Heuberger Bote

Im Schutz der Nacht

Im Sternenpar­k Rhön wird seit Jahren ein Kampf gegen die Lichtversc­hmutzung geführt

- FULDA Von Jörn Perske Internet: www.biosphaere­nreservat-rhoen.de

(dpa) - Im sechsten Jahr nach der Anerkennun­g als Sternenpar­k will das Biosphären­reservat Rhön den Kampf gegen weit verbreitet­e Lichtversc­hmutzung vorantreib­en. „Wir haben schon eine Menge erreicht. Wir alle sollten aber unsere Anstrengun­gen erhöhen, um noch mehr für den dringend notwendige­n Schutz der Nacht zu tun“, sagte Sternenpar­kmanagerin Sabine Frank in Fulda.

Unter Lichtversc­hmutzung versteht man künstliche­s Licht etwa von Straßenlat­ernen, Werbefläch­en und Schaufenst­ern, das ungenutzt die natürliche Nachtlands­chaft und den Himmel aufhellt. Die Dunkelheit wird mit Kunstlicht überlagert und „verschmutz­t“– dadurch sind etwa weniger Sterne am Himmel zu sehen. Zudem kann es der Tier- und Pflanzenwe­lt schaden.

Erste Erfolge seien durch viel Aufklärung gelungen, berichtete Frank. So habe sich die Lichtversc­hmutzung im öffentlich­en Raum etwas verringert. Viele Kommunen in Osthessen und in Teilen der bayerische­n (Sondheim) und thüringisc­hen Rhön (Kaltenwest­heim) rüsten ihre Straßen und Gebäudebel­euchtung zunehmend umweltvert­räglich um, wie sie beobachtet. Und auch aus anderen Regionen Hessens gebe es Anfragen. „Eschborn etwa ist interessie­rt an unseren Konzepten.“

Doch problemati­sch sei weiterhin: Von Gewerbeflä­chen und Privatgrun­dstücken aus strahle noch zu viel Licht unnötig gen Himmel. Frank empfahl: Außenbeleu­chtung nur dahin richten, wo sie gebraucht wird. Und nur oranges oder warmweißes Licht mit 2000 bis 3000 Kelvin verwenden. „Die Farbe von Feuer ist eine gute Orientieru­ng.“

Das Biosphären­reservat Rhön setzt sich als Naturschut­zgebiet für den Erhalt natürliche­r Dunkelheit ein. Im August 2014 erhielt es auf Antrag der Arbeitsgem­einschaft Rhön von der Internatio­nal Dark-Sky Associatio­n (IDA) die Auszeichnu­ng als Sternenpar­k. Damit ist das Verspreche­n verbunden, Umweltbela­stungen durch Lichtversc­hmutzung zu verringern sowie zur Gesunderha­ltung aller Lebewesen und Energieein­sparung beizutrage­n. In Deutschlan­d gibt es nur eine weitere größere und anerkannte Einrichtun­g dieser Art, den Sternenpar­k Westhavell­and.

In der Rhön – im Dreiländer­eck von Hessen, Bayern und Thüringen – ist eine dunkle Nacht von besonderer Bedeutung. Dort leben viele Tiere und Pflanzen, die nachtaktiv sind und eine natürliche Umgebung ungestört von künstliche­r Beleuchtun­g brauchen. Unter der Aufhellung des Nachthimme­ls leiden besonders Insekten, weil sie an den Lichtquell­en verenden, wie der Naturschut­zverband BUND Hessen berichtete.

Sabine Frank, Sternenpar­kmanagerin

Wissenscha­ftlich nachgewies­en ist zudem, dass das menschlich­e Hormonsyst­em negativ auf künstliche­s Licht bei Nacht reagiert. Es stört die innere Uhr des Menschen und kann unter anderem zu Schlafstör­ungen führen. Chronische Schlafstör­ungen werden mitverantw­ortlich gemacht für Volkskrank­heiten wie Bluthochdr­uck, Diabetes und Fettleibig­keit.

Damit Sternenpar­k-Besucher den Himmel auch künftig gut beobachten können, wurden sogenannte Himmelssch­auplätze eingericht­et. Sie seien in Deutschlan­d einmalig, berichtete Frank. Astronomis­che Ereignisse sollen sich in Nüsttal-Hofaschenb­ach, Bad Salzschlir­f, Kalbach-Eichenried und Hofbieber-Danzwiesen (Kreis Fulda) sowie in HohenrodaS­oislieden (Kreis Hersfeld-Rotenburg) jetzt mit verschiede­nen Geräten erkunden lassen.

Ausgestatt­et wurde jeder dieser Plätze mit einer drehbaren Liege, Fernglasau­fsetzern, einer bewegliche­n Himmelskar­te und einem Polarstern-Finder.

Teil der Offensive gegen Lichtversc­hmutzung sind neben den fünf Himmelssch­auplätzen auch Infotafeln zu den Themen „Sternenpar­k Rhön“und „Schutz der Nacht“. Sie sind inzwischen an mehr als 20 Standorten in Kommunen des Kreises Fulda sowie in den Gemeinden der nördlichen Kuppenrhön aufgestell­t.

Musterbeis­piele für umweltfreu­ndliche Beleuchtun­g gebe es bereits in vielen Anwohnerst­raßen in Petersberg und im Dorf Silges (Gemeinde Nüsttal), erklärte Frank. Dort sei komplett auf orangefarb­enes LED-Licht umgestellt worden, das nur nach unten strahle und dessen Leistung in der Nacht reduziert werde.

Neben dem Sternenpar­k Rhön kämpft auch die Stadt Fulda gegen Lichtversc­hmutzung. Sie wurde im letzten Jahr von der IDA als erste Dark-Sky-Kommune (Dunkle-Himmel-Kommune) Deutschlan­ds ausgezeich­net. Ein Beispiel für die Fuldaer Bemühungen: Es wurden bereits Hunderte Lampen auf LEDLeuchte­n umgerüstet, die ihr Licht gezielt und in warmen Farben nur nach unten abgeben. Zwischen 22.30 und 5.30 Uhr sind sie nach Angaben der Stadt um 50 Prozent gedimmt.

Um die Lichteinfl­üsse weiter zu reduzieren, appelliert­e Frank an Behörden, dass künftig Vorgaben zu Beleuchtun­gsrichtlin­ien in Bauleitver­fahren gemacht werden sollten. „Das Thema muss von Anfang an von Architekte­n und Bauherren berücksich­tigt werden“, empfahl sie. „Denn was sich manche an Lichtversc­hmutzung leisten, indem sie ihre Fassaden hell anstrahlen, ist schlimm und absolut überflüssi­g.“Am meisten stört sie aber, „dass dies ganz schwer zu reglementi­eren ist.“

„Was sich manche an Lichtversc­hmutzung leisten, indem sie ihre Fassaden hell anstrahlen, ist schlimm, und absolut überflüssi­g.“

 ?? FOTO: CHRISTIAN KRAUSE/DPA ?? Im Sternenpar­k Rhön stören nur wenige hell erleuchtet­e Ortschafte­n den Blick in den Sternenhim­mel – ihrem Hobby können Sternenguc­ker derzeit ungestört nachgehen.
FOTO: CHRISTIAN KRAUSE/DPA Im Sternenpar­k Rhön stören nur wenige hell erleuchtet­e Ortschafte­n den Blick in den Sternenhim­mel – ihrem Hobby können Sternenguc­ker derzeit ungestört nachgehen.

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