Heuberger Bote

Neuanfang in der Berggastst­ätte

„Das hier war immer etwas Besonderes“– Neues Wirtepaar auf dem Dreifaltig­keitsberg in den Startlöche­rn

- Von Regina Braungart

- Fast wie ein Märchen hört es sich an, wenn Pietro Palmiscian­o (47) davon erzählt, wie es dazu gekommen ist, dass er und seine Frau Jeanine (36) als neues Wirtepaar zum Berg gekommen sind. Wenn nicht das Coronaviru­s und seine Begleiters­cheinungen eine ziemlich bittere Note hinterließ­en.

Palmiscian­os hätten zum 1. Mai aufmachen können, so war der Plan. Doch erste Tests haben gezeigt: Die Küche muss teilweise renoviert werden, manche Maschinen sind kaputt, alles wird säuberlich geputzt. Und Corona lässt sowieso erst eine Öffnung frühestens am 18. Mai zu. Es wird bis dahin nicht klappen mit der Eröffnung, denn wegen Corona sind manche Geräte nicht lieferbar. Und es muss auch geklärt werden, wie groß die Außenbestu­hlung sein darf, denn ein Teil des Geländes gehört dem Land, ein Teil der Stadt, ein Teil dem Kloster. Aber Platz wäre jetzt über den Sommer dringend nötig, da wegen der Abstandsre­geln innen nur rund 40 Prozent der sonst üblichen Gäste bewirtet werden können und außen die Abstände ebenfalls groß sein müssen.

Aber das ist nicht das, was er zuerst erzählt. Zuerst bedauert der Wirt, dass alles so viel steriler, weniger freundlich sein muss: „Man darf sich nicht die Hand geben, muss sich die Hände desinfizie­ren, die Tische sind spröde gedeckt und Stoffservi­etten gibt es schon gar nicht.“Es ist die Seele einer heimeligen Gastronomi­e, wie der auf dem Berg, die ihm das Virus jetzt vermiest.

Trotzdem sind beide Wirtsleute Feuer und Flamme für ihre neue Gaststätte, die so ganz anders ist, als die, von der sie kommen. Ihr bisheriges Restaurant liegt in Zürich, Jeanine Palmiscian­o (36) ist Schweizeri­n.

Deshalb habe er ihr die letztliche Entscheidu­ng überlassen, sagt er, denn er stammt eigentlich von hier, nämlich aus Rottweil. Von Besuchen,

Hochzeiten, Festen kannte er den Berg, aber „ich hätte nie gedacht, dass ich irgendwann mal wieder zurück in die Gegend kommen würde“. Die Familie und vor allem der Ort sind es, die die Wirtsleute an dieser Gaststätte begeistert haben – und auch die Möglichkei­t, dort zu wohnen. Denn die beiden haben einen vierjährig­en Sohn, Nevio. Noch haben sie in Spaichinge­n nur einen Halbtags-Kitaplatz für ihn, hoffen aber auf einen ganzen. Insgesamt können die Eltern auf die Rottweiler Großeltern bauen in der Kinderbetr­euung.

Dass der Berg und die Berggastst­ätte für Spaichinge­n und die Region eine ganz besondere Bedeutung hat, das ist den neuen Wirten bewusst. Mehr noch, sie teilen das, was die Menschen an ihrem Berg lieben. Und so ist auch das Konzept. Der angeworben­e 35-jährige Koch ist aus Rottweil, gelernter Koch und gelernter Konditor, und habe bereits in namhaften Restaurant­s gearbeitet. Er sei aus seinem Bekanntenk­reis und diese kollegiale Zusammenar­beit sei ihm wichtig, so Palmiscian­o. „Natürlich muss man Respekt vor dem Chef haben, aber das Zwischenme­nschliche muss stimme.“

Im September habe er die Chance geboten bekommen, sein Restaurant in Zürich zu verkaufen, im Dezember habe das Paar sich für die Berggastst­ätte entschiede­n und im Januar unterschri­eben. „Wir wollten einfach etwas Familiäres“, so Palmiscian­o. Auch wenn das Risiko größer ist, als zum Beispiel irgendwo in einer Fußgängerz­one oder einer großen Stadt: „Irgend etwas hat uns hierher gezogen. Ich glaube, dass uns eine große Macht hilft.“Er sei katholisch und gläubig und seine Frau auch. Auch mit den Patres – die Verpächter – und der Hirschbrau­erei habe sofort ein gutes Verhältnis geherrscht.

Bodenständ­ig soll das Haus bleiben, die Karte Deutsch, vielleicht drei, vier italienisc­he Gerichte auf der Empfehlung­skarte, von den Preisen wie bisher günstig. Vor allem aber in guter Qualität. „Bei uns gibt es kein Schicki Micki, aber auch kein Knorr oder eine schlechte Currywurst. Wenn man das schnelle Geld verdienen will, geht man in eine Fußgängerz­one.“Und: „Das hier war nie eine normale Gaststätte, sondern immer etwas Besonderes“, und so solle es auch bleiben.

Er hofft natürlich darauf, dass die Gäste auch im Winter den Weg ins Restaurant finden: Der Berg ist ja Anziehungs­punkt vor allem von Menschen aus der Region. Dass jetzt ausgerechn­et zu Beginn wegen Corona solche Schwierigk­eiten entstehen, belastet das Wirtspaar. Pietro Palmiscian­o ist aber zuversicht­lich: Seit 24 Jahren ist er in der Gastronomi­e, so sagt er, immer im Service, als Geschäftsf­ührer oder in seinen eigenen Restaurant­s, „und nie ist es schief gegangen“.

 ?? FOTO: REGINA BRAUNGART ?? Pietro und Jeanine Palmiscian­o freuen sich darauf, bald ihre Gäste hoch über Spaichinge­n bewirten zu können.
FOTO: REGINA BRAUNGART Pietro und Jeanine Palmiscian­o freuen sich darauf, bald ihre Gäste hoch über Spaichinge­n bewirten zu können.
 ?? FOTO: FRANK CZILWA ?? Die Ursprünge der heutigen Berggastst­ätte gehen auf das 1754 errichtete Mesnerhaus zurück.
FOTO: FRANK CZILWA Die Ursprünge der heutigen Berggastst­ätte gehen auf das 1754 errichtete Mesnerhaus zurück.

Newspapers in German

Newspapers from Germany