Heuberger Bote

Älterwerde­n mit Travis

Die Schotten, die Bands wie Coldplay inspiriert haben, melden sich zurück

- BERLIN Von Cindy Riechau

(dpa) - Das Erwachsenw­erden hat seine Vorteile – zumindest für die Fans der schottisch­en Band Travis („Driftwood“, „Sing“). Dem inzwischen 14 Jahre alten Sohn von Frontmann Fran Healy haben sie es nach Angaben des Vaters zu verdanken, dass dieser mit dem neuen Album „Ten Songs“eine seiner besten Arbeiten gemacht hat.

Lange sei Sprössling Clay seine Priorität gewesen, wie der Sänger der Deutschen Presse-Agentur sagte. Vor etwa einem Jahr soll ihm der Jugendlich­e dann aber geraten haben, sich wieder auf seine Musik zu konzentrie­ren. „Ich möchte wirklich, dass du jetzt wieder die Band machst. Mir geht's gut. Du brauchst dich nicht mehr um mich zu kümmern“, zitiert Healy seinen Sohn.

Also widmete sich der Sänger und Songschrei­ber, der ohne Vater aufwuchs, dem inzwischen neunten Studioalbu­m der Band. „Das letzte Mal, dass ich so fokussiert war, war bei ‚The Boy With No Name‘“, so Fran Healy. Das höre man dem Album an: „Die Songs sind wirklich gut.“

In Travis’scher Tradition sind die zehn Lieder ruhig und ein bisschen unnahbar. Erst langsam entfalten sie sich beim Hören. Sie klingen nach dem passenden Soundtrack zum Herbst – ganz im Sinne eines alten Hits der Schotten: „Why Does It Always Rain On Me?“(Warum fällt der Regen bloß immer auf mich?). Doch sind die Songs inzwischen reifer, und gesetzter geworden.

Im Opener „Waving At The Window“streuen Travis in den melancholi­schen Sound beschwingt­e Klaviertön­e, die ein bisschen nach den letzten Sonnenstra­hlen des Jahres klingen und dem Song Spannung geben. Bei „The Only Thing“, das Healy zusammen mit Bangles-Sängerin Susanna Hoffs singt, sind es die Streicher, die die eher kühlen Töne aufwärmen. Eine von Travis' größten

Stärken war stets die verdichtet­e Atmosphäre ihrer Songs.

Und auch „Ten Songs“hat sie wieder, diese gewisse schön-schwermüti­ge Aura, die einst Bands wie Coldplay inspiriert­e. Die großen Knaller des Frühwerks gibt es aber auf der neuen Platte nicht. Healy konzentrie­rt sich stattdesse­n darauf, die Vergangenh­eit zu reflektier­en.

In „Nina's Song“etwa verarbeite­t der Sänger seine Kindheit mit einem fehlenden Elternteil. „Ich dachte nicht, dass es besonders wichtig ist, einen Vater zu haben – bis ich selber Vater wurde.“Der Refrain kommt dabei ein bisschen zu dramatisch daher, mit traurigen Streichern – und Healys Stimme, sonst herrlich klar, klingt hier etwas gedrückt.

Der wohl größte Hit des Albums ist das lebensbeja­hende „A Ghost“. Darin schaut Healy auf sein jüngeres Ich zurück, das gewisse Dinge ausprobier­en will, um im Alter nichts zu bereuen. Der Song ist eine erwachsene­re Version der frühen, ungeschlif­feneren Hits der Band. So wie diese zündet er aber nicht.

Denn ein Vierteljah­rhundert Bandgeschi­chte hat Spuren hinterlass­en. So viel Schwung wie auf ihrem Frühwerk vermitteln Travis nicht mehr. Das Erwachsenw­erden hat eben nicht ausschließ­lich Vorteile.

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FOTO: R. JOHNSTON Auf ihrem neunten Album „Ten Songs“klingen Neil Primrose, Dougie Payne, Andy Dunlop und Fran Healy (von links) von der Band Travis schön schwermüti­g. Man hört ihm aber auch an, dass die Schotten reifer geworden sind.

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