszusetzen. „Es ist gerade wirklich hart, was auf die Familien niederprasselt“, sagt Rosemarie Daumüller, Geschäftsführerin des Landesfamilienrat. Sie verweist auf die 200 Millionen, die das Land den Kreisen pro Jahr überweist, damit diese die Schülerbeförderung organisieren. „Aber das Land kontrolliert nicht nach, wie dieses Geld verwendet wird“, kritisiert sie. Sie unterstützt den Wunsch der Kultusministerin nach verbindlichen Regeln. „Wir wünschen uns, dass das Land da stärker einer Steuerungsfunktion nachkommt.“
In ihrem Brief an die Finanzministerin, der der „Schwäbischen Zeitung“vorliegt, bekennt sich Eisenmann dazu, auf Gebühren für Kitas und sonstige Betreuungsangebote zu verzichten. „Allerdings muss dies im Rahmen einer klaren und verbindlichen Regelung mit den kommunalen Landesverbänden erfolgen“, fordert sie mit Blick auf Montag. Dann nämlich tauschen sich Sitzmann und die Präsidenten der drei Kommunalverbände über weitere Hilfen aus. Nach jetzigem Stand sollen die Kommunen für den Mai weitere 50 Millionen Euro bekommen. Eisenmann fordert nun, dass auch die freien Träger einen Anspruch
auf Erstattung bekommen sollen. Im Brief moniert sie zudem eine „massive Ungleichbehandlung von Volkshochschulen und Musikschulen in öffentlicher und freier bzw. privater Trägerschaft“.
Die 100 Millionen seien eine „rasche und unbürokratische Unterstützung“für die Kommunen gewesen, erklärt eine Sprecherin der Finanzministerin. Über die Verteilung entschieden die Kommunalverbände. Ob Sitzmann an künftige Zahlungen Regeln knüpfen möchte, wie es Eisenmann vorschlägt, lässt die Sprecherin offen.
Roger Kehle, Präsident des Gemeindetags, der die kleineren Kommunen im Land vertritt, wehrt sich gegen Vorgaben. „Ich bin grundsätzlich dagegen, dass uns Fesseln auferlegt werden. Natürlich kann ich verstehen, dass Frau Eisenmann dafür plädiert, die Familien zu unterstützen. Aber dann muss auch das nötige Geld zur Verfügung gestellt werden.“Er berichtet vom Bürgermeister einer 13 500-Einwohner-Stadt. Von den 100 Millionen habe er knapp 87 000 Euro bekommen. Die coronabedingten Mehrausgaben lägen dagegen laut seiner Aufschlüsselung bei 232 000 Euro – bei sinkenden Einnahmen. Weitere 50 Millionen Euro für den Mai seien zu wenig, betont Kehle. „Wir dürfen nicht nur Ausfälle begleichen. Wir brauchen einen Plan, um die Zukunft aktiv zu gestalten.“