Heuberger Bote

Leiser Abschied eines großen Magiers

Roy Horn stirbt an Covid-19 – Sein Partner Siegfried trauert um „meinen besten Freund“

- Von Barbara Munker LAS VEGAS

(dpa) - Seine Ärzte nannten es „ein Wunder“, dass Roy Horn die schweren Verletzung­en nach dem Angriff seines weißen Tigers Mantecore überhaupt überlebte. Im Mirage-Hotel in Las Vegas hatte der in Nordenham bei Bremen geborene Dompteur und Magier am 3. Oktober 2003 in seinen 59. Geburtstag hineingefe­iert. Wenige Stunden später lag der dunkelhaar­ige Zauberer bei der abendliche­n „Siegfried & Roy“Show lebensgefä­hrlich verletzt auf der Bühne. Nach schwerem Blutverlus­t, Schlaganfä­llen und einer Gehirnoper­ation hatte er sich nie mehr vollständi­g erholt. Sein Partner, der in Rosenheim geborene Siegfried Fischbache­r, wurde zum Betreuer. Nun hat die Lungenkran­kheit Covid-19 Roy Horn das Leben gekostet. Er starb am Freitag in Las Vegas an den Folgen einer Coronaviru­s-Infektion. Roy Horn wurde 75 Jahre alt.

„Heute hat die Welt einen der Großen der Magie verloren, aber ich habe meinen besten Freund verloren“, teilte Siegfried Fischbache­r mit. Der „Bild am Sonntag“sagte der 80-Jährige, dass Roy noch immer bei ihm sei. „Ich werde beim Abendessen weiterhin für ihn decken lassen, so wie es immer war. Ich bin nicht allein.“

Der Tiger-Unfall hatte die vielfach preisgekrö­nten „Meister des Unmögliche­n“in den vorzeitige­n Ruhestand gezwungen, es war das abrupte Aus für das gefeierte Magierduo „Siegfried & Roy“, das in der amerikanis­chen Casinostad­t mit seinen Illusionen und Tiertricks über Jahrzehnte Millionen Fans begeistert hatte. Roy Horn war nach dem Unfall halbseitig gelähmt. Der Entertaine­r lernte langsam wieder gehen, wenn auch schleppend und auf einen Stock gestützt. Bei seinen – raren – öffentlich­en Auftritten war er auch im Rollstuhl zu sehen. Im Mai vorigen Jahres hatte das Duo noch Siegfrieds Münchner Heimat und den Tegernsee besucht. Roy machte dort eine Stammzelle­ntherapie mit Eigenblut. „Wir hoffen, dass er sich danach wieder besser bewegen kann“, sagte Siegfried Fischbache­r damals.

Doch außerhalb seines Domizils in der Wahlheimat Las Vegas wurde Roy Horn in den vergangene­n Jahren immer seltener gesehen. Ausnahmen waren der Fassanstic­h zum Oktoberfes­t im Hofbräuhau­s der Casinostad­t oder ein Besuch bei den Großkatzen im „Secret Garden“-Gehege des Mirage-Kasinos, das längst zur Touristena­ttraktion geworden ist. Auf Facebook postete Roy Horn für seine Fans gelegentli­ch Fotos von ihrem Alterssitz „Little Bavaria“am Stadtrand von Las Vegas, einem riesigen Anwesen mit zahlreiche­n Raubkatzen und anderen Tieren.

Seine Liebe zu exotischen Tieren hatte der am 3. Oktober 1944 geborene Uwe Ludwig Horn schon früh entdeckt. In den Nachkriegs­jahren flüchtete er in eine Tier-Traumwelt. Ein Gepard namens Chico im Bremer Zoo wurde zu seinem besten Freund. Nach dem Abbruch der Schule heuerte er als Steward auf einem Kreuzfahrt­schiff an, wo er Siegfried Fischbache­r traf. Zusammen tingelten sie mit Zauber- und Tiertricks durch kleinere Theater, bis ihnen in den 1960er-Jahren in Monaco der internatio­nale Durchbruch gelang. 1967 kamen sie erstmals nach Las Vegas, von 1970 an waren sie dort drei Jahre im Stardust zu sehen. 1988 handelten sie mit dem MirageHote­l den bis dahin dicksten Millionen-Deal in der Geschichte der Casinostad­t aus. Mit einem explosiven Mix aus Zauberei und exotischen Tieren, darunter seltenen weißen Tigern, hielt das Duo in den Jahren 1989 bis 2003 die Fans in Atem.

Roys Liebe zu den Wildkatzen war ungebroche­n, auch nach dem Angriff von Mantecore. Er gab dem weißen Tiger keine Schuld – im Gegenteil. Nach dessen Tod 2014 schrieb der Dompteur auf Facebook, sein „geliebter 17 Jahre alter weißer Tiger, Freund und Bruder“sei gestorben. „Er war es, der mich in Sicherheit gezogen hat, nachdem mir auf der Bühne wegen schwachen Blutdrucks schwindlig geworden war. Er hat mich da rausgeholt, sodass mir die Notärzte helfen konnten.“Mantecore habe ihm nur zur Hilfe kommen und ihn wegtragen wollen, beteuerte er in Interviews.

Mit einem letzten Zaubertric­k hatte sich das Duo im März 2009 endgültig vom Showbusine­ss verabschie­det. Nur zehn Minuten dauerte die magische Show bei einer Wohltätigk­eitsverans­taltung im Hotel-Casino Bellagio. Mit schleppend­en Schritten trat Roy Horn in einem schwarzen Umhang, mit einer Maske vor dem Gesicht auf die Bühne. Der weiß gekleidete Siegfried Fischbache­r betrat einen von zwei leeren Glaskäfige­n, die verhängt wurden. Als Horn die Tücher wegzog, befand sich der Tiger Mantecore an seiner Stelle in dem Behälter, Fischbache­r saß im anderen Käfig. Am Ende zogen Siegfried und Roy ihre Masken ab, winkten ins Publikum und warfen Kusshände. Große Abschiedsw­orte gab es nicht.

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FOTO: EVERETT COLLECTION/IMAGO-IMAGES.DE Auf dem Höhepunkt ihrer Karriere: Roy Horn (re. ) und Siegfried Fischbache­r.
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FOTO: AFP Roy Horn im Jahr 2008.

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