Corona-Krise trifft Speditionen
Weil unter anderem Automobilzulieferer weniger produzieren, leiden Transportunternehmen
Weil Unternehmen weniger produzieren, leiden auch Transportunternehmen.
- Kaum eine Branche, die nicht betroffen wäre von den Folgen der Corona-Pandemie. Auch die Speditionen im Raum Spaichingen spüren die Auswirkungen verminderten Warenverkehrs. Da viele Firmen in der Region in Kurzarbeit gegangen sind und weniger produzieren, haben auch die Transportunternehmen weniger zu tun.
Auf 50 Prozent beziffert Sandra Haug, Inhaberin der Spaichinger Spedition Haug, die Rückgänge bei den Aufträgen. Seit diesem Monat sei Kurzarbeit angemeldet. Zwei Beschäftigte hätten kürzlich aufgehört, „aber altershalber, nicht wegen der Krise.“Die Firma habe finanzielle Soforthilfe beantragt und bekommen, „das hilft eine Weile“. So der jetzige Zustand länger andauern sollte, „müssen wir ein paar Fahrzeuge verkaufen“, sagt Sandra Haug. Sieben Lkw und größere Pkw umfasst der Fahrzeugpark. Zwei seien derzeit bei der Versicherung stillgelegt worden, um Geld zu sparen. Immerhin: Die aufgrund des Ölpreisverfalls niedrigen Spritpreise kämen den Speditionen momentan zu Gute.
Die Firma Haug ist vor allem in Baden-Württemberg unterwegs und gelegentlich in der Schweiz. An deren Grenze haben die Fahrer in den vergangenen Wochen längere Wartezeiten in Kauf nehmen müssen. „Sonst dauert das so eine Stunde, wenn es jüngst ganz schlecht lief, waren es bis zu drei Stunden“, berichtet Sandra Haug. Die Spedition fährt Maschinen und Industriegüter. „Wir liefern zum Beispiel Teile von Kunden an Härtereien, etwa für Veredelungen, und wieder zurück.“Zu den Kunden gehören Medizintechnikunternehmen und Automobilzulieferer – letztere mithin eine Branche, die in den vergangenen Wochen von der Krise besonders gebeutelt war; mit negativen Folgen auch für die Spaichinger Spedition.
Logistik-Unternehmen gehen in der Corona-Krise neue Wege, bieten zum Beispiel Fracht-Charterflüge an, um Engpässe in der Luftfracht durch das Wegfallen von Passagierflügen aufzufangen. Speditionen nutzen, Stichwort Klimawandel, verstärkt die Schiene für den Warenverkehr. Der Weg „weg von der Straße“ist auch für Sandra Haug „der richtige – aber er ist verschlafen worden, dass hätte schon vor einigen Jahren passieren sollen“. Zudem funktioniere er „nicht in jedem Bereich“, sagt sie – „uns als kleinerer Spedition wäre dies nicht möglich“.
Gegründet hatte die Firma Werner
Haug. Der 59-Jährige ist seit 1983 im Beruf und als einer der Lkw-Fahrer regelmäßig auf Tour. Die neue Wertschätzung seiner Profession als „systemrelevanten Beruf“sieht er mit gemischten Gefühlen. „Der Stellenwert ist nur moralisch gestiegen – aber von den Bedingungen her hat sich noch nichts geändert“, sieht er die Gefahr, dass Aktionen, wie LkwFahrer mit Süßigkeiten zu beschenken, in einigen Monaten wieder vergessen sein könnten. „Davon, dass andere Beifall klatschen, kann ich mir nichts kaufen.“Er nennt etwa das obligatorische „Toiletten-Problem“– so wie kürzlich, bereits in CoronaZeiten, als er bei Hanau wieder einmal auf einem Autobahnparkplatz ohne Toilette übernachten musste. „Dann geht man halt in die Büsche.“
Für ihn als Lkw-Fahrer wäre es derzeit „wünschenswert, wenn man sich mal die Hände waschen könnte“. Etwa nach dem Ent- und Beladen – da seien die belieferten Betriebe „inzwischen vorsichtig geworden, dass ich nicht überall hinkomme“. Eine Firma in Rastatt habe ihm einen Mundschutz gestellt beim Eintritt in den Versand. „Die eigenen Mitarbeiter mussten aber keine tragen – dabei macht das doch nur Sinn, wenn alle einen tragen.“Gut findet Werner Haug Aktionen wie kostenloses Duschen in Hotels für Fernfahrer, wie es sie auch im Kreis Tuttlingen gibt. „Die Idee finde ich super“, sagt er.
Um jedoch gleich einzuschränken: „Aber wo parken dann gleichzeitig zwei oder drei Lkw?“
Versorgungsnöte unter Fernfahrern, wie man sie in den vergangenen Wochen etwa an der Grenze zu Polen gesehen hat, kennt der 59-Jährige nicht. „Ich habe einen Kühlschrank im Laster, sogar eine Spüle ist eingebaut.“Auf einem Gaskocher könne er sich jederzeit eine Konserve warm machen oder ein Spiegelei braten. Zur Not käme er ein bis zwei Wochen mit seinen Vorräten aus. „Ich bin so lange im Geschäft“, sagt er. „An der saudi-arabischen Grenze habe ich mal drei Tage festgesteckt.“
Weltweit auf Achse sind auch die Fahrer des Transportunternehmens Gebrüder Weiss. In der Aldinger Zweigniederlassung verdienen laut Vertriebsleiter Michael Weber rund 60 Beschäftigte ihr Geld, 50 davon in der Verwaltung wie Buchhaltung und Disposition; viele arbeiteten derzeit im Homeoffice. Kurzarbeit habe der Konzern noch nicht angemeldet. Die Transporte übernähmen, auch schon vor der Krise, inzwischen vielfach Subunternehmer – vor allem bei Touren, die eine Woche oder länger dauern.
„Wir sind breit aufgestellt bei den Waren“, sagt Weber. Aber den Rückgang bei den Aufträgen aus der Region, genaue Zahlen kann er nicht nennen, spüre auch das Aldinger Transportunternehmen. „Vor allem bei Automobilzulieferern, auch im Kreis Tuttlingen, zum Beispiel von Firmen vom Heuberg.“Der Konzern nutze sowieso neben der Straße auch die Schiene für den Güterverkehr. Das Chartern von Fracht-Flugzeugen, wie es andere große LogistikUnternehmen bereits betreiben, hält er hingegen für schwierig: „Chartern ist schwierig, weil die Preise inzwischen nach oben geschossen sind.“
Das Unternehmen hat die Fahrer in Corona-Zeiten mit Sicherheitssets ausgestattet; laut Weber haben sie unter anderem Einmalhandtücher und Desinfektionsmittel an Bord. Übertragungs-Risiken sollen minimiert werden: „Bei den Kunden werden die Fahrer angewiesen, im Fahrzeug zu warten.“Die letzten Wochen sind für einige Fernfahrer turbulent gewesen: An der polnischen Grenze etwa mussten sie Geduld zeigen bei, so Weber, „Wartezeiten von anderthalb Tagen und 75 Kilometer Stau in der Spitze“. Mittlerweile habe sich die Situation an den Grenzübergängen wieder stabilisiert. Zudem seien moderne Fahrzeuge im Fernverkehr mit Kühlschränken ausgerüstet. Dennoch: „Wir mussten schauen, wie wir die Fahrer vor Ort versorgen konnten“, berichtet Weber.
Deshalb seien Kollegen mit Autos über Ausweichrouten an die Grenzübergänge gefahren und hätten die Laster-Fahrer mit Lebensmitteln verpflegt.