ZF plant Elektroantrieb für 40-Tonner
Vier Monate nach der Wabco-Übernahme stellt der Konzern erste gemeinsame Produkte vor
- Digitaler Ankuppelassistent, computergestützte Rückwärtsfahrhilfe, windschnittiger Auflieger – vier Monate nach der milliardenschweren Übernahme des Bremsenspezialisten Wabco hat ZF erste gemeinsam entwickelte Produkte vorgestellt. Bis 2023 will der Autozulieferer vom Bodensee, der jetzt auch als kompletter Systemanbieter im Nutzfahrzeug auftritt, einen vollelektrischen 40-Tonner auf die Straße schicken. Mit Umsätzen wie in den Boomjahren bis 2018 rechnet ZF bei Bussen und Lastwagen frühestens im Jahr 2025.
Gleich vier neue Produkte hat der Konzern am Dienstag bei einer virtuellen Pressekonferenz vorgestellt. Ein vollautomatisches Ankuppelassistenzsystem für Lkw, das den Fahrer entlasten und die Zeit für das ansonsten durchaus unfallträchtige Manöver um die Hälfte vermindern soll. Einen Sattelzug mit Leichtbaufahrwerk und einem Auflieger mit besonderer Aerodynamik, die Gewicht und Kraftstoff sparen. Eine computergestützte Rückwärtsfahrhilfe, die tote Winkel ausschließt, dem Fahrer sichere Wege anbietet und dank eines neuen Sensorreinigungssystems stets klare Kamerasicht bieten soll. Und eine Softwareplattform, die die Stabilität des Fahrzeugs verbessert. Alle vier wurden von Ingenieuren der ZF-Division T (Nutzfahrzeugtechnik) und der Division „Commercial Vehicle Control Systems“gemeinsam entwickelt, in der die Firma Wabco aufgegangen ist. „Wabco passt strategisch perfekt zu ZF und hat uns in die Lage versetzt, unsere weltweite Führungsposition als zukunftsorientierter Komplettanbieter
und Systemintegrator für die Nutzfahrzeugindustrie weiter auszubauen“, sagt Fredrik Staedtler, Leiter der neuen Division. 6,2 Milliarden Euro hat die Übernahme gekostet, die Ende Mai endgültig vollzogen worden ist.
Rund 30 000 Mitarbeiter zählen die beiden Divisionen weltweit, es gibt 61 Produktionsstandorte. Im vergangenen Jahr hat die ZF-Division T einen Umsatz von 3,7 Milliarden Euro zum Gesamtumsatz von 36,5 Milliarden Euro beigetragen. Wabco hat – damals noch eigenständig – rund 3,1 Milliarden Euro umgesetzt. In diesem Jahr laufen die Geschäfte schlechter, es ist von Umsatzverlusten im zweistelligen Prozentbereich die Rede. Vorstandsvorsitzender Wolf-Henning Scheider
hatte im August angekündigt, dass er Spitzenumsätze wie in den Jahren 2017 und 2018 im Nutzfahrzeugsektor frühestens im Jahr 2025 für möglich hält.
Entgegen diesem Trend läuft die Produktion am Standort Friedrichshafen, der vor allem von Nutzfahrzeuggetrieben geprägt ist, derzeit auf Hochtouren. Dies hängt mit einer Sonderkonjunktur in China zusammen, das Corona schneller hinter sich gelassen hat als der Rest der Welt und dessen Spediteure derzeit besonders auf westliche Lkw-Technik setzen. Die Nachfrage wird abebben, wenn die bereits im Bau befindliche Fabrik für das Getriebe „Traxon“südlich von Schanghai ihre Produktion hochgefahren hat, was 2023 geschehen soll.
In den Häfler Hallen soll dann unter anderem der elektrische Zentralantrieb Cetrax für Auslastung sorgen, dessen Serienstart noch in diesem Jahr geplant ist. Der Antrieb ist vor allem für Busse und kleinere Lastwagen ausgelegt und wird erst der Anfang für die Elektrifizierung des Nutzfahrzeugs made by ZF sein.
Andreas Moser, Leiter der ZFNutzfahrzeugdivision T, kündigte bei der Pressekonferenz am Dienstag jedenfalls an, dass sein Unternehmen bis spätestens 2023 einen „vollständigen modularen Elektroantriebsbaukasten mit Achs- sowie Zentralantrieben für Busse und Lkw bis 44 Tonnen aufgebaut“hat. Dieser werde technologieoffen sein, sich also mit Batterie und Brennstoffzelle kombinieren lassen.