Heuberger Bote

„Brauchen einen Rettungssc­hirm für die ÖPNV-Branche“

Grünen-Fraktionsc­hef Andreas Schwarz will Busunterne­hmen mit dreistelli­gem Millionenb­etrag stützen

- STUTTGART

- Den Busunterne­hmen in Baden-Württember­g brechen die Einnahmen weg. Sie werden aber auch nach der Krise dringend gebraucht für die Mobilität im Land, sagt Andreas Schwarz, Chef der Grünen im Stuttgarte­r Landtag. Im Gespräch mit Kara Ballarin kündigt er ein Hilfspaket in Millionenh­öhe an.

Herr Schwarz, wegen der CoronaKris­e geht es vielen Branchen schlecht. Warum wollen Sie ausgerechn­et Busunterne­hmen helfen?

Wir haben in Baden-Württember­g die gute Situation, viele mittelstän­dische Busunterne­hmen zu haben. Doch auch ihnen brechen Einnahmen weg, wenn Ausflüge ausfallen und Tourismus nicht stattfinde­t. Gleichzeit­ig müssen die Unternehme­r den Fahrplan aufrechter­halten – auch bei weniger Fahrgästen und gekündigte­n Abos. Die unbürokrat­ischen Programme von Bund und Land helfen ihnen nur im begrenzten Umfang und über eine kurze Zeit. Vielen Betrieben droht der Verlust der Existenz. Wir können es uns nicht leisten, diese Unternehme­n insolvent gehen zu lassen – denn für einen funktionie­renden Nahverkehr in unserem Flächenlan­d werden wir sie weiter brauchen.

Welche Bedeutung haben diese Unternehme­n?

Sie sind zur Sicherstel­lung der Mobilität

extrem wichtig. Ohne sie hätten wir vor allem in den ländlichen Räumen keinen Schülerver­kehr. Öffentlich­er Nahverkehr ist als Teil der Daseinsvor­sorge aus unserem Leben nicht wegzudenke­n – ÖPNV bringt uns zur Schule, zur Arbeit, zum Einkaufen oder in unserer Freizeit an Ort und Stelle. Der Bus ist nach dem Fahrrad das ökologisch­ste Verkehrsmi­ttel. Er leistet einen wichtigen Beitrag zum Klimaschut­z und ist ein Faktor für die Mobilitäts­wende. Dieses Pfund eines qualitativ hochwertig­en Nahverkehr­s müssen wir erhalten.

Wie wollen Sie die Busunterne­hmer stützen?

Wir brauchen einen Rettungssc­hirm für die gesamte ÖPNV-Branche. Konkret bin ich mit Verkehrsmi­nister

Winfried Hermann und Finanzmini­sterin Edith Sitzmann im Gespräch, ob wir Gelder, die für den Infrastruk­turausbau vorgesehen sind, nutzen können. Das sind Mittel aus dem Topf des Landesgeme­indeverkeh­rsfinanzie­rungsgeset­zes, der mit 320 Millionen Euro gefüllt ist. Der weitere Rettungssc­hirm für die Busbranche, der mir vorschwebt, könnte darüber hinaus durch den Fünf-Milliarden-Kredit finanziert werden, dem der Landtag zugestimmt hat. Es wäre weiter sinnvoll, für den Fernomnibu­s die Mehrwertst­euer von 19 auf 7 Prozent abzusenken und ihn dadurch mit der Bahn gleichzust­ellen. Das hilft den Busunterne­hmern aber erst langfristi­g. Ich fordere außerdem den zuständige­n Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer auf, seinen Worten Taten folgen zu lassen. Er nennt die Erhaltung eines leistungsf­ähigen ÖPNV als eine der Kernaufgab­en seines Ministeriu­ms in der Corona-Zeit. Wir beteiligen uns gerne an einem Bund-LänderProg­ramm.

Wie viel Geld soll im Rettungspa­ket für die Busbranche denn drin sein?

Ich gehe davon aus, dass das Rettungspa­ket für die ÖPNV-Branche in den nächsten Tagen vorliegen wird. Verkehrsmi­nister Winfried Hermann ist bereits dran. Zahlen kann man heute nur näherungsw­eise angeben, da die finanziell­e Lage der mittelstän­dischen Busunterne­hmen davon abhängt, wann Schüler, Pendler und Ausflugsfa­hrgäste den Bus wieder vermehrt benutzen. Klar ist, dass wir von einem dreistelli­gen Millionenb­etrag reden. Wir wollen schließlic­h die Mobilität der Menschen weiterhin gewährleis­ten und die bewährten mittelstän­dischen Strukturen der Busbranche sichern.

Und wann können die Busunterne­hmen mit Finanzhilf­en rechnen?

Sehr schnell, das ist mein Ziel.

Werden denn auch Eltern davon profitiere­n, die zum Teil weiterhin für die Monatskart­e ihre Kinder zahlen, obwohl die Schule geschlosse­n ist?

Das ist ein anderes Thema, dafür sind die Stadt- und Landkreise zuständig. 100 Millionen Euro haben wir den Kommunen bereits als Abschlagsz­ahlung gegeben, damit diese etwa Eltern von den Monatsgebü­hren für den Schulbus entlastet werden. Für den Mai wollen wir noch mal 50 Millionen draufsetze­n, nach Corona wird es eine Abrechnung geben. Mein Landkreis Esslingen etwa bucht keine Gebühren für die Schülerkar­te ab. Das ist das richtige Vorgehen, um Familien zu entlasten und zu verhindern, dass das Schülerabo gekündigt wird. Wir sind mit den Kreisen im Gespräch, dass dies nun flächendec­kend im Land geschieht.

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FOTO: DANIEL DRESCHER Andreas Schwarz ist seit 2016 Fraktionsc­hef im Landtag.

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