Rockstar mit Bühnenabneigung
Kreativer Kopf von The Who und Erfinder der Windmühle - Pete Townshend wird 75
(dpa) - Vermutlich macht Pete Townshend die Isolation während der Corona-Krise nicht allzu viel aus. Der Gitarrist, Songwriter und zweite Sänger von The Who tüftelt am liebsten zu Hause in London in seinem Studio. Konzerte bedeuten ihm nach eigenen Worten nichts. „Ich gehe nicht gern auf Tournee, und ich stehe nicht wirklich gern auf der Bühne“, gestand er im vergangenen Jahr. „Wenn ich die Musik nicht selbst komponiert hätte, würde ich längst nicht mehr auftreten.“Am Dienstag, 19. Mai, wird der außergewöhnliche Musiker 75 Jahre alt.
Townshend wurde 1945 im Londoner Stadtteil Chiswick geboren. Beide Eltern waren Berufsmusiker, sein Vater Saxofonist in einer Musikgruppe der Royal Air Force, seine Mutter Sängerin im Orchester. Dass der kleine Pete ständig Auftritte seiner Eltern erlebte, ist wohl der Grund für seine fehlende Bühnenleidenschaft. „Es bereitet mir keine Freude, ich bin nicht aufgeregt, es ist mir im Prinzip egal“, sagt er.
Als Kind schenkte ihm seine Großmutter seine erste Gitarre, das Spielen brachte sich Klein Pete selbst bei. In der Schulzeit spielte er mit dem späteren The Who-Bassisten John Entwistle in einer Jazzband. Entwistle holte ihn später in die Rock'n'Roll- und Skiffle-Band The Detours (Die Umwege) von The Who-Sänger Roger Daltrey. Ein Grafikdesign-Studium brach Townshend ab, um sich voll auf die Musik zu konzentrieren. Aus The Detours wurden The Who. Schlagzeuger Keith Moon komplettierte die Gruppe. Mit dem von Townshend geschriebenen Song „I Can't Explain“verbuchten The Who erste Charterfolge.
Mit „My Generation“, „Substitute“oder „I Can See for Miles“landete das Quartett weitere Hits. Als Gitarrist und Komponist war Townshend bald der kreative Kopf der Band, die treibende Kraft hinter epischen Rocksongs wie „Won't Get Fooled Again“oder „Behind Blue Eyes“der LP „Who's Next“(1971) oder den hochgelobten Konzeptalben „Tommy“(1969) und „Quadrophenia“(1973).
Auf der von ihm ungeliebten Bühne entwickelte Townshend auch sein berühmtes Markenzeichen, die sogenannte Windmühle. Er rotiert seinen rechten Arm und schlägt dabei in die Gitarrensaiten. Er habe sich das von Gitarrist Keith Richards „ausgeliehen“, als The Who 1963 Vorband der Rolling Stones waren, erzählte Townshend. „Bevor Keith auf die Bühne ging, hat er Lockerungsübungen gemacht. Ich hab nachher zu ihm gesagt: „Dieses Windmühlen-Ding ist großartig.“Ihm war nicht mal bewusst, dass er das gemacht hatte.“
Neben der Musik ist er bis heute als Autor aktiv. Er schrieb Artikel für namhafte Zeitungen und Magazine wie „Melody Maker“oder „Rolling Stone“. Vor Kurzem brachte er seinen Roman „The Age of Anxiety“heraus, dem in diesem Jahr eine Oper und eine Kunstinstallation folgen sollen. Kreativen Stillstand gibt es für Townshend offenbar nicht.
Mit seinem langjährigen Weggefährten Roger Daltrey ist er auch nach dem Tod von Moon und Entwistle weiter als The Who aktiv. Das Duo veröffentlichte 2019 nach 13 Jahren ein neues Studioalbum.