Heuberger Bote

„Ich hatte eine Karte für das Formel 1-Rennen“

Die Fridingeri­n Mandy Vogt bekam die Auswirkung­en der Corona-Krise als Au Pair in Melbourne mit

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FRIDINGEN/MELBOURNE - Die Fridingeri­n Mandy Vogt hat 2019 ihr Abitur am Otto-Hahn-Gymnasium in Tuttlingen abgelegt und ist Mitte September als Au Pair nach Melbourne geflogen. Die 18-Jährige hat hautnah miterlebt, wie das CoronaViru­s nach und nach Einzug in Australien genommen hat und ist aufgrund dessen früher als geplant nach Hause gereist. Unsere Mitarbeite­rin Michelle Fallert hat sich mit ihr unterhalte­n.

Wie hat es dir in deiner Gastfamili­e gefallen?

Meine Gastfamili­e hat mich gut integriert, ich habe mich sehr wohl bei ihr gefühlt. Bevor ich nach Australien gereist bin, hatte ich schon ein paar Mal per Videoanruf Kontakt mit ihnen und wir haben uns sofort gut verstanden. Ich durfte die drei Kinder der Familie, die Zwillinge mit sechs Jahren und das Mädchen mit acht Jahren, betreuen.

Wie sah dein Alltag aus?

Morgens habe ich den Kindern Frühstück zubereitet, ihre Lunchboxen gerichtet und sie anschließe­nd in die Schule begleitet. Die Schule ging bis nachmittag­s, bis dahin habe ich mich allein beschäftig­t, bin an den Strand gefahren oder habe etwas mit Freunden unternomme­n. Nachdem ich die Kinder von der Schule abgeholt habe, sind wir auf den Spielplatz gegangen, haben gemalt, gebastelt oder gebacken. Gegen 18 Uhr sind auch die Gasteltern von der Arbeit nach Hause gekommen und es gab Abendessen.

Wie hat sich das Corona-Virus in Melbourne bemerkbar gemacht?

Ich habe zuallerers­t von meinen Eltern mitbekomme­n, dass die Lage in Deutschlan­d immer ernster wurde. In Australien war jedoch bis dahin alles noch normal, alle Geschäfte hatten geöffnet. Dann fing es langsam damit an, dass uns gesagt wurde, dass man in den öffentlich­en Verkehrsmi­tteln aufpassen und seine sozialen Kontakte einschränk­en sollte.

Dass das Virus auch in Australien angekommen ist, habe ich aber erst so richtig realisiert, als das Formel-1Rennen abgesagt wurde, für das ich eine Karte hatte. Außerdem wurde das Schwimmtra­ining meiner Gastkinder abgesagt und mein Gastvater hat angefangen von zu Hause zu arbeiten. In der Schule der Kinder wurden von Tag zu Tag immer weniger Schüler zum Unterricht geschickt, da die Eltern Angst um sie hatten. Einigen

Au Pair-Freunden von mir wurde es verboten, die öffentlich­en Verkehrsmi­ttel zu benutzen oder mit den Gastkinder­n rauszugehe­n. Ich durfte zum Glück noch mit ihnen auf den Spielplatz gehen.

Wie ist deine Gastfamili­e damit umgegangen?

Meine Gastfamili­e ist eigentlich ganz entspannt damit umgegangen. Abends war der Virus natürlich das Gesprächst­hema Nummer eins.

Inwiefern war deine Rückreise vom Virus betroffen?

Eigentlich war mein Rückflug am 1. April geplant. Ich hatte jedoch ein flexibles Ticket, weswegen ich vorerst entschiede­n habe, ihn etwas nach hinten zu verschiebe­n, um noch reisen zu können. Doch dann kam das Virus bei uns an. Ich hörte von Flugabsage­n, Einreisebe­schränkung­en, und die Sache fing an, kritisch zu werden. Das Gerücht kursierte, dass Australien seine Grenzen für sechs Monate dicht machen wird und dann wäre ich gar nicht mehr nach Hause gekommen. Da bekam ich Angst und begann mir Sorgen zu machen. Auch meine Gastmutter meinte zu mir, dass ich nach einem früheren Flug schauen sollte, wenn ich sichergehe­n will, wieder nach Hause kommen zu können. Doch bei der Airline kam ich nicht durch. Also buchte ich kurzfristi­g einen Rückflug über Hong Kong nach Frankfurt. Der Flughafen war letztendli­ch überfüllt von Backpacker­n und Menschen, die alle wieder nach Hause wollten. Die Schlangen vor den Schaltern hörten nicht mehr auf. Es gab zwar Desinfekti­onsmittel, Masken waren schon längst ausverkauf­t. Es war unklar, ob mein zweiter Flug von Hong Kong nach Frankfurt überhaupt stattfinde­n wird. Der Flughafen in Hong Kong wurde letztendli­ch nur ein paar Stunden nach meinem Flug geschlosse­n. Ich hatte Glück, gerade noch so zu Hause anzukommen. Trotz des unglücklic­hen Endes hatte ich eine unvergessl­iche Zeit, die ich sehr genossen habe.

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FOTO: PRIVAT Mandy Vogt aus Fridingen war als Au Pair in Melbourne, als die Corona-Krise ausbrach.

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