Verband steckt im Kämmerer-Dilemma
GVV Donau-Heuberg ist in Verzug mit Haushaltsplänen – Struktur steht auf dem Prüfstein
- Es ist bereits Mitte Mai und die Haushaltspläne 2020 für die Mitgliedsgemeinden des Gemeindeverwaltungsverbands (GVV) Donau-Heuberg müssten längst beschlossen sein. Sonst sehe es düster aus mit Investitionen und geplanten Projekten. Und die Umstellung der Haushaltsführung von der Kameralistik auf die Doppik brennt zudem unter den Nägeln – und drängt. Doch ohne einen Kämmerer herrscht beim Verband höchste Alarmstufe.
Der langjährige Kämmerer Tobias Keller, Bürgermeister in Bärenthal, verließ im Januar 2019 nach 17 Jahren den GVV Donau-Heuberg und trat die Stelle als neuer Kämmerer der Gemeinde Nusplingen an. Sein Nachfolger Axel Henninger, der Ende Februar 2019 von der Stadt Geisingen zum Verband gewechselt war, zog nach nur wenigen Monaten weiter gen Trossingen, um dort als Kämmerer anzuheuern. Auch dessen Nachfolger, Andreas Hofer, der zum Oktober 2019 aus Unterdigisheim gekommen war, hielt es am GVVStandort in Fridingen nicht lange und wechselte bereits Ende März dieses Jahres in den Kreis Rottweil zur Gemeinde Lauterbach. Kontinuität sieht anders aus, zumal die Umstellung der kommunalen Haushalte von der kameralistischen auf die doppische Buchführung anstand.
So blieb den Mitgliedsgemeinden nicht viel anderes übrig, als die Kämmerei auszulagern. Die Stadt Mühlheim kümmert sich laut Statuten des Verwaltungsverbands selbst um ihre
Finanzen und hatte bereits Ende März ihren Haushaltsplan 2020 vorgestellt. Die Gemeinde Kolbingen ließ sich den jüngst aufgestellten Haushaltsplan von der Kämmerei des benachbarten Gemeindeverwaltungsverbands Heuberg anfertigen. Da Bürgermeister Konstantin Braun gleichzeitig auch Bürgermeister von Königsheim ist, lag diese Idee nahe. Ebenfalls nachbarschaftliche Hilfe nahm die Stadt Fridingen in Anspruch, die ihrerseits den Haushalt in der Kämmerei der Gemeinde Neuhausen ob Eck schnüren ließ. Da die beiden Kommunen den gemeinsamen Schulverband für die Gemeinschaftsschule Obere Donau betreiben, dessen Haushalt in Neuhausen gemacht wird, lag die Bitte um Schützenhilfe auf der Hand.
Die restlichen vier Gemeinden Irndorf, Buchheim, Renquishausen und Bärenthal engagierten das Büro Heyder + Partner, Gesellschaft für Kommunalberatung, aus Tübingen für die Erledigung der Haushaltspläne für das Jahr 2020. Diese sollen im Juni vorgelegt werden.
Alle Mitgliedsgemeinden des GVV Donau-Heuberg geben an, dass ihnen keine finanziellen Zuwendungen aus Fördertöpfen und dem Ausgleichsstock des Landes angesichts des Verzugs der Haushaltsplanungen durch die Lappen gegangen sind. Die beiden abgängigen Kämmerer Henninger und Hofer hätten an der Umstellung auf die Doppik vor ihrem Weggang vorgearbeitet, erklärt Verbandsvorsitzender Jürgen Zinsmayer. Die liegen gebliebenen Arbeiten wären dann, um nicht noch mehr
Zeit zu verlieren, dem Kommunalbüro Schüllermann und Partner aus Sigmaringen übergeben worden, um die Doppikumstellung auf die Zielgerade bringen zu lassen.
Ein Sündenbock für das Dilemma ist kaum auszumachen – außer, dass Kämmerer auf dem Markt ebenso begehrt wie rar sind. Sowohl der ehemalige Verbandsvorsitzende, Fridingens Bürgermeister Stefan Waizenegger, als auch der frisch gebackene Verbandsvorsitzende, Renquishausens Bürgermeister Jürgen Zinsmayer, sind alles andere als glücklich mit dem Kämmerer-Karussell beim Verwaltungsverband, wundern sich hingegen aber auch nicht wirklich über die Wechselfreudigkeit von Kämmerern. „Der Markt für Kämmerer ist umkämpft“, sagt Waizenegger. „Im Staatsanzeiger werden in jeder Woche drei bis vier Kämmererstellen ausgeschrieben“, erklärt Zinsmayer. Und es sei schon ein Unterschied, ob ein Kämmerer nur den Haushalt für eine Kommune zu betreuen habe oder gleich sechs, betont Waizenegger, dass sich ein Kämmerer bei der aktuellen Marktsituation die Rosinen herauspicken könne.
Die Bewerbungsfrist für die Stelle des Kämmerers ist am 8. Mai abgelaufen. Zwei Bewerbungen sind laut Verbandsvorsitzendem Zinsmayer eingegangen.
Quasi unisono monieren die Verwaltungschefs der Mitgliedsgemeinden die Vakanz beim wichtigsten Amt des Verwaltungsverbands. Als „unhaltbaren Zustand“bezeichnet Kolbingens Schultes Braun die aktuelle Situation. Irndorfs Bürgermeister
Jürgen Frank streut hingegen Salz in die offene Wunde. „In unserer Kämmerei und dem gesamten Gemeindeverwaltungsverband sind seit längerer Zeit die Türen sprichwörtlich aus den Angeln. Die Doppik wurde zu spät angegangen und die personelle Ausstattung entsprach vor und seit ich meinen Dienst angetreten habe, nicht den Erfordernissen einer modernen Verwaltung“, poltert er.
Was unter den Mitgliedern des Verbands sonst nur hinter vorgehaltener Hand geraunt wird, macht Irndorfs Bürgermeister nun offenbar. „Die Animositäten unter den Bürgermeistern und das Misstrauen einzelner Gemeinden in die Loyalität des Verbandes sowie die ständig latent vorhandene Angst, es könnten eigene Entscheidungsbereiche beschnitten werden oder die Eigenständigkeit gefährdet sein, führten und führen zu inakzeptablen Verhältnissen“, erklärt Frank.
Es rumort im GVV Donau-Heuberg. Vorsitzender Jürgen Zinsmayer kündigte an, dass die Verbandsstruktur des GVV von einem externen Beratungsbüro auf Herz und Nieren überprüft werde. „Vielleicht wissen wir dann, warum kein Kämmerer bei uns bleiben möchte“, sagt Zinsmayer. Die Kommunalberatung durch das Büro Allevo aus Obersulm sei angelaufen, berichtet Zinsmayer. Ergebnisse sollen dem Verband in Kürze auf dem Tisch liegen.
„Eine Besserung der Verbandsverhältnisse tritt aber nur ein, wenn sich alle bewusst sind, dass die Umsetzung jedem Zugeständnisse und
Abstriche abverlangt“, bremst Irndorfs Bürgermeister vorab allzu große Erwartungen. Erst muss – so oder so – ein neuer Kämmerer her, damit im Verband wieder halbwegs Ruhe und Ordnung einkehren kann. Und da sehen die Beteiligten den Verbandsvorsitzenden in der Pflicht.