Wildvögel gehören nicht ins Tierheim
Tierschützer bedauern, dass es nur außerhalb des Kreises Auffangstationen gibt
Ludmilla Eferl kümmert sich dennoch um einen kleinen Raben.
- Der kleine Rabe sitzt munter auf seinem Hasenkäfig und freut sich über den Besuch von Ludmilla Eferl. Mit weit aufgesperrten Schnäbelchen erwartet er seine Ziehmutter. Eigentlich ist das Spaichinger Tierheim gar nicht für Wildvögel zuständig. Aber eben auch sonst niemand offiziell im Kreis Tuttlingen, so Eferl. Das beklagt auch Oliver Burry, der Vorsitzende des Naturschutzbunds. Sein Vorgänger ist im fortgeschrittenen Rentneralter, und auch die beiden anderen mit dem Herz für Vögel, Tierarzt Uhl und Vogelexperte Horst Würfel, können die intensive Betreuung der verletzten und vor allem der Jungtiere, die dann auch noch ausgewildert werden müssen, nicht mehr übernehmen.
Und eigentlich müssten auch gar nicht so viele in Obhut genommen werden. Was immer noch nicht bei vielen Tierfreunden bekannt ist: Gerade jetzt fallen immer mal wieder Jungvögel bei den ersten Flugversuchen auf den Boden. Sie werden dort aber von den Eltern weiter versorgt, auch wenn man das nicht auf den ersten Blick sieht. Natürlich sind sie auch herumstreifenden Katzen oder Hunden ausgesetzt. So ist das in der Natur.
Jüngst haben Menschen aber eine verletzte Wildtaube gefunden, sie erholt sich vom Katzenschock gerade in der Voliere im Tierheim. Oder drei kleine Amseln, die aus dem Nest gefallen waren, wurden gebracht. Die füttert Majan Eferl zur Zeit zu Hause mit Hackfleisch und Mehlwürmern. Er kennt sich mit Vögeln aus. Aber noch in diesem Jahr wollen die Eferls in eine Wohnung ziehen und dann ist die Voliere zuhause weg.
Der kleine Rabe wurde beim Friedhof gefunden – und natürlich auch zum Tierschutzverein gebracht. „So kann es aber nicht weiter gehen“, sagt Ludmilla Eferl, die auch hofft, langsam ihren eigenen Rückzug vorbereiten zu können. Zum Beispiel würde sie sich freuen, wenn ein Helfer oder eine Helferin zum Team stoßen würde, die vielleicht schon aus der Familienphase heraus ist und daher flexibel einsatzfähig.
Um Störche, die aus dem Nest fallen, kümmert sich der „Storchenbetreuer“Manfred Bartler aus Hochemmingen, der auch alle Jungstörche beringt. Überhaupt ist die Betreuung von in Not geratenen Wildvögeln, Greifvögeln zumal, oft Ehrenamtssache. Etwa von Ellen und Eric Claaßen in Villingen, die dort eine Auffangstation haben. Das NABU-Zenrum in Mössingen kümmert sich ebenfalls um Wildtiere und auch Tierarzt Attila Remete in Deißlingen, so Burry.
Natürlich gebe man gern Ratschläge, sagt Tierheimleiterin Ludmilla Eferl, aber so ein Wildvogel brauche im Zweifel mehrmals täglich Fütterung, so wie der kleine Rabe. Der denkt nicht daran, selber im bereitgestellten Schälchen zu stochern, sondern wartet auf seine Ersatzmama. Schwierig ist es auch, weil die
Rechtslage den Tierschutzvereinen die Aufgabe, sich um Wildtiere zu kümmern, nicht zuschreibt. Aber wenn keine Alternative im Kreis Tuttlingen vorhanden ist? „Wenn ein Tier Hilfe braucht, dann helfe ich.“– Das ist ohnehin das Credo von Ludmilla Eferl seit vielen Jahren.
Insgesamt geht es dem Verein gut, finanzielle Einbußen bereiteten die Absagen von Pensionstieren, weil die Leute eben nicht in Urlaub fahren. Aber ansonsten verzeichnen die Tierschützer eher mehr Interesse, eine herrenlose Katze zu adoptieren. Ein Mittel gegen Langeweile ist so ein Tier aber nicht. Wie immer suche man gut heraus, wem man ein Tier anvertraue.
Ganz begeistert ist Eferl von Tierfreunden, die sagen: Ich nehm’ die, die keiner will. Und dann könne es sein wie jüngst bei einer Katze, die „eine richtige Hexe“, kratzend und beißend war. Und sich dann, als Einzelkatzendiva im neuen Zuhause zum liebsten Tier mauserte. „Sowas freut einen natürlich total“, so Eferl.