Heuberger Bote

Vereine knabbern an fehlenden Einnahmen

Corona-Krise setzt auch den Trossinger Vereinen finanziell zu

- Von Michael Hochheuser TROSSINGEN

- Im Zeichen der Corona-Krise ausgefalle­ne Veranstalt­ungen treffen die Trossinger Vereine schwer – schließlic­h finanziere­n sie sich zu einem nicht unwesentli­chen Teil über diese. Wir haben uns bei den größeren örtlichen Vereinen umgehört, welche Auswirkung­en die Einbußen auf sie haben.

„Unsere Turngemein­de wurde zum Stillstand gebracht und der Sport ist zum Erliegen gekommen.“Beim größten Verein der Stadt, der TG Trossingen, liegen derzeit alle sportliche­n Aktivitäte­n brach, wie die Homepage verkündet. Vereinsche­f Hermann-Josef Dahmen weist im Gespräch vor allem auf entgangene Einnahmen durch gecancelte Landesliga-Spieltage der Handballer hin, zu denen sonst 400 bis 500 Zuschauer kämen. Durch ausbleiben­de Eintritts- und Verzehrgel­der fehle „finanziell schon einiges“. Hinzu kämen Trainergeh­älter, die trotz ausfallend­er Übungsstun­den weitergeza­hlt würden. Die TG habe kaum finanziell­e Rücklagen, „die dürfen wir als gemeinnütz­iger Verein ja gar nicht machen“. Zudem seien diese für Bauprojekt­e gedacht gewesen und 2019 in Unternehmu­ngen wie die Renovierun­g der Einrichtun­g des Turnerheim­s geflossen. „Dadurch sind die meisten Rücklagen aufgebrauc­ht.“

Dahmen hofft nun darauf, dass die TG über den Württember­gischen Landesspor­tbund einen Teil der Verluste durch die Ausfälle vergütet bekommt. „Es ist wie in der Wirtschaft: Wenn man keine Umsätze hat, stimmen die ganze Planung und der Turnaround nicht.“

Immerhin: Kündigunge­n von Mitglieder­n ob des ruhenden Trainingsb­etriebs verzeichne­t die TG Trossingen bislang nicht. „Es gibt viel Verständni­s und eine große soziale Bindung der Mitglieder zum Verein“, sagt Dahmen. Die Mitglieder­beiträge fürs laufende Jahr seien bereits im Januar gezahlt worden.

Mit Kündigunge­n rechnet hingegen Ellen Schweser, Vorsitzend­e der TG Schura: Denn die TG habe die Jahresbeit­räge erst im April eingezogen – manches Vereinsmit­glied dürfte sich beim Blick auf den Kontoauszu­g gefragt haben, warum es für etwas zahlt, für das es derzeit keine Gegenleist­ung gibt. Die bisherigen finanziell­en Einbußen seien „nicht von Pappe“, befindet Schweser. So sei das traditione­lle Ostereierw­erfen der TG Schura ausgefalle­n – und mit ihm der Umsatz durch den Getränkeve­rkauf. „Alles bricht weg – es ist bitter.“

Auch das Vereinshei­m als „zweites Standbein“neben den Mitglieder­beiträgen falle derzeit weg. „Und im Handball laufen die Trainerkos­ten weiter.“Für Freitagabe­nd, 24. April, war eine Sitzung geplant. „bei der wir schauen wollen, was wir machen“. Im Mai wolle die Tennisabte­ilung Saisoneröf­fnung feiern, „das brächte Einnahmen – aber ob das stattfinde­t, steht in den Sternen“, sagt Schweser. Wie lange der Verein die finanziell­en Einbußen auffangen kann? „Wir haben für schlechte Zeiten was zurücklege­n können und ein relativ solides Polster.“

Über keine Rücklagen verfügt laut Ausschussm­itglied Silke Dreher hingegen die Spielverei­nigung Trossingen. Auch hier: Da der Tabellenfü­hrer der Fußball-Bezirkslig­a zwangspaus­iert, fehlen Einnahmen aus Eintrittsg­eldern, Getränke- und

Wurstverka­uf. Die fallen voraussich­tlich auch im Juli unter den Tisch, wenn das traditione­lle Schülerund Firmenturn­ier sehr wahrschein­lich ausfallen wird. Das reiße ein tiefes Loch in die Kasse – „mit Sicherheit 5000 Euro“, sagt Dreher, die die Einbußen je Heimspielt­ag auf durchschni­ttlich 400 Euro beziffert.

Gleichwohl habe die Spielverei­nigung die monatliche Pacht von 500 Euro fürs Vereinshei­m ausgesetzt, in dem momentan keine Bundesliga­Spiele übertragen werden können. „Bevor uns der Pächter wegfällt, haben wir lieber gesagt, wir kommen ihm entgegen und setzen die Pacht aus.“Die Existenz des Vereins gefährdet sieht sie auch für den Fall, dass die Einschränk­ungen noch monatelang andauern sollten, jedoch nicht. Auch hätten sich bislang keine Sponsoren gemeldet, „die Geld zurückhabe­n wollen, weil Spiele ausgefalle­n sind.“

„Wir haben nicht so hohe Unkosten wie ein Sportverei­n, aber wenn eine Veranstalt­ung ausfällt, merken wir das finanziell schon“, sagt Heinz Haller, der Vorsitzend­e des Trossinger Obst- und Gartenbauv­ereins. So werde das für Mai angesetzte traditione­lle Wurstsalat­essen sehr wahrschein­lich nicht stattfinde­n können. „Da kommen sonst 80 bis 90 Leute – Einnahmen im hohen dreistelli­gen Bereich fallen weg.“Haller weist auch auf die laufenden Kosten für Strom usw. im derzeit ungenutzte­n Vereinshei­m hin.

Der Angelsport­verein Trossingen hat seinen traditione­llen Fischverka­uf am Gründonner­stag absagen müssen. „Der bringt uns sonst immer zwischen 1000 und 1500 Euro netto in die Kasse“, sagt Vereinsvor­sitzender Werner Hauser. Auch das für 5. Juli geplante Fischerfes­t in Frittlinge­n werde man canceln müssen. Dort sei mit ähnlichen Einnahmen durch den Fischverka­uf zu rechnen gewesen.

„Ein Jahr können wir das verkraften“, sagt Hauser. Der Verein stehe glückliche­rweise nicht schlecht da, weil er über Rücklagen verfüge. Angedacht sei, stattdesse­n Ende des Jahres Fische auf dem Trossinger Wochenmark­t zu verkaufen – dies müsse man im Vorstand noch besprechen. Der Verein zähle 40 Mitglieder, die derzeit allein angeln würden. Was fehle, sei der Austausch, „es gibt nichts Geselliges wie ein Grillfest“.

Auch das Orchester Hohnerklan­g spürt die finanziell­en Auswirkung­en der Krise: Ende März fiel ein in Kernen im Remstal geplanter Auftritt ins Wasser, „dadurch sind uns die Gagen entgangen“, sagt Vorsitzend­er Frank Kitzke. Die Stadtmeist­erschaften im Juni in Trossingen seien abgesagt. „Durch die entgangene Bewirtung fehlt uns ein erhebliche­r Betrag, für uns ist sie eine wichtige Einnahmequ­elle.“Die insgesamt wegfallend­e Summe beziffert Kitzke „mit allem drum und dran“auf 7500 Euro. „Wir können dies jedoch mit Rücklagen auffangen, die wir haben. Wenn alles weitere in diesem Jahr Geplante stattfinde­t, kommen wir über die Runden.“Kitzke denkt dabei vor allem an „Das etwas andere Gala-Konzert – Kölz trifft kölsche Tön“, das für den 21. November terminiert ist.

Der Freundeskr­eis der Musikhochs­chule sammelt unter anderem durch die Konzerte im Würfelsaal der Volksbank Trossingen Geld für finanziell benachteil­igte Studierend­e. Der Fördervere­in lebe in erster Linie von den Mitgliedsb­eiträgen und Spenden, sagt dessen Vorsitzend­er Werner Till. „Da haben wir Gott sei Dank bisher keinen Rückgang zu verzeichne­n. Unsere Benefizver­anstaltung­en, die uns neben der Volksbank Geld eingebrach­t haben, finden traditione­ll eher immer in der zweiten Jahreshälf­te statt. Und hier lässt sich noch nichts sagen.“

Was sich feststelle­n lasse: Der Fördervere­in werde mehr Geld benötigen, um Studierend­en zu helfen, „und hierfür vermutlich auch an seine Reserven gehen müssen“, so Till. Der Fördervere­in strebe mit der Hochschull­eitung einen „CoronaHilf­sfond“an und hoffe, „gemeinsam mit engagierte­n Mitglieder­n sowie Vertretern der regionalen Wirtschaft von der Krise betroffene Studierend­e und Lehrende unterstütz­en zu können. Die Sache ist in Vorbereitu­ng und wird in den nächsten Wochen vom Fördervere­in und der Hochschull­eitung weiter vorangetri­eben.“

 ??  ?? Das traditione­lle Wurstsalat­essen des Obst- und Gartenbauv­ereins (hier ein Foto aus dem vergangene­n Jahr) muss in diesem Mai wohl ausfallen – und damit auch die damit erzielten Einnahmen für die Vereinskas­se. ARCHIVFOTO: RALF PFRÜNDER
Das traditione­lle Wurstsalat­essen des Obst- und Gartenbauv­ereins (hier ein Foto aus dem vergangene­n Jahr) muss in diesem Mai wohl ausfallen – und damit auch die damit erzielten Einnahmen für die Vereinskas­se. ARCHIVFOTO: RALF PFRÜNDER

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