Bande wegen Sprengung von Geldautomaten vor Gericht
Immer rabiatere Vorgehensweise der Diebe stellt Banken vor Probleme
- Oft zerstört die Explosion einen guten Teil des Gebäudes, den Knall hört aber auf jeden Fall der ganze Ort: Die Sprengung von Geldautomaten ist eine besonders rabiate Form des Diebstahls. Ab Dienstag stehen in Fulda nun Mitglieder einer Bande vor Gericht, die reihenweise Automaten geknackt haben soll. Die Männer im Alter von 40 bis 45 Jahren sollen vor allem in Sachsen und Hessen zugeschlagen haben. In Uttrichshausen bei Fulda machten sie der Anklage zufolge 2017 ihren größten Fang, als sie 264 000 Euro aus einem Automaten mitnahmen. In anderen Fällen zerstörten sie zwar den Automaten, kamen aber nicht an Geld.
Das Gerichtsverfahren ist insofern ein Erfolg für die Bankbranche, als die Polizei die Täter nur selten erwischt. Nach einer AutomatenSprengung im bayerischen Mainaschaff am vergangenen Wochenende waren die Gangster mit einem „hochmotorisierten, dunklen Sportwagen“davongebraust, teilte die dortige Polizei mit. Ein Hubschrauber aus Aschaffenburg beteiligte sich vergeblich an der Suche nach dem
Auto. Das ist der typische Verlauf der Sprengung. Die Täter fahren vor, brauchen nur wenige Minuten für die Vorbereitungen, es knallt, und sie hauen ab.
Seit im Jahr 2005 erstmals in Deutschland ein Geldautomat gesprengt wurde, hat dieses Vorgehen unter Dieben rasant an Beliebtheit gewonnen. Im vergangenen Jahr zählte das Bundeskriminalamt bereits 349 Sprengungen von Geldautomaten. Die Beamten stellten im Zusammenhang mit schwerem Diebstahl
aus Automaten 132 Tatverdächtige, 90 davon kamen aus dem Ausland, die meisten aus den Niederlanden. In diesem Jahr kam das Verbrechen wegen Corona in einigen Gegenden noch häufiger vor als sonst. Belgien war den Banken verschlossen – und die Banken hielten mehr Bargeld vor, weil die Bürger in Krisenzeiten mehr davon nachfragen.
Die weite Verbreitung des Delikts stellt die Banken in Deutschland vor zunehmende Probleme. Sie arbeiten jetzt eng mit der Polizei zusammen, um es den Dieben möglichst schwer zu machen. „Gemeinsames Ziel ist es, die Tat möglichst frühzeitig zu erkennen und rechtzeitig zu intervenieren“, sagt eine Sprecherin der Deutschen Kreditwirtschaft (DK). Ebenfalls in die Anstrengungen eingebunden sind Hersteller der Geldautomaten sowie die Versicherer. In vielen Fällen richten die Täter am Gebäude größere Schäden an, als sie an Beute mitnehmen.
Als einfachste Maßnahme sind nun die Vorräume der Banken mit den Geldautomaten an gefährdeten Orten nachts geschlossen. Zugleich finden Anti-Gas-Systeme Verbreitung.
Bei der verbreitetsten Methode zur Sprengung füllen die Täter den Innenraum des Automaten mit Campinggas und zünden es per Fernsteuerung. Die neuen Systeme erkennen das Gas und machen es unschädlich. Um den Dieben das Leben schwer zu machen, enthalten neue Geldautomaten auch robustere Tresore und sind insgesamt stabiler gebaut.
All das kostet viel Geld. „Die Investitionen in die Sicherung von Geldautomaten seitens der Kreditwirtschaft sind erheblich“, sagt die Banken-Sprecherin. Zugleich erhöht die Polizei ihre Anstrengungen – auch deshalb, weil bei der Sprengung so viel kaputtgeht. „Das Risiko für Unbeteiligte, durch die Explosion oder ihre Folgen zu Schaden zu kommen, macht solche Taten besonders gefährlich“, sagt ein Sprecher des Bundeskriminalamts.
Am Landgericht Fulda ist daher auch das „Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion“der erste Anklagepunkt, dann kommt „schwerer Bandendiebstahl“. Die Bande wurde in Dresden geschnappt. Der Prozess wird sich in den November hinein ziehen.