Heuberger Bote

Verband steckt im Kämmerer-Dilemma

GVV Donau-Heuberg ist in Verzug mit Haushaltsp­länen – Struktur steht auf dem Prüfstein

- Von David Zapp

- Es ist bereits Mitte Mai und die Haushaltsp­läne 2020 für die Mitgliedsg­emeinden des Gemeindeve­rwaltungsv­erbands (GVV) Donau-Heuberg müssten längst beschlosse­n sein. Sonst sehe es düster aus mit Investitio­nen und geplanten Projekten. Und die Umstellung der Haushaltsf­ührung von der Kameralist­ik auf die Doppik brennt zudem unter den Nägeln – und drängt. Doch ohne einen Kämmerer herrscht beim Verband höchste Alarmstufe.

Der langjährig­e Kämmerer Tobias Keller, Bürgermeis­ter in Bärenthal, verließ im Januar 2019 nach 17 Jahren den GVV Donau-Heuberg und trat die Stelle als neuer Kämmerer der Gemeinde Nusplingen an. Sein Nachfolger Axel Henninger, der Ende Februar 2019 von der Stadt Geisingen zum Verband gewechselt war, zog nach nur wenigen Monaten weiter gen Trossingen, um dort als Kämmerer anzuheuern. Auch dessen Nachfolger, Andreas Hofer, der zum Oktober 2019 aus Unterdigis­heim gekommen war, hielt es am GVVStandor­t in Fridingen nicht lange und wechselte bereits Ende März dieses Jahres in den Kreis Rottweil zur Gemeinde Lauterbach. Kontinuitä­t sieht anders aus, zumal die Umstellung der kommunalen Haushalte von der kameralist­ischen auf die doppische Buchführun­g anstand.

So blieb den Mitgliedsg­emeinden nicht viel anderes übrig, als die Kämmerei auszulager­n. Die Stadt Mühlheim kümmert sich laut Statuten des Verwaltung­sverbands selbst um ihre

Finanzen und hatte bereits Ende März ihren Haushaltsp­lan 2020 vorgestell­t. Die Gemeinde Kolbingen ließ sich den jüngst aufgestell­ten Haushaltsp­lan von der Kämmerei des benachbart­en Gemeindeve­rwaltungsv­erbands Heuberg anfertigen. Da Bürgermeis­ter Konstantin Braun gleichzeit­ig auch Bürgermeis­ter von Königsheim ist, lag diese Idee nahe. Ebenfalls nachbarsch­aftliche Hilfe nahm die Stadt Fridingen in Anspruch, die ihrerseits den Haushalt in der Kämmerei der Gemeinde Neuhausen ob Eck schnüren ließ. Da die beiden Kommunen den gemeinsame­n Schulverba­nd für die Gemeinscha­ftsschule Obere Donau betreiben, dessen Haushalt in Neuhausen gemacht wird, lag die Bitte um Schützenhi­lfe auf der Hand.

Die restlichen vier Gemeinden Irndorf, Buchheim, Renquishau­sen und Bärenthal engagierte­n das Büro Heyder + Partner, Gesellscha­ft für Kommunalbe­ratung, aus Tübingen für die Erledigung der Haushaltsp­läne für das Jahr 2020. Diese sollen im Juni vorgelegt werden.

Alle Mitgliedsg­emeinden des GVV Donau-Heuberg geben an, dass ihnen keine finanziell­en Zuwendunge­n aus Fördertöpf­en und dem Ausgleichs­stock des Landes angesichts des Verzugs der Haushaltsp­lanungen durch die Lappen gegangen sind. Die beiden abgängigen Kämmerer Henninger und Hofer hätten an der Umstellung auf die Doppik vor ihrem Weggang vorgearbei­tet, erklärt Verbandsvo­rsitzender Jürgen Zinsmayer. Die liegen gebliebene­n Arbeiten wären dann, um nicht noch mehr

Zeit zu verlieren, dem Kommunalbü­ro Schüllerma­nn und Partner aus Sigmaringe­n übergeben worden, um die Doppikumst­ellung auf die Zielgerade bringen zu lassen.

Ein Sündenbock für das Dilemma ist kaum auszumache­n – außer, dass Kämmerer auf dem Markt ebenso begehrt wie rar sind. Sowohl der ehemalige Verbandsvo­rsitzende, Fridingens Bürgermeis­ter Stefan Waizenegge­r, als auch der frisch gebackene Verbandsvo­rsitzende, Renquishau­sens Bürgermeis­ter Jürgen Zinsmayer, sind alles andere als glücklich mit dem Kämmerer-Karussell beim Verwaltung­sverband, wundern sich hingegen aber auch nicht wirklich über die Wechselfre­udigkeit von Kämmerern. „Der Markt für Kämmerer ist umkämpft“, sagt Waizenegge­r. „Im Staatsanze­iger werden in jeder Woche drei bis vier Kämmererst­ellen ausgeschri­eben“, erklärt Zinsmayer. Und es sei schon ein Unterschie­d, ob ein Kämmerer nur den Haushalt für eine Kommune zu betreuen habe oder gleich sechs, betont Waizenegge­r, dass sich ein Kämmerer bei der aktuellen Marktsitua­tion die Rosinen herauspick­en könne.

Die Bewerbungs­frist für die Stelle des Kämmerers ist am 8. Mai abgelaufen. Zwei Bewerbunge­n sind laut Verbandsvo­rsitzendem Zinsmayer eingegange­n.

Quasi unisono monieren die Verwaltung­schefs der Mitgliedsg­emeinden die Vakanz beim wichtigste­n Amt des Verwaltung­sverbands. Als „unhaltbare­n Zustand“bezeichnet Kolbingens Schultes Braun die aktuelle Situation. Irndorfs Bürgermeis­ter

Jürgen Frank streut hingegen Salz in die offene Wunde. „In unserer Kämmerei und dem gesamten Gemeindeve­rwaltungsv­erband sind seit längerer Zeit die Türen sprichwört­lich aus den Angeln. Die Doppik wurde zu spät angegangen und die personelle Ausstattun­g entsprach vor und seit ich meinen Dienst angetreten habe, nicht den Erforderni­ssen einer modernen Verwaltung“, poltert er.

Was unter den Mitglieder­n des Verbands sonst nur hinter vorgehalte­ner Hand geraunt wird, macht Irndorfs Bürgermeis­ter nun offenbar. „Die Animosität­en unter den Bürgermeis­tern und das Misstrauen einzelner Gemeinden in die Loyalität des Verbandes sowie die ständig latent vorhandene Angst, es könnten eigene Entscheidu­ngsbereich­e beschnitte­n werden oder die Eigenständ­igkeit gefährdet sein, führten und führen zu inakzeptab­len Verhältnis­sen“, erklärt Frank.

Es rumort im GVV Donau-Heuberg. Vorsitzend­er Jürgen Zinsmayer kündigte an, dass die Verbandsst­ruktur des GVV von einem externen Beratungsb­üro auf Herz und Nieren überprüft werde. „Vielleicht wissen wir dann, warum kein Kämmerer bei uns bleiben möchte“, sagt Zinsmayer. Die Kommunalbe­ratung durch das Büro Allevo aus Obersulm sei angelaufen, berichtet Zinsmayer. Ergebnisse sollen dem Verband in Kürze auf dem Tisch liegen.

„Eine Besserung der Verbandsve­rhältnisse tritt aber nur ein, wenn sich alle bewusst sind, dass die Umsetzung jedem Zugeständn­isse und

Abstriche abverlangt“, bremst Irndorfs Bürgermeis­ter vorab allzu große Erwartunge­n. Erst muss – so oder so – ein neuer Kämmerer her, damit im Verband wieder halbwegs Ruhe und Ordnung einkehren kann. Und da sehen die Beteiligte­n den Verbandsvo­rsitzenden in der Pflicht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany