Gift bei Nawalny bestätigt
Auch Chemiewaffen-Experten finden Spuren
(dpa) - Die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW) hat bestätigt, dass der russische Kremlgegner Alexej Nawalny mit einem chemischen Nervengift der Nowitschok-Gruppe vergiftet wurde. Die Ergebnisse der von der OVCW beauftragten Referenzlabore stimmten mit den Ergebnissen überein, die bereits durch Speziallabore in Deutschland, Schweden und Frankreich erzielt worden seien, teilte Bundesregierungssprecher Steffen Seibert am Dienstag in Berlin mit.
„Damit bestätigt sich erneut der zweifelsfreie Nachweis, dass Alexej Nawalny Opfer eines Angriffs mit einem chemischen Nervenkampfstoff der Nowitschok-Gruppe geworden ist“, hieß es in einer Mitteilung. „Die Bundesregierung erneuert ihre Aufforderung an Russland, sich zu den Geschehnissen zu erklären.“
Die Bundesregierung prüfe derzeit den detaillierten Fachbericht der OVCW zu der Analyse. Über die nächsten Schritte werde es in den kommenden Tagen im Exekutivrat der OVCW und im Kreis der EUPartner einen engen Austausch geben. „Jeder Einsatz von Chemiewaffen ist ein gravierender Vorgang und kann nicht ohne Konsequenzen bleiben“, teilte Seibert mit.
Das Nervengift Nowitschok ist international geächtet. Russische Geheimdienstler und Regierungsmitglieder hatten mehrfach betont, dass alle Vorräte des zu Sowjetzeiten entwickelten Gifts vernichtet worden seien. Moskau weist den Verdacht zurück, staatliche russische Stellen könnten Nawalny gezielt vergiftet haben. Der Regimekritiker selbst bekräftigte in einem ersten Video-Interview seine Vorwürfe gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Seine Version sei, dass die Tat auf Anweisung Putins begangen worden sei, sagte der 44-Jährige. Dieser habe Angst vor dem Erfolg, den Nawalnys Anti-Korruptions-Bewegung in Russland habe. Nawalny war am 20. August während eines Inlandsflugs in Russland zusammengebrochen. Nach einer Notlandung in der sibirischen Stadt Omsk wurde er zur weiteren Behandlung nach Berlin gebracht. Der 44-Jährige hat das Krankenhaus mittlerweile verlassen und macht in der deutschen Hauptstadt eine Reha-Maßnahme.
Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union wollen sich bei ihrem Gipfel in der kommenden Woche erneut mit dem Fall befassen. Dann könnte es auch um eine gemeinsame Reaktion der 27 Mitgliedstaaten gehen.