Rolls-Royce streicht 9000 Stellen
Mutterkonzern des Motorenbauers Rolls-Royce Power Systems baut 9000 Stellen ab
(AFP/ ben) - Der britische Triebwerkhersteller Rolls-Royce hat wegen wegbrechener Aufträge aus der Luftfahrtindustrie einen harten Stellenabbau angekündigt. Von den 52 000 Jobs im Unternehmen müssten weltweit „mindestens“9000 gestrichen werden, teilte Rolls-Royce mit. Der Motorenbauer Rolls-Royce Power Systems (RRPS) mit seiner Kernmarke MTU und Sitz in Friedrichshafen erklärte, man arbeite selbst an „umfangreichen Maßnahmen“. Noch habe man jedoch Aufträge.
- Die Krise von Rolls-Royce verschärft sich durch das Coronavirus noch weiter. Der englische Traditionskonzern streicht deshalb mindestens 9000 seiner weltweit rund 52 000 Stellen. „Das ist keine von uns verursachte Krise. Aber es ist die Krise, mit der wir konfrontiert sind, und wir müssen uns mit ihr befassen“, sagte Konzernchef Warren East am Mittwoch in London. Betroffen ist vor allem die zivile Luftfahrtsparte des Konzerns, die Antriebe für Großraumflugzeuge baut, die auf Langstreckenverbindungen von Kontinent zu Kontinent zum Einsatz kommen.
Der Jobabbau soll neben anderen Maßnahmen jährlich Einsparungen in Höhe von rund 1,3 Milliarden Pfund (1,45 Milliarden Euro) bringen. Nicht betroffen von den Stellenstreichungen ist die Verteidigungssparte von Rolls-Royce. Der Motorenbauer Rolls-Royce Power Systems (RRPS) mit Sitz in Friedrichshafen und der spanische Luftfahrtzulieferer ITP erarbeiten dagegen selbst zurzeit „umfangreiche Maßnahmen zur Bewältigung der aktuellen Situation“, wie East weiter erklärte.
RRPS mit seiner Kernmarke MTU „kann zurzeit noch arbeiten und hat Aufträge“, wie ein Unternehmenssprecher der „Schwäbischen Zeitung“bestätigte. Allerdings wirke sich die Pandemie mehr und mehr auf die Auftragslage aus. „Kunden stornieren ihre Aufträge oder verschieben sie ins nächste Jahr“, sagte der Sprecher weiter. Die wirtschaftliche Entwicklung mache sich bei RRPS mit Verzögerung bemerkbar. „Wir beobachten permanent die Situation und erörtern zusammen mit dem Betriebsrat die Notwendigkeit von Kurzarbeit“, erklärte der Sprecher.
Noch ist nach Angaben des Unternehmens kein deutscher Standort von RRPS in Kurzarbeit. In Norwegen bei der Tochter Bergen Engines und in den USA sieht das nach Unternehmensangaben anders aus. Im norwegischen Bergen ruht die Produktion, in den USA habe man die Mitarbeiter in unbezahlten Urlaub geschickt. „Insgesamt liegt die Produktion bei 60 Prozent unserer Gesamtkapazität“,
sagt der Sprecher. RRPS beschäftigt 10 300 Mitarbeiter, davon 6900 in Deutschland und 5500 in Friedrichshafen.
RRPS-Betriebsratschef Thomas Bittelmeyer hält es für denkbar, „dass einzelne Bereiche“von RRPS in Kurzarbeit gehen. „Ein größerer Abbau von Arbeitsplätzen bei uns halte ich allerdings für unrealistisch, weil die Standortsicherung gilt“, sagte der Arbeitnehmervertreter im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Die Standort- und Beschäftigungssicherung, die betriebsbedingte Kündigungen ausschließt, läuft noch bis 2023. Natürlich habe auch RRPS zu kämpfen, aber „lange nicht so wie die zivile Luftfahrt“.
Schon vor der Corona-Pandemie hat es für den Gesamtkonzern RollsRoyce schlecht ausgesehen, mit der Pandemie entwickelt sich die Situation verheerend. Seit Jahren hat die Triebwerkssparte Probleme mit dem neuen Produkt Trent 1000 und schreibt Verluste, die der Verteidigungsbereich und vor allem der Friedrichshafener Motorenbauer RRPS ausgleichen müssen. Allein im Jahr 2019 musste Rolls-Royce mehr als 1,6 Milliarden Euro wegen der fehlerhaften Antriebe zahlen, weswegen der Konzern das Jahr bei einem Umsatz von 18,6 Milliarden Euro mit einem Verlust von 954 Millionen Euro abschloss. Nun steht die gesamte Luftfahrtindustrie still.
Es wird nach Schätzungen von Fachleuten Jahre dauern, bis die Branche wieder auf Vorkrisenniveau ist. Die Situation, in der Flugzeugbauer und ihre Zulieferer stecken, verschärft sich mehr und mehr, weil die Fluggesellschaften ihre Investitionen in neue Jets drastisch zurückfahren werden. „Für Rolls-Royce sieht es sehr gefährlich aus“, sagt Bittelmeyer mit Blick auf den Mutterkonzern seines Unternehmens. Und auch die Finanzwelt scheint das Vertrauen in die Traditionsfirma verloren zu haben. Der Wert der Aktie verlor innerhalb eines Jahres mehr als 70 Prozent. Inzwischen kostet der Gesamtkonzern nur noch rund 5,8 Milliarden Euro.