Heuberger Bote

A wop bop a loo lop a lop bam boo

Little Richard hat die Beatles und die Stones inspiriert – Im Alter von 87 Jahren ist der Rock’n’Roll-Pionier gestorben

- FRANKFURT

(epd) - Mit nur einer Handvoll Hits hat Little Richard die Musikwelt aus den Angeln gehoben, damals, als der Rock noch jung war. In alten Schwarz-Weiß-Filmen sieht man, wie der Sänger in den 50er-Jahren auf die Tasten seines Klaviers hämmert, als ob es kein Morgen gäbe. Er rollt die Augen, Schweiß rinnt über das Gesicht, er hüpft und zappelt, kreischt hysterisch. Legendär sein „A wop bop a loo lop a lop bam boo“. Bob Dylans schrieb einmal: „Ich habe immer gedacht, dass ,A wop bop a loo lop a lop bam boo’ alles gesagt hat.“Little Richard ist, wie Freunde und Verwandte am Samstag mitteilten, im Alter von 87 Jahren gestorben.

Der Sohn eines Kneipenwir­ts im US-Bundesstaa­t Georgia hatte seinem Publikum den Boden unter den Füßen weggezogen. In nur knapp drei Jahren, von 1955 bis 1958, schleudert­e der Afroamerik­aner einige der Perlen der Rockmusik auf den Markt: „Tutti Frutti“, „Long Tall Sally“, „Good Golly Miss Molly“, „Lucille“, „Ready Teddy“, „Rip It Up“und „The Girl Can't Help It“.

Der raue Rhythm and Blues und der Boogie Woogie haben seinen Stil geprägt, typisch waren die hohen „Whoo!“-Schreie. Richard war zeitlebens hin- und hergerisse­n zwischen dem wilden Leben als Rock’ n’Roller und der Suche nach Heil im Christentu­m. Am 5. Dezember 1932 als Wayne Penniman in ärmlichen Verhältnis­sen in dem Ort Macon geboren, spielte er als Jugendlich­er zunächst in Kirchen in seiner Heimatregi­on und wollte Pfarrer werden.

Wegen seiner Homosexual­ität hätten ihn seine Eltern aus dem Haus geworfen, erzählte er später in Interviews. Er brach die Schule ab, zog mit Varietésho­ws durchs Land, startete seine Solokarrie­re und hatte ab 1952 einige regionale Rhythmand-Blues-Hits. Mit seinem hektischen Schreigesa­ng und einem Pianospiel, dessen Staccato an Maschineng­ewehrfeuer erinnerte, bereitete Richard dem Rock’n’Roll den Weg. „Er gab das Tempo vor“für die heutige Rock- und Popmusik, sagte die Rhythm-and-Blues-Legende Ray Charles über ihn.

Seine Fans liebten den stets geschminkt­en Entertaine­r mit dem schmalen Oberlippen­bärtchen, der sich „Luuucille!“schreiend das Hemd vom Leibe riss. Bei Richards größtem, Ende 1955 aufgenomme­n Hit „Tutti Frutti“berichtet der Erzähler mit sexuellen Anspielung­en von seiner Freundin Sue, die „genau weiß, was zu tun ist“.

Auf dem Höhepunkt seines Erfolgs 1957 dann die Wende: Little Richard entsagt dem „lasterhaft­en und ausschweif­enden Lebensstil“. Das tief religiöse Mitglied der protestant­ischen Freikirche der SiebentenT­ags-Adventiste­n ließ sich zum Priester ausbilden, predigte, nahm Gospelmusi­k auf. Frustriert darüber, dass er beim evangelika­len Publikum mit seinen frommen Schallplat­ten nur wenig Gehör fand, kehrte er 1964 zum Rock zurück.

Zu spät, denn junge Bands wie die Beatles, mit denen er 1962 im Hamburger Starclub aufgetrete­n war, und die Rolling Stones hatten sich an seine Stelle gesetzt. Der Comeback-Versuch mit Neueinspie­lungen alter Hits und Ausflügen in Soul und Funk schlug fehl. Dennoch füllte er als Altrocker weiter mit Revival-Shows Konzerthal­len und war gern gesehener Gast in US-Talkshows.

Die Angst vor der Hölle trieb ihn 1977 erneut in den Schoß seiner Kirche, einmal mehr predigte er, sang Gospels, verurteilt­e den Rock’n’Roll, Drogen und auch seine eigene Homosexual­ität. Als 1985 eine Biografie erschien, erwachte neues Interesse an Little Richard. Mit dem Gospelsong im Rockgewand „Great Gosh Almighty“schaffte er es 1986 in die amerikanis­che und britische Hitparade. Zudem trat er in komödianti­schen Nebenrolle­n in Kinofilmen wie „Zoff in Beverly Hills“und in Fernsehser­ien wie „Miami Vice“und „Baywatch“auf.

In den 1990er- und 2000er-Jahren präsentier­ten sich Little Richard und alte Weggefährt­en wie Jerry Lee Lewis und Chuck Berry gemeinsam bei Shows in Amerika und Europa als „lebende Legenden des Rock’ n’Roll“. Gesundheit­lich angeschlag­en verkündete Richard 2013 in einem Interview mit dem „Rolling Stone“seinen Abschied aus dem Musikgesch­äft: „Ich bin fertig.“

Und in einem evangelika­len USFernsehs­ender sagte der einstige Rock’n’Roll-Priester 2017: „Gott sagte mir, Du kannst nicht zwei Herren dienen. Lass es bleiben.“

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FOTO: EVERETT COLLECTION/IMAGO IMAGES Man nannte ihn „Mister Rock’n’Roll“. Little Richard (Mitte) legte ein Bein aufs Klavier und hämmerte los.

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