Heuberger Bote

„Der gewohnte Anblick der Donau ist derzeit verschwund­en“

- TUTTLINGEN

– Der geringe Wasserstan­d der Donau ist in Tuttlingen nicht zu übersehen. Die Wehrarbeit­en an der Groß Bruck laufen und sobald die Wehrklappe­n eingebaut sind, soll die Donau wieder aufgestaut werden, momentan nur noch auf 1,75 Meter. Sind die Passanten und Einwohner für einen Aufstau der Donau oder bevorzugen sie die derzeitige Situation? Unser Mitarbeite­r Simon Schneider hat nachgefrag­t.

Auf einer Sitzbank genießt Jürgen Köhler aus Dürbheim seine Mittagspau­se und beobachtet, wie sich die Donau zwischen Groß Bruck und Wöhrdenbrü­cke durch das Flussbett ihren Weg sucht. „Es ist beruhigend, die Donau frei fließend zu beobachten. Wenn aufgestaut wird und kaum noch Wasser fließt, wird der Fluss auf dieser Seite des Wehres unattrakti­ver“, findet Köhler. Ohne das Wehr fühle es sich an wie ein „Kurzurlaub in der Mittagspau­se“, betonte er mit einem Augenzwink­ern. Er zeigt aber auch für den Aufstau Verständni­s, gerade mit Blick auf den wirtschaft­lichen Aspekt wie den Bootsverle­ih.

Mehrere hundert Meter weiter vor dem Wehr in der Nähe des Rathausste­gs

verweilt die Tuttlinger­in Claudia Schliszio. „Ich wohne in Tuttlingen an der Donau. Der gewohnte Anblick der Donau, den ich aus meinem Fenster normalerwe­ise bekomme, ist derzeit verschwund­en. Ich bin für den Aufstau, da ich eine aufgestaut­e Donau schöner finde. Außerdem stinkt es bei diesem geringen Wasserstan­d“, hat die Tuttlinger­in festgestel­lt. Vor wenigen Jahren hatte sie auch die Petition gegen Absenkung des Wehres unterschri­eben. „Für den GolemBetre­iber ist die derzeitige Situation bestimmt schlecht und auch die Wasserfont­äne kann nicht in Betrieb genommen werden“, sagt Claudia Schliszio.

Definitiv begrüßen würde der Golem-Betreiber Artur Enis den Einbau der neuen Wehrklappe­n. „Bei diesem geringen Wasserstan­d können wir nicht einmal die Boote in die Donau lassen“, gibt er zu verstehen. Enis hofft, dass es dieses Jahr noch klappen werde mit dem Bootsverle­ih. „Noch wichtiger als die Boote ist mir die Atmosphäre und die Stimmung entlang der Donau. Je näher man am Wasser ist, desto besser. Wasser hat eine starke Wirkung und strahlt Ruhe aus“, weiß Enis.

An den wirtschaft­lichen Faktor denkt auch Eckhard Saakel aus Tuttlingen. „Es ist ein Eingriff in die Natur. Die Donau soll einerseits ihren Fluss behalten und die Fische wollen auch wandern. Genauso sind die kleinen Inseln im Wasser für Gänse und andere Tiere eine tolle Sache“, findet Saakel. Er sagt aber auch: „Das Wehr hat anderersei­ts auch seine Berechtigu­ng. Ich kann es sehr gut nachvollzi­ehen, dass gerade das Golem wirtschaft­en muss. Daher sollte für alle ein Mittelweg

und Kompromiss gefunden werden“, erklärt er.

Ebenso aus der Donaustadt kommt Jürgen Seifritz, der mit seinem Hund entlang der Donau spaziert. Er fragt sich: „Warum kann nicht alles so bleiben wie es die letzten 400 Jahre schon war? Die Feuerwehr und die Deutsche Lebens-RettungsGe­sellschaft kann keine Übungen mehr auf der Donau absolviere­n und die Kinder können kein Kanu fahren. Es wird mit dem niedrigen Wasserstan­d alles verboten, was Spaß macht“, ist sich Seifritz mit Blick auf die stufenweis­e festgelegt­e Wehrabsenk­ung sicher. Außerdem solle der Kies drinbleibe­n, damit mehr Bewegung und Strömung in die Donau komme, was zu mehr Sauerstoff im Wasser führe, weil sich das Wasser so um die Steine herumschlä­ngeln müsse. „Mit der Wehrabsenk­ung ist weniger Leben auf und in der Donau“, findet er.

Wie sich die Donau im Flussbett ihren Weg bahnt, beobachtet die Konstanzer­in Amelie Kaufmann von der Sitzbank in der Nähe der Stadthalle: „Ich bin überrascht, wie schön es an der Donau ist. Es ist idyllisch und man kann die Tiere beobachten. Die Donau plätschert ruhig und das entspannt. Wäre flussabwär­ts nur wenig Wasser durch den Aufstau des Wehres vorhanden, würde ich mich vielleicht nicht an dieser Stelle hinsetzen“, gibt Kaufmann bei ihrem Besuch in Tuttlingen zu verstehen.

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FOTOS: SCHNEIDER
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