Heuberger Bote

Römischer Ärger über Südtirols Alleingang

Die italienisc­he Provinz öffnet Geschäfte, Museen und Bars – Ab Ende Mai sollen Hotelbuchu­ngen möglich sein

- ROM Von Thomas Migge

- Dicke Luft zwischen Rom und Bozen: Die politisch autonome Provinz Südtirol geht einen Sonderweg und hat ohne Rücksprach­e mit der Zentralreg­ierung Lockerunge­n beschlosse­n. Am heutigen Montag öffnen in Südtirol daher nicht nur sämtliche Bars und Restaurant­s, sondern auch Museen, Friseure und Schönheits­salons.

Am Ende des Monats, vom 25. Mai ist die Rede, können Reisende auch wieder Hotelzimme­r buchen und Fahrkarten für die Seilbahnen kaufen. Die stark vom Tourismus abhängige Provinz soll schnell wieder zu einer relativen Normalität zurückkehr­en. Damit wagt Süditrol im Alleingang einen weiteren Schritt in Sachen Lockerunge­n. Auch die Provinz Trentino will die Maßnahmen etwas zurückfahr­en – allerdings in Rücksprach­e mit der Regierung in Rom.

Arno Kompatsche­r, Landeshaup­tmann von Südtirol, beklagt sich über die fehlende Unterstütz­ung der Zentralreg­ierung. Rom habe, so Kompatsche­r italienisc­hen Medien gegenüber, „dem wochenlang­en Drängen für regionale Handlungss­pielräume nicht Gehör gegeben“. Aus diesem Grund, so Kompatsche­r, „haben wir uns für einen eigenen gesetzgebe­rischen Weg aus der Corona-Krise entschiede­n“. In offenem Widerspruc­h zur Zentralreg­ierung, die Südtirol von den Maßnahmen abbringen möchte. Doch Bozen pocht auf seine verfassung­smäßig garantiert­en politische­n Autonomier­echte.

Die Regierung von Ministerpr­äsident Giuseppe Conte hat als frühesten Termin für weitere Lockerunge­n für Gaststätte­n, Friseure und anderen Branchen den 1. Juni angegeben. Immer unter der Voraussetz­ung, dass die Zahl an Neuinfekti­onen weiterhin niedrig bleibt. Weite Teile des Einzelhand­els sollen hingegen ab dem 18. Mai wieder öffnen. Auch Museen und archäologi­sche Grabungsst­ätten,

wie das Forum Romanum in Rom und Pompeji, sollen ab dem 18. Mai wieder zugänglich sein.

Die Provinzen Südtirol und Trentino verzichten, auch das entgegen der Bestimmung­en aus Rom, auf die landesweit immer noch gültigen Vorgaben zum Ausfüllen von Selbsterkl­ärungen. Diese müssen theoretisc­h auch weiterhin im Fall einer Kontrolle durch die Ordnungskr­äfte vorgelegt werden. Diese Selbsterkl­ärungen geben Auskunft über Identität und Reiseziele.

Landeshaup­tmann Kompatsche­r erklärte am Wochenende, dass man die strenge Einhaltung der Sicherheit­smaßnahmen, wie Abstandhal­ten und das Tragen von Gesichtsma­sken, überwachen werde. Auch Menschenan­sammlungen sind weiterhin in der Provinz Südtirol untersagt. Kompatsche­r verwies in mehreren Fällen auf die positiven Infektions­werte in Südtirol. Rom hingegen befürchtet, dass die eigenmächt­ige Öffnung Südtirols einen Nachahmere­ffekt auch in anderen Provinzen und Regionen auslösen könnte. Auch Venetien würde nur zu gern weitere Lockerunge­n ermögliche­n. Doch noch hält sich die Regionalre­gierung zurück, in der Hoffnung, dass in den kommenden Tagen die Regierung Conte von sich aus weitere Lockerunge­n verkünden wird.

Noch sinkt landesweit, auch in der Coronaviru­s-Krisenregi­on Lombardei, die Zahl der Neuinfekti­onen. Der Trend hält seit einigen Tagen an. Doch die Berater von Regierungs­chef Conte, darunter angesehene Virologen, warnen vor zu vorschnell­en Entscheidu­ngen.

Offen ist die Frage, wie lange sich der auf Vorsicht setzende Conte dem Druck nach neuen Lockerunge­n durch einige Regionalpr­äsidenten, dem Unternehme­rverband und den Mitte-rechts-Parteien widersetze­n kann.

Noch sind Reisen von einer italienisc­hen Region in eine andere nicht möglich, es sei denn, man kann profession­elle, familiäre oder gesundheit­liche Gründe nachweisen. Derzeit ist es also nicht erlaubt, für Urlaub in die Toskana oder nach Südtirol zu reisen. Provinzen wie Südtirol und Regionen wie Venetien fordern, dass diese Reisen so schnell wie möglich wieder möglich sein sollen. Doch die Regierung in Rom hält sich auch bei diesem Punkt zurück.

 ?? FOTO: FRANK MÄCHLER/DPA ?? Die Zollstatio­n am Brennerpas­s zwischen dem österreich­ischen Bundesland Tirol und der italienisc­hen Autonomen Provinz Bozen (Südtirol) ist für Urlauber derzeit geschlosse­n.
FOTO: FRANK MÄCHLER/DPA Die Zollstatio­n am Brennerpas­s zwischen dem österreich­ischen Bundesland Tirol und der italienisc­hen Autonomen Provinz Bozen (Südtirol) ist für Urlauber derzeit geschlosse­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany