Vereine knabbern an fehlenden Einnahmen
Corona-Krise setzt auch den Trossinger Vereinen finanziell zu
- Im Zeichen der Corona-Krise ausgefallene Veranstaltungen treffen die Trossinger Vereine schwer – schließlich finanzieren sie sich zu einem nicht unwesentlichen Teil über diese. Wir haben uns bei den größeren örtlichen Vereinen umgehört, welche Auswirkungen die Einbußen auf sie haben.
„Unsere Turngemeinde wurde zum Stillstand gebracht und der Sport ist zum Erliegen gekommen.“Beim größten Verein der Stadt, der TG Trossingen, liegen derzeit alle sportlichen Aktivitäten brach, wie die Homepage verkündet. Vereinschef Hermann-Josef Dahmen weist im Gespräch vor allem auf entgangene Einnahmen durch gecancelte Landesliga-Spieltage der Handballer hin, zu denen sonst 400 bis 500 Zuschauer kämen. Durch ausbleibende Eintritts- und Verzehrgelder fehle „finanziell schon einiges“. Hinzu kämen Trainergehälter, die trotz ausfallender Übungsstunden weitergezahlt würden. Die TG habe kaum finanzielle Rücklagen, „die dürfen wir als gemeinnütziger Verein ja gar nicht machen“. Zudem seien diese für Bauprojekte gedacht gewesen und 2019 in Unternehmungen wie die Renovierung der Einrichtung des Turnerheims geflossen. „Dadurch sind die meisten Rücklagen aufgebraucht.“
Dahmen hofft nun darauf, dass die TG über den Württembergischen Landessportbund einen Teil der Verluste durch die Ausfälle vergütet bekommt. „Es ist wie in der Wirtschaft: Wenn man keine Umsätze hat, stimmen die ganze Planung und der Turnaround nicht.“
Immerhin: Kündigungen von Mitgliedern ob des ruhenden Trainingsbetriebs verzeichnet die TG Trossingen bislang nicht. „Es gibt viel Verständnis und eine große soziale Bindung der Mitglieder zum Verein“, sagt Dahmen. Die Mitgliederbeiträge fürs laufende Jahr seien bereits im Januar gezahlt worden.
Mit Kündigungen rechnet hingegen Ellen Schweser, Vorsitzende der TG Schura: Denn die TG habe die Jahresbeiträge erst im April eingezogen – manches Vereinsmitglied dürfte sich beim Blick auf den Kontoauszug gefragt haben, warum es für etwas zahlt, für das es derzeit keine Gegenleistung gibt. Die bisherigen finanziellen Einbußen seien „nicht von Pappe“, befindet Schweser. So sei das traditionelle Ostereierwerfen der TG Schura ausgefallen – und mit ihm der Umsatz durch den Getränkeverkauf. „Alles bricht weg – es ist bitter.“
Auch das Vereinsheim als „zweites Standbein“neben den Mitgliederbeiträgen falle derzeit weg. „Und im Handball laufen die Trainerkosten weiter.“Für Freitagabend, 24. April, war eine Sitzung geplant. „bei der wir schauen wollen, was wir machen“. Im Mai wolle die Tennisabteilung Saisoneröffnung feiern, „das brächte Einnahmen – aber ob das stattfindet, steht in den Sternen“, sagt Schweser. Wie lange der Verein die finanziellen Einbußen auffangen kann? „Wir haben für schlechte Zeiten was zurücklegen können und ein relativ solides Polster.“
Über keine Rücklagen verfügt laut Ausschussmitglied Silke Dreher hingegen die Spielvereinigung Trossingen. Auch hier: Da der Tabellenführer der Fußball-Bezirksliga zwangspausiert, fehlen Einnahmen aus Eintrittsgeldern, Getränke- und
Wurstverkauf. Die fallen voraussichtlich auch im Juli unter den Tisch, wenn das traditionelle Schülerund Firmenturnier sehr wahrscheinlich ausfallen wird. Das reiße ein tiefes Loch in die Kasse – „mit Sicherheit 5000 Euro“, sagt Dreher, die die Einbußen je Heimspieltag auf durchschnittlich 400 Euro beziffert.
Gleichwohl habe die Spielvereinigung die monatliche Pacht von 500 Euro fürs Vereinsheim ausgesetzt, in dem momentan keine BundesligaSpiele übertragen werden können. „Bevor uns der Pächter wegfällt, haben wir lieber gesagt, wir kommen ihm entgegen und setzen die Pacht aus.“Die Existenz des Vereins gefährdet sieht sie auch für den Fall, dass die Einschränkungen noch monatelang andauern sollten, jedoch nicht. Auch hätten sich bislang keine Sponsoren gemeldet, „die Geld zurückhaben wollen, weil Spiele ausgefallen sind.“
„Wir haben nicht so hohe Unkosten wie ein Sportverein, aber wenn eine Veranstaltung ausfällt, merken wir das finanziell schon“, sagt Heinz Haller, der Vorsitzende des Trossinger Obst- und Gartenbauvereins. So werde das für Mai angesetzte traditionelle Wurstsalatessen sehr wahrscheinlich nicht stattfinden können. „Da kommen sonst 80 bis 90 Leute – Einnahmen im hohen dreistelligen Bereich fallen weg.“Haller weist auch auf die laufenden Kosten für Strom usw. im derzeit ungenutzten Vereinsheim hin.
Der Angelsportverein Trossingen hat seinen traditionellen Fischverkauf am Gründonnerstag absagen müssen. „Der bringt uns sonst immer zwischen 1000 und 1500 Euro netto in die Kasse“, sagt Vereinsvorsitzender Werner Hauser. Auch das für 5. Juli geplante Fischerfest in Frittlingen werde man canceln müssen. Dort sei mit ähnlichen Einnahmen durch den Fischverkauf zu rechnen gewesen.
„Ein Jahr können wir das verkraften“, sagt Hauser. Der Verein stehe glücklicherweise nicht schlecht da, weil er über Rücklagen verfüge. Angedacht sei, stattdessen Ende des Jahres Fische auf dem Trossinger Wochenmarkt zu verkaufen – dies müsse man im Vorstand noch besprechen. Der Verein zähle 40 Mitglieder, die derzeit allein angeln würden. Was fehle, sei der Austausch, „es gibt nichts Geselliges wie ein Grillfest“.
Auch das Orchester Hohnerklang spürt die finanziellen Auswirkungen der Krise: Ende März fiel ein in Kernen im Remstal geplanter Auftritt ins Wasser, „dadurch sind uns die Gagen entgangen“, sagt Vorsitzender Frank Kitzke. Die Stadtmeisterschaften im Juni in Trossingen seien abgesagt. „Durch die entgangene Bewirtung fehlt uns ein erheblicher Betrag, für uns ist sie eine wichtige Einnahmequelle.“Die insgesamt wegfallende Summe beziffert Kitzke „mit allem drum und dran“auf 7500 Euro. „Wir können dies jedoch mit Rücklagen auffangen, die wir haben. Wenn alles weitere in diesem Jahr Geplante stattfindet, kommen wir über die Runden.“Kitzke denkt dabei vor allem an „Das etwas andere Gala-Konzert – Kölz trifft kölsche Tön“, das für den 21. November terminiert ist.
Der Freundeskreis der Musikhochschule sammelt unter anderem durch die Konzerte im Würfelsaal der Volksbank Trossingen Geld für finanziell benachteiligte Studierende. Der Förderverein lebe in erster Linie von den Mitgliedsbeiträgen und Spenden, sagt dessen Vorsitzender Werner Till. „Da haben wir Gott sei Dank bisher keinen Rückgang zu verzeichnen. Unsere Benefizveranstaltungen, die uns neben der Volksbank Geld eingebracht haben, finden traditionell eher immer in der zweiten Jahreshälfte statt. Und hier lässt sich noch nichts sagen.“
Was sich feststellen lasse: Der Förderverein werde mehr Geld benötigen, um Studierenden zu helfen, „und hierfür vermutlich auch an seine Reserven gehen müssen“, so Till. Der Förderverein strebe mit der Hochschulleitung einen „CoronaHilfsfond“an und hoffe, „gemeinsam mit engagierten Mitgliedern sowie Vertretern der regionalen Wirtschaft von der Krise betroffene Studierende und Lehrende unterstützen zu können. Die Sache ist in Vorbereitung und wird in den nächsten Wochen vom Förderverein und der Hochschulleitung weiter vorangetrieben.“