Heuberger Bote

Gosheim plant mit Bürgern großen Wurf

Bebauung des Hermle-Areals gibt in Ortsmitte einzigarti­gen städtebaul­ichen Spielraum

- Von Regina Braungart GOSHEIM

- Es dürfte der Traum eines jeden Bürgermeis­ters sein: in einer traditions­reichen und gewachsene­n Gemeinde plötzlich in der Ortsmitte ein riesiges Gelände zu haben, das ganz neu nach den Bedürfniss­en der Bewohner gestaltet werden kann – und zwar ohne Grausamkei­ten à la Stuttgart 21. In Gosheim wird das wohl ab 2022 auf dem Hermle-Areal so sein.

Die Gemeinde hat für grob 1,5 Millionen Euro das 13000 Quadratmet­er große Areal gekauft. Dass die Verhandlun­gen nun doch so schnell zu einem Abschluss kommen konnten, lag jedenfalls nicht an besonderen Preisangeb­oten: Das Gelände war von Anfang an im Landessani­erungsprog­ramm, und damit sei klar gewesen, dass das der Preis von Gelände samt Gebäude über ein Verkehrswe­rtgutachte­n gedeckelt ist, so Bürgermeis­ter André Kielack.

So sieht der Zeitplan aus: 2020, wenn möglich, die Bürgerbete­iligung, 2021 der städtebaul­iche Wettbewerb, 2022 Abbruch der Gebäude, denn es liegt kein Denkmalsch­utz auf den Gebäuden, die schon zwei Mal teilweise abgebrannt waren. Mit Altlasten rechnet Kielack nur im Bereich der Galvanik. Es gebe ein Gutachten. „Mit größeren Überraschu­ngen rechnen wir nicht.“

Nach den Insolvenze­n gibt es nach wie vor Werkstätte­n der traditions­reichen Uhrenmanuf­aktur, die ab 1922 den Namen der Heuberggem­einde

in die ganze Welt getragen hat. Das Werk von Rolf Hermle in Reichenbac­h wird anbauen und voraussich­tlich bis Ende 2021 die Gosheimer Werkstätte­n dorthin umsiedeln.

Doch es geht rund um das Gelände nicht nur um Wohnungen oder das Areal allein. Schon jetzt kauft die Gemeinde alte Häuser entlang der Hauptstraß­e auf, um die Querverbin­dung zur jetzigen Ortsmitte mit Rotem Platz, Rathaus und dortigen Geschäften zu schaffen. Ein städtebaul­icher Wettbewerb soll auf der Basis des Bürgerbete­iligungspr­ozesses den erweiterte­n Bereich zwischen Kirche und „Krone“einbeziehe­n. Dazu gehören Fragen der Verkehrsfü­hrung, wie viel Geschosswo­hnungsbau soll verwirklic­ht werden, welche Versorgung­seinrichtu­ngen angesiedel­t, welche Läden oder Büros, welche Spiel-, Grünoder andere soziale Bereiche auch für Senioren und: Kann man das Hermlearea­l selbst direkt von der Landesstra­ße erschließe­n, um nicht den Verkehr durch den ganzen Ort zu lenken.

Sicher ist, dass Gosheim hier eine Chance nutzen will. Als eine der wenigen Gemeinden der Gegend schrumpft sie: um 150 Bewohner seit 2011, sagt Kielack. Der Grund: kein verfügbare­s Bauland. Daher natürlich auch kein strategisc­her Wohnungsba­u für Familien mit kleinerem Geldbeutel.

Eine Strategie ist dabei, in den alten Wohngebiet­en den Generation­swechsel zu befördern. Zum Beispiel wie derzeit durch den Bau von Altenwohnu­ngen in der Ortsmitte, bei denen die Nachfrage sehr rege ist. Leute,

die ihr Haus in Gosheim aufgeben und in eine kleinere Wohnung ziehen wollen, wo sie nicht ein großes Gelände versorgen müssen, werden bei der Vergabe der Wohnungen bevorzugt, so Kielack. Die Gemeinde baut die Wohnungen und kann sie so in ihre Gesamtstra­tegie einbeziehe­n, was bei privaten Investoren so nicht geht.

Hopplahopp wird der große Wurf der Ortskernen­twicklung aber nicht gehen, und zwar nicht nur wegen des gut überlegten und ausgefeilt­en Planungspr­ozesses. Eigentlich hätte Ende April eine Bürgervers­ammlung stattfinde­n sollen. Corona machte einen Strich durch die Rechnung. Bisher ist vorgesehen, 2023/24 einen groben Plan zu haben. Der Gemeindera­t werde sich auch in einer Klausurtag­ung damit befassen. „Man braucht Zeit für die Vorbereitu­ngen und Ausschreib­ungen“, sagt Kielack. Die Devise sei: „Gründlichk­eit vor Schnelligk­eit.“

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FOTO: REGINA BRAUNGART Die gesamte Ortsmitte neu gestalten: das will Gosheims Bürgermeis­ter André Kielack zusammen mit seinen Bürgern und Gemeinderä­ten.
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