Gärten spiegeln ihre Zeit
Zum 100-jährigen Jubiläumsfest der Gärtnerei Häring gehen Gäste auf eine Zeitreise
Bei „100 Jahre Gärtnerei Häring“reisen die Gäste durch die Zeit.
(abra) - Das Fest hallt noch nach, und das nicht nur wegen des Anlasses – 100 Jahre Bestehen der Baumschule und Gärtnerei Häring – oder der derzeit zu besuchenden Ausstellung (siehe unten). Sondern auch wegen der Zeitreise, die die 100 Gäste gemacht haben: kulinarisch, musikalisch und optisch.
Wie Gärten angelegt sind und wozu sie dienen – das war schon immer auch Spiegel der jeweiligen Zeit und der Bedürfnisse der Menschen. Dieses Thema zog sich durch den ganzen Abend. Manche hatten sich sogar durch die Einladung ermutigen lassen, und kamen in der Mode der vier Dekaden, die für die Firma Häring Zäsuren bedeutet hatten. Das Konzept stammte von Simone AngstMuth von der Agentur für Gartenmarketing in Würzburg, die auch die Moderation des Abends übernahm.
Weil die Gäste allesamt in einer Beziehung zur Firma oder Familie stehen, als Geschäftspartner, Freunde oder auch Vertreter des öffentlichen Lebens, leuchtete ihnen sofort ein, warum die gewählten Dekaden die 20er-, 50er/60er-Jahre, Jahrhundertwende und der Blick in die Zukunft sind: 1920 nämlich wurde die Baumschule von Eugen Häring senior in Bubsheim gegründet, 1958 zog Eugen Häring jun., heute 90 Jahre alt, mit der Firma nach Dürbheim, 1998 wurde die jetzige Gärtnerei von Gerhard und Sabine Häring gebaut und aktuell blickt bereits die vierte Generation in die Zukunft.
Zwischen den einzelnen Gängen gab es Reden, unter anderem von Bürgermeister Andreas Häse, Minister Guido Wolf, den die lockere Atmosphäre zu einem Stegreifgedicht anregte und der noch aus der Zeit als Tuttlinger Landrat mit Härings verbunden ist, von dem Vorsitzenden des Kreisverbands der Obst- und
Gartenbauvereine, Hans Weber, und von Eugen Häring. Dieser, der „dem Tal“„das Gute“, das bekanntlich „von Oben kommt“(Bubsheim), brachte, sprühte von guter Laune und Schlagfertigkeit, so empfanden es die Zuhörer. Er hatte auch von der einen oder anderen Kalamität mit pflanzenunverständigen Zeitgenossen („Alle haben den gleichen Himmel, aber nicht den gleichen Horizont“) berichtet und sorgte für manche Bonmots. Die heutige Firma selber, ihre Organisation, der Grundgedanke in der stetigen Anpassung an die Bedürfnisse der Kunden und auch der Natur und vieles mehr beschrieben Gerhard und Sabine Häring im Dialog mit der Moderatorin.
Für die behände Bedienung der Gäste mit den Zeitreise-Gängen sorgte ein Team vom SV Dürbheim: Sekt und Schinkencarpaccio mit Linsen am Anfang für die 20er, gefüllte Eier, Hä(!) ringssalat, Käsespieße mit Trauben und Schinkenröllchen für die 50er/60er-Jahre, Spaghetti mit Radiccio und Walnüssen für die Jahrhundertwende und Wokgemüse mit Hähnchen sowie in Würzburg hergestelltes Rosmarin-Limetten-Sirup. Dazu gab es Musik aus der jeweiligen Epoche vom Jazzpianisten Florian Muth.
Eine Gärtnerei als Spiegel ihrer Zeit zu sehen, das leuchtet auf den ersten Blick ein: Die 20er-Jahre waren geprägt von der Selbstversorgung. Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten sicherte die Versorgung der Familien, ans reine Vergnügen dachte da kaum jemand. Das änderte sich mit dem Wirtschaftswunder: Der Nutzgarten sollte mit Wohnwert aufgewertet werden, so die Moderatorin. Ziergehölze, Koniferen, Rosen und Lavendel in halbmondförmigen Waschbetonbeeten umkränzten die Nutzbeete mehr und mehr.
Um die Jahrhundertwende hatte sich der Versorgungsgedanke weitgehend zurück gezogen. Trend war der Wellnessgarten mit der mediterranen Note – oder alternativ im Cottagestil, mit der entsprechenden Bepflanzung von Olivenbäumchen oder wahlweise Staudenbeeten und andern Ziergehölzen. Mit der Zeit kam dann auch mehr und mehr auf, dass sich eine Gärtnerei zur Seviceeinheit in der Gartengestaltung entwickelte. Heute geht es darum, Gärten mit der Natur zu vereinen, zur Biodiversität beizutragen, Leben mit der Natur zu ermöglichen und zwar auch im kleinsten Vorgarten mit eigenem Obst, Kräutern oder Gemüse. Auch die Streuobstwiese feiert ein Comeback. Schön und nützlich soll der Garten von heute und in der Zukunft sein.
Die Firma Häring ist jedenfalls gut aufgestellt. Die Söhne Micha, Alex, Fabian sind bereits eingestiegen, Mattheo und Hannah sind noch klein.