Warum die Soforthilfe teils zu spät kommt
Manche Unternehmer warten mehrere Wochen auf ihr Geld – L-Bank entscheidende Instanz
– Schnell und unkompliziert hat das Land Unternehmen und Selbstständigen aus der Krise helfen wollen und ein SoforthilfeProgramm installiert. Im Gespräch mit Gastronomen, Einzelhändlern oder Friseurbetrieben melden viele zurück: Alles ganz einfach, das Geld war schnell auf dem Konto. Ein paar Stimmen aber geben an, seit Wochen auf ihr Geld zu warten. Warum und in welchen Fällen stockt die Soforthilfe?
Ein Tuttlinger Ehepaar trifft die Krise gleich doppelt. Sie wollen lieber anonym bleiben. Beide führen jeweils einen eigenen Betrieb, daher haben sie zwei Anträge gestellt. Gleich Anfang April, als es losging. Ihr Steuerberater hat geholfen. „Wir haben noch nichts gehört, auch keinen Ablehnungsbescheid bekommen“, erklärt der Mann. Er glaube nicht mehr daran, dass noch etwas kommt. Solange müsse er jetzt von seinem Ersparten leben. Eine Belastung. Wie auch eine Reparatur, die unerwartet kam, aber natürlich bezahlt werden muss.
Wer von der Soforthilfe profitieren möchte, klickt sich zunächst auf die Internetseite des Landeswirtschaftsministeriums. Dort stehen die Antragsformulare zum Ausdruck bereit. Diese werden Online bei der Industrieund Handelskammer (IHK) und der Handwerkskammer (HWK) eingereicht. „Wir prüfen die Anträge auf Plausibilität, also ob aus unserer Sicht ein Liquiditätsengpass besteht. Dann leiten wir die Formulare mit einer Empfehlung an die L-Bank weiter“, erklärt Wolf-Dieter Bauer, Justiziar und Projektleiter Soforthilfe der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg.
Zu Beginn der Soforthilfe musste die Kammer ihre Homepage aufrüsten und personell etwas umschichten. Da habe man nicht alle Anträge sofort prüfen können. Verzögerungen gebe es auch, wenn Antragsteller nicht unterschreiben oder falsche Kontodaten angeben. „Nach der ersten Buchwelle Ende März, Anfang April, sind wir jetzt auf dem aktuellen Stand. Alles, was reinkommt, arbeiten wir sofort ab“, sagt Bauer. Wenn ein Antrag liegen bleibe, dann bei der L-Bank. Die Staatsbank des Landes Baden-Württemberg ist die entscheidende Instanz. „Von dort teilt uns auch niemand mit, wie die Entscheidungen ausgegangen sind“, sagt Bauer.
Auf Anfrage erklärt die L-Bank, dass alle Anträge, die im April gestellt wurden, abgearbeitet seien. Bei Verzögerungen bittet das Geldinstitut um Verständnis: Die Soforthilfe sei das größte Förderprogramm in der Geschichte Baden-Württembergs. „Auch für uns in der L-Bank als Dienstleister des Landes stellt die Soforthilfe einen enormen Kraftakt dar“, so Pressesprecherin Cordula Bräuninger. Dadurch, dass der Bund ebenfalls ein Soforthilfeprogramm gestartet hat, das inzwischen mit dem Landesprogramm verschmolzen ist, sei noch einmal zusätzliche Arbeit angefallen. „Hierbei hatten wir insbesondere auch im Fokus, Situationen, wie sie in anderen Bundesländern durch Betrugshandlungen entstanden sind, möglichst zu vermeiden“, erklärt Bräuninger. Man habe schnell reagieren und zugleich die Sicherheit gewährleisten wollen. Stolpersteine hätten aber auch die Antragsteller selbst gelegt. Bisher musste die LBank weit mehr als 20 000 Anträge aus ganz Baden-Württemberg ablehnen oder nachbearbeiten, weil sie fehlerhaft waren.
Im Kreis Tuttlingen lässt sich nicht genau sagen, wie viele Menschen Soforthilfe beantragt haben. Diese Zahl erhebt die IHK nur für ihren gesamten Verantwortungsbereich, inklusive der Kreise Rottweil und Schwarzwald-Baar. Rund 12 000 Formulare sind bereits eingetrudelt. Hinzu kommen rund 2300 Anträge, die bei der Handwerkskammer Konstanz eingegangen sind. Darauf entfallen rund 650 auf den Kreis Tuttlingen. Das entspricht etwa jedem zehnten Mitgliedsbetrieb der Kammer. Allerdings sind auch diese Zahlen etwas ungenau: So haben die Kammern, unabhängig ob das Unternehmen Mitglied ist oder nicht, alle Anträge bearbeitet, branchen- und regionsübergreifend. „Es sollte ja möglichst schnell gehen“, sagt Justiziar Bauer.
Das Tuttlinger Ehepaar müsste laut Angaben der L-Bank inzwischen Soforthilfe erhalten haben. „Ich denke, dass wir gar keinen Anspruch haben, weil die Büros unser Eigentum sind“, mutmaßt der Mann. Er habe keine Mietausgaben und außerdem noch einen Puffer auf dem Konto, also keinen Liquiditätsengpass im Sinne der Landesregierung.
Dem ist aber nicht so. Rücklagen, egal ob betrieblich oder privat, werden nicht bei der Soforthilfe angerechnet. Landeswirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut erklärt: „Mit der Möglichkeit zur Berücksichtigung eines fiktiven Unternehmerlohns, der als fiktiver Betriebsaufwand bei der Berechnung des Liquiditätsengpasses angesetzt werden kann, haben wir ihnen eine unbürokratische und schnelle Möglichkeit eröffnet, trotzdem Hilfen zu erhalten.“Wer also keine hohen Fixkosten hat, kann trotzdem Geld bekommen, um laufende Kosten zu decken. Im Antragsformular sei der Unternehmerlohn jedoch extra anzugeben, teilt die Pressestelle des Ministeriums auf Anfrage mit. So bleibt am Ende doch noch Hoffnung, dass der Antrag des Tuttlinger Unternehmers nur einen Formfehler aufweist, der Bescheid vielleicht gerade noch auf dem Postweg hängt.